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Umsatzgrenze Kleinunternehmerregelung

| 3. Februar 2017 12:23 |
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Steuerrecht


Beantwortet von

Rechtsanwalt Alexander Busch

Wir haben in 2016 umsatzsteuerpflichtige Umsätze in Höhe von ca. 7% des Gesamtumsatzes erzielt, diese liegen netto noch knapp unter der Kleinunternehmergrenze von 17.500 EUR. Die restlichen 93% sind steuerfreie Umsätze (Heilmittel). Bei Hinzuziehung der Umsatzsteuer auf den umsatzsteuerpflichtigen Anteil und/oder Hinzuziehung von unentgeltlichen Wertabgaben wie Pkw (1%-Regel) und Telefon würden wir die Kleinunternehmergrenze überschreiten. Auf Wikipedia unter Suchbegriff "Kleinunternehmerregelung (Deutschland)" steht hierzu unter Überschrift "Umsatzgrenze" folgender Satz: „Ist keine Umsatzsteuer abzuführen, weil es sich bereits um einen Kleinunternehmer handelt, sind entsprechend ebenfalls nur die erhaltenen Erlösbeträge für die Grenze der 17.500,- € maßgeblich." Sowie der Satz: "Unentgeltliche Wertabgaben, d.h. gewinnwirksame Hinzurechnungen bei Gegenständen und Leistungen, die auch privat genutzt werden (können), sind nur dann umsatzsteuerrelevant und damit in die Umsatzgrenze hinzu zu beziehen, wenn diese Gegenstände und Leistungen zum Vorsteuerabzug berechtigt haben." Da wir bisher Kleinunternehmer und nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt waren, müssten die beiden Sätze auch bei uns gelten und wir wären nach wie vor unterhalb der Kleinunternehmergrenze. Können Sie das so bestätigen? Bitte geben Sie uns dazu relevante Gesetzestexte mit an.
Vielen Dank im Voraus für Ihre Bemühungen.

Sehr geehrter Fragesteller,

Ihre Anfrage möchte ich Ihnen auf Grundlage der angegebenen Informationen verbindlich wie folgt beantworten:

Dem Grunde nach gilt:

§ 19 Besteuerung der Kleinunternehmer
(1) Die für Umsätze im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 1 geschuldete Umsatzsteuer wird von Unternehmern, die im Inland oder in den in § 1 Abs. 3 bezeichneten Gebieten ansässig sind, nicht erhoben, wenn der in Satz 2 bezeichnete Umsatz zuzüglich der darauf entfallenden Steuer im vorangegangenen Kalenderjahr 17 500 Euro nicht überstiegen hat und im laufenden Kalenderjahr 50 000 Euro voraussichtlich nicht übersteigen wird.

Der Satz 2 des Absatz 1 definiert nun den maßgeblichen Umsatz:

Umsatz im Sinne des Satzes 1 ist der nach vereinnahmten Entgelten bemessene Gesamtumsatz, gekürzt um die darin enthaltenen Umsätze von Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens.

"Bei den Umsätzen gem. § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG handelt es sich um die entgeltlichen Lieferungen und sonstigen Leistungen im Inland. Dazu gehören auch die den entgeltlichen Lieferungen gem. § 3 Abs. 1b UStG gleichgestellten unentgeltlichen Lieferungen und die gem. § 3 Abs. 9a UStG den entgeltlichen sonstigen Leistungen gleichgestellten unentgeltlichen sonstigen Leistungen."
(Schwarz/Widmann/Radeisen, UStG § 19 , Rz. 27)

Ergo - in einem ersten Schritt sind die unentgeltlichen Wertabgaben per Gesetzestext auf den ersten Blick inkludiert und bei den Umsätzen zu berücksichtigen.

