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Umzugsfirma fordert Schadensersatz

14. April 2022 12:59 |
Preis: 50,00 € |

Vertragsrecht


Beantwortet von

Hallo,

meine Mutter hat nach einer telefonischen Beratung schriftlich per Mail eine Umzugskalkulation erhalten und das Angebot per Mail am 01.03. angenommen.

Am 03.03. hat sie den Auftrag schriftlich per Mail zurückgezogen.
Daraufhin kam eine Mail das nach § 415 Abs. 2, Punkt. 1 HGB dem Spediteur Schadensersatz zustehe. Es steht dem Absender nach § 312g Abs. 2 Punkt 9. Zweiter Nebensatz BGB, kein Widerrufsrecht zu. Die Kündigung wurde der Rechtsabteilung vorerst für 3 Tage nicht vorgelegt und der Umzug 3 Tage nach hinten verschoben, da sonst sehr hohe kosten durch die Kündigung entstehen. Man solle den Spediteur telefonisch kontaktieren oder einen Terminvorschlag machen, damit keine Kündigungsgebühren entstehen. Sollten der Auftrag erneut eingeplant werden, so ist eine schriftliche Mitteilung der Kundin erforderlich.

Danach wurde nochmal mündlich der Grund der Kündigung dargelegt und es gab keine weitere Korrespondenz. Am 30.03. hat der Spediteur angerufen und gefragt was mit dem Umzug ist. Hier wurde nochmal dargelegt, das vor ca. 3 Wochen der Auftrag zurückgezogen wurde. Der Umzug wurde am 01.04. von einer anderen Firma durchgeführt.

Am 11.04. kam eine weitere Mail, das dem Spediteur nach § 415 Schadensersatz zusteht. Und zwar die volle Summe des Auftrags. Diese soll nach 14 Tagen bezahlt werden.

Nach einem weiteren Telefonat wurde die Summe um ca. 40 % gesengt. Weiteren Spielraum gibt es nicht. Nun soll meine Mutter innerhalb von 14 Tagen schriftlich zustimmen und die Summe in Raten abbezahlen.

Gibt es hier noch Möglichkeiten dagegen vorzugehen oder die Summe zu senken? Muss der Geschädigte genau darlegen wie der Schaden zustande gekommen ist? Oder ist nur noch der Gang vor das Gericht möglich?

14. April 2022 | 14:46

Antwort

von


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Sehr geehrte Ratsuchende,

vielen Dank für Ihre Anfrage, die ich wie folgt beantworte:

Nach Ihrer Schilderung ist ein Umzugsvertrag im Sinne des § 451 HGB durch die Annahme Ihrer Mutter zustande gekommen. Ich gehe hierbei auch davon aus, dass ein Termin vereinbart worden ist, da dann kein Widerrufsrecht besteht, vgl. § 312g Abs. 2 Nr 9 BGB:

Zitat:
(2) Das Widerrufsrecht besteht, soweit die Parteien nichts anderes vereinbart haben, nicht bei folgenden Verträgen:
[...]9. Verträge zur Erbringung von Dienstleistungen in den Bereichen Beherbergung zu anderen Zwecken als zu Wohnzwecken, Beförderung von Waren, Kraftfahrzeugvermietung, Lieferung von Speisen und Getränken sowie zur Erbringung weiterer Dienstleistungen im Zusammenhang mit Freizeitbetätigungen, wenn der Vertrag für die Erbringung einen spezifischen Termin oder Zeitraum vorsieht,


Für eine Kündigung gilt dann § 415 HGB:

Zitat:
§ 415 Kündigung durch den Absender
(1) Der Absender kann den Frachtvertrag jederzeit kündigen.
(2) Kündigt der Absender, so kann der Frachtführer entweder
1. die vereinbarte Fracht, das etwaige Standgeld sowie zu ersetzende Aufwendungen unter Anrechnung dessen, was er infolge der Aufhebung des Vertrages an Aufwendungen erspart oder anderweitig erwirbt oder zu erwerben böswillig unterläßt, oder

2. ein Drittel der vereinbarten Fracht (Fautfracht)
verlangen. Beruht die Kündigung auf Gründen, die dem Risikobereich des Frachtführers zuzurechnen sind, so entfällt der Anspruch auf Fautfracht nach Satz 1 Nr. 2; in diesem Falle entfällt auch der Anspruch nach Satz 1 Nr. 1, soweit die Beförderung für den Absender nicht von Interesse ist. [...]


