Sehr geehrter Fragesteller,
Ihre Anfrage möchte ich Ihnen auf Grundlage der angegebenen Informationen verbindlich wie folgt beantworten:
Dem Grunde nach gilt:
§ 19 Besteuerung der Kleinunternehmer
(1) Die für Umsätze im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 1 geschuldete Umsatzsteuer wird von Unternehmern, die im Inland oder in den in § 1 Abs. 3 bezeichneten Gebieten ansässig sind, nicht erhoben, wenn der in Satz 2 bezeichnete Umsatz zuzüglich der darauf entfallenden Steuer im vorangegangenen Kalenderjahr 17 500 Euro nicht überstiegen hat und im laufenden Kalenderjahr 50 000 Euro voraussichtlich nicht übersteigen wird.
Der Satz 2 des Absatz 1 definiert nun den maßgeblichen Umsatz:
Umsatz im Sinne des Satzes 1 ist der nach vereinnahmten Entgelten bemessene Gesamtumsatz, gekürzt um die darin enthaltenen Umsätze von Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens.
"Bei den Umsätzen gem. § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG
handelt es sich um die entgeltlichen Lieferungen und sonstigen Leistungen im Inland. Dazu gehören auch die den entgeltlichen Lieferungen gem. § 3 Abs. 1b UStG
gleichgestellten unentgeltlichen Lieferungen und die gem. § 3 Abs. 9a UStG
den entgeltlichen sonstigen Leistungen gleichgestellten unentgeltlichen sonstigen Leistungen."
(Schwarz/Widmann/Radeisen, UStG § 19
, Rz. 27)
Ergo - in einem ersten Schritt sind die unentgeltlichen Wertabgaben per Gesetzestext auf den ersten Blick inkludiert und bei den Umsätzen zu berücksichtigen.
Allerdings gilt zu beachten:
"Da bei den Umsätzen gem. § 3 Abs. 1b
und § 3 Abs. 9a UStG
Voraussetzung ist, dass die entnommenen oder verwendeten Gegenstände zum vollen oder teilweisen Vorsteuerabzug berechtigt haben, ist die Steuerbarkeit derartiger unentgeltlicher Wertabgaben bei unter § 19 Abs. 1 UStG
fallenden Unternehmern praktisch ausgeschlossen. Zustimmend zu dieser Auffassung FG Berlin-Brandenburg v. 15.2.2011. Insofern betrifft die über § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG
normierte Einbeziehung der unentgeltlichen Wertabgaben nur die unentgeltlichen Dienstleistungen gem. § 3 Abs. 9a Nr. 2 UStG
, deren Steuerbarkeit nicht davon abhängt, dass ein vorheriger Vorsteuerabzug gegeben war."
(ebenda, Rz. 28)
Da also gar keine Vorsteuerabzugsberechtigung bzgl. der vermeintlichen unentgeltlichen Wertabgaben bestanden hat, sind diese auch nicht im Rahmen der Bemessungsgrundlage zu berücksichtigen.
Mehr als die §§ des Umsatzsteuergesetzes benötigen Sie also nicht, als Rechtsquelle, instruktiv ist die Negründung des BFH, dieser hat hierzu ausgeführt:
"2. Wie das FG zu Recht entschieden hat, ist die Privatnutzung eines Unternehmensgegenstandes im Streitfall kein Umsatz i.S. von § 19 Abs. 1 Satz 2, Abs. 3 UStG
. Ein derartiger Umsatz käme nur nach § 3 Abs. 9a Nr. 1 UStG
in Betracht, dessen Voraussetzungen aber nicht vorliegen.a) Nach § 3 Abs. 9a Satz 1 Nr. 1 UStG
wird einer sonstigen Leistung gegen Entgelt gleichgestellt"die Verwendung eines dem Unternehmen zugeordneten Gegenstands, der zum vollen oder teilweisen Vorsteuerabzug berechtigt hat, durch einen Unternehmer für Zwecke, die außerhalb des Unternehmens liegen, oder für den privaten Bedarf seines Personals, sofern keine Aufmerksamkeiten vorliegen".