Allerdings gilt zu beachten:
"Da bei den Umsätzen gem. § 3 Abs. 1b und § 3 Abs. 9a UStG Voraussetzung ist, dass die entnommenen oder verwendeten Gegenstände zum vollen oder teilweisen Vorsteuerabzug berechtigt haben, ist die Steuerbarkeit derartiger unentgeltlicher Wertabgaben bei unter § 19 Abs. 1 UStG fallenden Unternehmern praktisch ausgeschlossen. Zustimmend zu dieser Auffassung FG Berlin-Brandenburg v. 15.2.2011. Insofern betrifft die über § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG normierte Einbeziehung der unentgeltlichen Wertabgaben nur die unentgeltlichen Dienstleistungen gem. § 3 Abs. 9a Nr. 2 UStG , deren Steuerbarkeit nicht davon abhängt, dass ein vorheriger Vorsteuerabzug gegeben war."
(ebenda, Rz. 28)


Da also gar keine Vorsteuerabzugsberechtigung bzgl. der vermeintlichen unentgeltlichen Wertabgaben bestanden hat, sind diese auch nicht im Rahmen der Bemessungsgrundlage zu berücksichtigen.

Mehr als die §§ des Umsatzsteuergesetzes benötigen Sie also nicht, als Rechtsquelle, instruktiv ist die Negründung des BFH, dieser hat hierzu ausgeführt:

"2. Wie das FG zu Recht entschieden hat, ist die Privatnutzung eines Unternehmensgegenstandes im Streitfall kein Umsatz i.S. von § 19 Abs. 1 Satz 2, Abs. 3 UStG . Ein derartiger Umsatz käme nur nach § 3 Abs. 9a Nr. 1 UStG in Betracht, dessen Voraussetzungen aber nicht vorliegen.a) Nach § 3 Abs. 9a Satz 1 Nr. 1 UStG wird einer sonstigen Leistung gegen Entgelt gleichgestellt"die Verwendung eines dem Unternehmen zugeordneten Gegenstands, der zum vollen oder teilweisen Vorsteuerabzug berechtigt hat, durch einen Unternehmer für Zwecke, die außerhalb des Unternehmens liegen, oder für den privaten Bedarf seines Personals, sofern keine Aufmerksamkeiten vorliegen".

Die Vorschrift beruht auf Art. 26 Abs. 1 Buchst. a MwStSystRL. Danach werden den Dienstleistungen gegen Entgelt gleichgestellt"die Verwendung eines dem Unternehmen zugeordneten Gegenstands für den privaten Bedarf des Steuerpflichtigen … oder allgemein für unternehmensfremde Zwecke, wenn dieser Gegenstand zum vollen oder teilweisen Abzug der Mehrwertsteuer berechtigt hat".

b) Die Steuerbarkeit der Verwendung eines Unternehmensgegenstandes setzt voraus, dass der Gegenstand bei der Unternehmensnutzung zum vollen oder teilweisen Vorsteuerabzug berechtigt hat. Hieran fehlt es, wenn die unternehmerische Nutzung aufgrund einer für diese bestehende Steuerfreiheit nach § 15 Abs. 2 Nr. 1 UStG nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt. Daher ist z.B. die Privatnutzung eines Gegenstandes durch einen Arzt, der nach § 4 Nr. 14 UStG steuerfreie Umsätze erbringt, nicht nach § 3 Abs. 9a Nr. 1 UStG steuerbar (Urteil des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 11. März 2009 XI R 69/07 , BFHE 224, 192 , BStBl II 2009, 496 , unter II.2.).

c) Danach liegen auch im Streitfall die Voraussetzungen für eine Steuerbarkeit der Privatnutzung gemäß § 3 Abs. 9a Nr. 1 UStG nicht vor. Zwar hat die Klägerin das auch privat genutzte Fahrzeug im Rahmen ihrer wirtschaftlichen Tätigkeit nicht für Umsätze verwendet, die ohne Recht auf Vorsteuerabzug steuerfrei sind. Dem gleichgestellt ist jedoch die Verwendung für eine wirtschaftliche Tätigkeit, für die die Steuer nach § 19 Abs. 1 UStG nicht erhoben wird, da es auch dann an der von § 3 Abs. 9a Nr. 1 UStG vorausgesetzten Berechtigung zum Vorsteuerabzug fehlt. Da die Voraussetzungen für die Besteuerung der privaten Kfz-Nutzung bereits dem Grunde nach nicht vorlagen, kam es im Streitfall nicht mehr darauf an, dass die sog. 1%-Regelung für das Umsatzsteuerrecht grundsätzlich kein geeigneter Maßstab ist, um die Kosten auf Privatfahrten und unternehmerische Fahrten aufzuteilen (BFH-Urteile vom 19. Mai 2010 XI R 32/08 , BFHE 230, 272 , BStBl II 2010, 1079 , unter II.2.a; vom 11. März 1999 V R 78/98 , BFHE 188, 160 , Leitsatz 2, unter II.3.)."

