Sehr geehrter Fragesteller/in,
vorweg möchte ich Sie darauf hinweisen, dass diese Plattform eine ausführliche und persönliche Rechtsberatung nicht ersetzten kann, sondern ausschließlich den Zweck hat, eine erste überschlägige Einschätzung Ihres Rechtsproblems auf Grundlage der von Ihnen übermittelten Informationen von einem Rechtsanwalt zu erhalten.
Nun zu Ihren Fragen, welche ich unter Berücksichtigung Ihres Einsatzes wie folgt beantworte:
Da Sie vorliegend Ihre ehemalige Kollegin gem. §§ 186
, 187 StGB
anzeigen möchten, ist allein § 77 b StGB
maßgeblich. Danach beträgt die Frist genau drei Monate. Für die zivilrechtliche Einreichung der Klage auf Schadensersatz gilt diese Frist nicht.
Für die Antragsfrist bezüglich der Strafanzeige ist vorliegend nicht alleine maßgeblich, wann die Abmahnungen erfolgt sind. Vielmehr ist maßgeblich, wann Sie von der Tat und der Person der Täterin Kenntnis erlangt haben. Dies folgt aus § 77 b Absatz 2 StGB
.
Somit könnten Sie z.B. theoretisch von den Handlungen der Kollegin erst nach beiden Abmahnungen bzw. nach der Krankheit Kenntnis erlangt haben. Insofern könnten Sie was beide Abmahnungen betrifft, gegen die Kollegin strafrechtlich vorgehen.
Erlauben Sie mir folgenden Hinweis:
Sollten Sie es in Erwägung ziehen, gegen die Kündigung des Arbeitgebers vorzugehen, müssen sie die Frist von drei Wochen beachten. Die Frist beginnt ab dem Zugang der Kündigung an zu laufen. Das zuständige Gericht, ist dabei das Arbeitsgericht. Im Übrigen können Sie dann inzident gegen die erfolgten Abmahnungen vorgehen.
Des Weiteren könnten Sie im Wege des Zivilrechtsweges gegen Ihren Arbeitgeber vorgehen, wenn er nichts gegen das offensichtliche Mobbing unternommen hat. Der Arbeitgeber muss nämlich seine Arbeitnehmer vor Angriffen seiner Kollegen schützen. Anderenfalls kann er sich bei gesundheitlichen Beeinträchtigungen Ihrerseits schadensersatzpflichtig machen. Insoweit kommt auch ein Schmerzensgeldanspruch wegen vertraglicher Pflichtverletzung gemäß § 253 Absatz 2 BGB
in Betracht. Unterlässt Ihr Arbeitgeber Maßnahmen in Kenntnis von Mobbing-Aktionen, kann er sich darüber hinaus auch wegen unterlassener Hilfeleistung strafbar machen (§ 323 c StGB
).
Die hier beabsichtigte Strafanzeige können Sie bei jeder Polizeidienststelle aufgeben. Dort müssen Sie lediglich Ihren Sachverhalt wiedergeben. Die Dienststelle leitet dann Ihre Anzeige an die zuständige Staatsanwaltschaft weiter. Die Staatsanwaltschaft wird Sie sodann über den Verlauf des Verfahrens informieren. Die Staatsanwaltschaft wird entweder Anklage erheben oder Sie darüber informieren, dass das Verfahren eingestellt worden ist.
Im Übrigen ergibt sich die örtliche Zuständigkeit des Strafgerichts aus § 7 Absatz 1 StPO
. Danach ist das Gericht zuständig, in dessen Bezirk die Straftat begangen worden ist. Auf den Wohnort der Kollegin kommt es daher nicht an.
Gesetzestext:
§ 77b StGB
Antragsfrist
(1) Eine Tat, die nur auf Antrag verfolgbar ist, wird nicht verfolgt, wenn der Antragsberechtigte es unterläßt, den Antrag bis zum Ablauf einer Frist von drei Monaten zu stellen. Fällt das Ende der Frist auf einen Sonntag, einen allgemeinen Feiertag oder einen Sonnabend, so endet die Frist mit Ablauf des nächsten Werktags.
(2) Die Frist beginnt mit Ablauf des Tages, an dem der Berechtigte von der Tat und der Person des Täters Kenntnis erlangt.
§ 7 StPO
Örtliche Zuständigkeit
(1) Der Gerichtsstand ist bei dem Gericht begründet, in dessen Bezirk die Straftat begangen ist.
Ich hoffe Ihnen weiter geholfen zu haben und stehe Ihnen gerne im Rahmen der kostenlosen Nachfragefunktion, zur Verfügung.