Die Vorschrift beruht auf Art. 26 Abs. 1 Buchst. a MwStSystRL. Danach werden den Dienstleistungen gegen Entgelt gleichgestellt"die Verwendung eines dem Unternehmen zugeordneten Gegenstands für den privaten Bedarf des Steuerpflichtigen … oder allgemein für unternehmensfremde Zwecke, wenn dieser Gegenstand zum vollen oder teilweisen Abzug der Mehrwertsteuer berechtigt hat".
b) Die Steuerbarkeit der Verwendung eines Unternehmensgegenstandes setzt voraus, dass der Gegenstand bei der Unternehmensnutzung zum vollen oder teilweisen Vorsteuerabzug berechtigt hat. Hieran fehlt es, wenn die unternehmerische Nutzung aufgrund einer für diese bestehende Steuerfreiheit nach § 15 Abs. 2 Nr. 1 UStG
nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt. Daher ist z.B. die Privatnutzung eines Gegenstandes durch einen Arzt, der nach § 4 Nr. 14 UStG
steuerfreie Umsätze erbringt, nicht nach § 3 Abs. 9a Nr. 1 UStG
steuerbar (Urteil des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 11. März 2009 XI R 69/07
, BFHE 224, 192
, BStBl II 2009, 496
, unter II.2.).
c) Danach liegen auch im Streitfall die Voraussetzungen für eine Steuerbarkeit der Privatnutzung gemäß § 3 Abs. 9a Nr. 1 UStG
nicht vor. Zwar hat die Klägerin das auch privat genutzte Fahrzeug im Rahmen ihrer wirtschaftlichen Tätigkeit nicht für Umsätze verwendet, die ohne Recht auf Vorsteuerabzug steuerfrei sind. Dem gleichgestellt ist jedoch die Verwendung für eine wirtschaftliche Tätigkeit, für die die Steuer nach § 19 Abs. 1 UStG
nicht erhoben wird, da es auch dann an der von § 3 Abs. 9a Nr. 1 UStG
vorausgesetzten Berechtigung zum Vorsteuerabzug fehlt. Da die Voraussetzungen für die Besteuerung der privaten Kfz-Nutzung bereits dem Grunde nach nicht vorlagen, kam es im Streitfall nicht mehr darauf an, dass die sog. 1%-Regelung für das Umsatzsteuerrecht grundsätzlich kein geeigneter Maßstab ist, um die Kosten auf Privatfahrten und unternehmerische Fahrten aufzuteilen (BFH-Urteile vom 19. Mai 2010 XI R 32/08
, BFHE 230, 272
, BStBl II 2010, 1079
, unter II.2.a; vom 11. März 1999 V R 78/98
, BFHE 188, 160
, Leitsatz 2, unter II.3.)."
[BFH Urteil vom 15.09.2011 - V R 12/11
]
Ich hoffe, Ihre Frage verständlich beantwortet zu haben und bedanke mich für das entgegengebrachte Vertrauen. Bei Unklarheiten können Sie die kostenlose Nachfragefunktion benutzen.
Mit freundlichen Grüßen
Vielen Dank für Ihre umfangreiche juristische Antwort zum 2. Teil meiner Frage. Zum 1. Teil, ob die Umsätze netto oder brutto zu betrachten sind, haben Sie sich leider nicht geäußert. Auch ist eine solche umfangreiche juristische Antwort zwar gut, um sie später ggf. gegenüber dem FA verwenden zu können. Allerdings birgt sie für den Laien wieder Risiken des Missverständnisses. Es fehlt also eine einfach verständliche und abschließende Zusammenfassung. Evtl. habe ich meine Frage aber auch nicht klar genug gestellt. Daher bitte ich Sie abschließend um konkrete und einfache Ja/Nein- Beantwortung der Frage: "Ich habe in 2016 als Kleinunternehmer umsatzsteuerpflichtige Umsätze in Höhe von 16.841,- EUR erzielt (ohne Hinzurechnung der MwSt. und ohne Hinzurechnung von unentgeltlichen Wertabgaben). Bin ich auch in 2017 Kleinunternehmer? Ja oder Nein?" Danke im voraus.
Nein, im nächsten Jahr sind Sie kein Kleinunternehmer mehr, da zu den Umsätzen die ggf. abzuführende Umsatzsteuwr hinzu zu addieren ist und Sie damit den Betrag von 17.500,00€ überschreiten.
Ihre Nachfrage war leicht mißverständlich - An dieser Stelle möchte ich noch einmal klarstellen - wenn es sich bei dem von Ihnen genannten Betrag um die Brutto-Ist Beträge handelt, also alles, was sie diesbezüglich eingenommen und abgerechnet haben, so haben Sie die Umsatzgrenze nicht überschritten und sind weiter Kleinunternehmer.
Sollte es sich aber um einen Netto-Betrag handeln, so bleibt es bei meiner Antwort, die sich dann schlichtweg aus der Lektüre des Gesetzes ergibt.