[BFH Urteil vom 15.09.2011 - V R 12/11 ]

Ich hoffe, Ihre Frage verständlich beantwortet zu haben und bedanke mich für das entgegengebrachte Vertrauen. Bei Unklarheiten können Sie die kostenlose Nachfragefunktion benutzen.

Mit freundlichen Grüßen

Rückfrage vom Fragesteller 4. Februar 2017 | 10:46

Vielen Dank für Ihre umfangreiche juristische Antwort zum 2. Teil meiner Frage. Zum 1. Teil, ob die Umsätze netto oder brutto zu betrachten sind, haben Sie sich leider nicht geäußert. Auch ist eine solche umfangreiche juristische Antwort zwar gut, um sie später ggf. gegenüber dem FA verwenden zu können. Allerdings birgt sie für den Laien wieder Risiken des Missverständnisses. Es fehlt also eine einfach verständliche und abschließende Zusammenfassung. Evtl. habe ich meine Frage aber auch nicht klar genug gestellt. Daher bitte ich Sie abschließend um konkrete und einfache Ja/Nein- Beantwortung der Frage: "Ich habe in 2016 als Kleinunternehmer umsatzsteuerpflichtige Umsätze in Höhe von 16.841,- EUR erzielt (ohne Hinzurechnung der MwSt. und ohne Hinzurechnung von unentgeltlichen Wertabgaben). Bin ich auch in 2017 Kleinunternehmer? Ja oder Nein?" Danke im voraus.

Antwort auf die Rückfrage vom Anwalt 4. Februar 2017 | 11:39

Nein, im nächsten Jahr sind Sie kein Kleinunternehmer mehr, da zu den Umsätzen die ggf. abzuführende Umsatzsteuwr hinzu zu addieren ist und Sie damit den Betrag von 17.500,00€ überschreiten.

Ergänzung vom Anwalt 4. Februar 2017 | 19:35

Ihre Nachfrage war leicht mißverständlich - An dieser Stelle möchte ich noch einmal klarstellen - wenn es sich bei dem von Ihnen genannten Betrag um die Brutto-Ist Beträge handelt, also alles, was sie diesbezüglich eingenommen und abgerechnet haben, so haben Sie die Umsatzgrenze nicht überschritten und sind weiter Kleinunternehmer.

Sollte es sich aber um einen Netto-Betrag handeln, so bleibt es bei meiner Antwort, die sich dann schlichtweg aus der Lektüre des Gesetzes ergibt.

Bewertung des Fragestellers 6. Februar 2017 | 09:19

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Zur Beantwortung der Fragen mussten zwei Unterpunkte betrachtet werden. Wobei zu beiden Punkten eine Erstmeinung (Wikipedia) benannt wurde. Zum zweiten Unterpunkt wurde eine ausführliche und m.E. fundierte und belegte Antwort geliefert, welche die Erstmeinung bestätigte. Zum ersten Unterpunkt wurde sich leider gar nicht geäußert. Es entstand der Eindruck, dass die Frage positiv im Sinne des Fragestellers beantwortet ist. Um sicher zu gehen, wurde zum ersten Unterpunkt noch mal nachgefragt. Bei Nachbeantwortung zum ersten Unterpunkt wurde eine kurze Antwort geliefert, welche die Erstmeinung negierte, ohne Bezug auf diese zu nehmen, oder einen juristischen Nachweis mitzuliefern. Folglich wurde die Frage nicht ausreichend und vollständig beantwortet. Mir liegen nun zum ersten Unterpunkt zwei gegensätzlich Antworten vor, und ich bin so schlau wie vorher... Nachtrag: Nach Bewertung wurde eine klarstellende Antwort nachgereicht.

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