Mit freundlichen Grüßen
Rechtsanwalt Dipl. Jur. André Neumann
Sehr geehrte(r) Jurist/in,
vielen Dank für die rasche Beantwortung.
Erlauben Sie mir bitte noch folgende Fragen:
1. Sie schreiben:
„Für die zivilrechtliche Einreichung der Klage auf Schadensersatz gilt diese Frist nicht“
Gibt es hier gar keine Frist bzw. welche Frist?
Muss ich hier einen Geldbetrag „den ich haben will“ nennen oder wird dieser vom Gericht festgesetzt?
Wird die Klage auf Schadensersatz (wie die Strafanzeige) beim Amtgericht des Ortes eingereicht, in dem der Schaden entstanden ist?
2.
Zu ihrem Hinweis, dass maßgeblich ist, wann ich von der Tat und der Person der Täterin Kenntnis erlangt habe.
Von der Person der Täterin habe ich erst mit der 2. Abmahnung Kenntnis erlangt. Beginnt also die Frist ab diesem Zeitpunkt ?
3.
Zur 3 Monatsfrist: Gibt es also keine der als 1b) bis 1d) erwähnte oder sonstige Möglichkeit der Fristverlängerung?
4.
Kann ich bei der Strafanzeige und der Klage auf Schadensersatz die Begründung nachreichen und wenn ja innerhalb welcher Frist jeweils?
Aufgrund der Komplexität des Sachverhalts halte ich eine Aufgabe der Strafanzeige bei der Polizei als nicht geeignet. Gleichzeitig wäre es mir recht, wenn ich zunächst die Anzeige erstatte und die Begründung nachliefere.
Mit freundlichen Grüßen
Sehr geehrter Fragesteller/in,
gerne beantworte ich Ihnen die Nachfragen wie folgt:
Zu 1)
Für die zivilrechtliche Einreichung der Klage auf Schadensersatz gilt die oben genannte Frist nicht. Für Schadensersatzansprüche gilt die so genannte regelmäßige Verjährung. Diese beträgt gem. § 195 BGB
drei Jahre.
Zahlungsanträge müssen grundsätzlich beziffert sein (BGH NJW 1980, 2017
). Nur wenn dem Kläger die Bezifferung seines Anspruchs unmöglich oder unzumutbar ist, besteht Anlass, einen unbezifferten Antrag zuzulassen (BGH NJW 1967, 1420
). Der Fall tritt diesbezüglich ein, wenn dem Gericht ein Ermessen zusteht. Dies ist. z.B. bei einem Schmerzensgeldanspruch der Fall.
Die örtliche Zuständigkeit des Zivilgerichtes richtet sich hier nach dem Wohnsitz des Beklagten. Daher ist entscheidend, wo die „Kollegin“ wohnt. Hier hilft Ihnen unter Umständen das Einwohnermeldeamt gegen Entrichtung einer geringen Gebühr weiter. Ansonsten kann dies auch ein Anwalt für sie tun.
Zu 2)
Sie haben es richtig verstanden. Die Frist beginnt erst ab diesem Zeitpunkt an zu laufen.
Zu 3)
Diesbezüglich sehe ich keine anderen Möglichkeiten. Jedoch denke ich, dass ich Ihnen mit der Antwort zu 2) diesbezüglich weiter helfen konnte. Insofern können Sie die „Kollegin“ für beide Abmahnungssachverhalte anzeigen, ohne dass die Frist abgelaufen sein sollte.
Zu 4)
Bei der Strafanzeige sollten Sie sogleich die „Begründung“ mit anfügen. Insoweit können Sie diese vorher schriftlich verfassen. Der Staatsanwaltschaft bleibt es zwar im weiteren Ermittlungsverfahren überlassen, weitere Beweismittel durch Sie beizubringen. Auch gibt es keine speziellen Fristen. Allerdings rate ich Ihnen aufgrund der eigenen Erfahrungen sogleich alle kompletten Unterlagen bzw. Begründungen mit einzureichen. Ansonsten droht die Gefahr, dass die Staatsanwaltschaft das Verfahren einstellen wird.
Die Begründung bezüglich einer Schadensersatzklage kann nachgereicht werden. Insoweit gilt § 296 ZPO
. Danach wird Ihnen das Gericht eine Frist zur Begründung setzen. Üblicherweise wird hier eine Frist von zwei oder vier Wochen gesetzt.
Ein schönes Wochenende und mit freundlichen Grüßen
Rechtsanwalt Dipl. Jur. André Neumann