Nach der Nr. 1 kann der Umzugsunternehmer also den vollen vereinbarten Betrag verlangen, muss sich aber anrechnen lassen, was er infolge der Aufhebung erspart.

Konnte er also statt des Umzugs Ihrer Mutter am selben Tag stattdessen einen anderen Umzug mit gleichem verdienst durchführen, wäre ihm gar kein Schaden entstanden. Nur wird sich dies leider kaum beweisen lassen.

Zudem kann der Unternehmer nach Nr. 2 auch die sog. Fautfracht verlangen, d.h. ein Drittel des vereinbarten Betrages. Dementsprechend dürfte es (vorbehaltlich der genauen Einzelheiten des Vertrages und des Vertragsschlusses) tatsächlich schwer werden, einen geringeren Schadensersatz als ein Drittel zu erreichen. Dementsprechend wäre zu empfehlen, zu versuchen, sich zumindest auf diesen Betrag zu einigen.

Prüfen sollten Sie allerdings noch, ob das Unternehmen vor Abschluss des Vertrages über das Nichtbestehen eines Widerrufsrechts belehrt hat. Hierzu ist er gem. § 312d BGB in Verbindung mit Art. 246 § 1 Abs. 3 EGBGB verpflichtet (vgl. auch BGH, Urteil  vom 09.06.2011, I ZR 17/10). Letztere Vorschrift lautet:

Zitat:
(3) Der Unternehmer hat den Verbraucher auch zu informieren, wenn
1. dem Verbraucher nach § 312g Absatz 2 Nummer 1, 2, 5 und 7 bis 13 des Bürgerlichen Gesetzbuchs ein Widerrufsrecht nicht zusteht, dass der Verbraucher seine Willenserklärung nicht widerrufen kann, oder
2. das Widerrufsrecht des Verbrauchers nach § 312g Absatz 2 Nummer 3, 4 und 6 sowie § 356 Absatz 4 und 5 des Bürgerlichen Gesetzbuchs vorzeitig erlöschen kann, über die Umstände, unter denen der Verbraucher ein zunächst bestehendes Widerrufsrecht verliert.


Fehlt es an der Information über das Nichtbestehen des Widerrufsrechts, kann das Schadensersatzansprüche auslösen. Der Schaden kann hier darin bestehen, dass Ihre Mutter im Glauben an ein bei Fernabsatzverträgen ja grds. bestehendes Widerrufsrecht den Vertrag in dem Glauben abgeschlossen hat, widerrufen zu können. Demzufolge lässt sich im Fall der fehlenden Information argumentieren, dass Ihre Mutter den Vertrag dann erst einmal nicht abgeschlossen hätte, so dass ihr dann im Fall des Rücktritts auch kein Schaden entstanden wäre. Demzufolge ist ihr jetzt ein Schaden in der von der Gegenseite geltend gemachten Höhe entstanden, mit dem sie aufrechnen kann.

Fehlt es tatsächlich an einer entsprechenden Informationen, würde ich unter Berufung hierauf tatsächlich versuchen, sich auf einen geringeren Schadensersatzanspruch zu einigen. Ich weise an dieser Stelle darauf hin, dass die Rechtsfolge eines Schadensersatzanspruchs Ihrer Mutter in entsprechender Höhe jedenfalls kein gerichtlicher „Selbstgänger" ist, so dass ich es nicht zwingend auf eine gerichtliche Auseinandersetzung ankommen lassen würde

Mit freundlichen Grüßen


Rechtsanwalt Arnd-Martin Alpers

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