Sehr geehrter Fragesteller,
Ihre Anfrage möchte ich Ihnen auf Grundlage der angegebenen Informationen verbindlich wie folgt beantworten:
Der Pflichtteilsanspruch verjährt gemäß § 195 BGB in drei Jahren. Diese Frist beginnt mit dem Schluss des Kalenderjahres, in welchem der Pflichtteilsanspruch entstanden ist und der Pflichtteilsberechtigte von den Anspruch begründenden Umständen und von der Person des Schuldners Kenntnis erlangt hat oder ohne grobe Fahrlässigkeit hätte erlangen müssen (§ 199 Absatz 1 BGB). Grds beginnt die dreijährige Verjährungsfrist also frühestens mit Endes des 31.12 des Jahres des Versterben des Erblassers.
Sie haben jetzt erst vom Versterben Ihres Vaters und Ihrer Enterbung Kenntnis erlangt, so dass die Verjährung des Pflichtteilsanspruch noch nicht eingetreten ist. Sie hat begonnen, als Sie vom Tod des Vaters und Ihrer Enterbung Kenntnis erlangt haben.
Besondere Vorsicht ist bei einem Pflichtteilsergänzungsanspruch gegen den Beschenkten gemäß § 2329 BGB geboten. Dieser Anspruch verjährt unabhängig von einer Kenntnis oder einem Kennen müssen in drei Jahren, gerechnet vom Erbfall an (§ 2332 Absatz 1 BGB).
D.h. hier besteht die Gefahr der Verjährung.
Pflichtteilsergänzungsanspruch bedeutet: Wenn ein Erblasser zu Lebzeiten sein Vermögen bzw. Teile davon verschenkt, verringert er den Nachlass, der später an die Erben gehen soll. Aus dem Nachlass wird auch der Pflichtteil berechnet; letztlich verringern Schenkungen also auch den Pflichtteil. Daraus ergeben sich Ausgleichs- bzw. Pflichtteilsergänzungsansprüche.
Frage: Ich weiß nicht, wie ich jetzt am taktisch klugsten vorgehen soll.
Soll ich gleichen einen Anwalt beauftragen?
Meine Rechtschutzversicherung übernimmt nur Kosten von wenigen Hundert Euro.
Soll ich mich an das Amtsgericht wenden?
Das Nachlassgericht wird Ihnen hier meines Erachtens nicht wirklich weiterhelfen können.
Pflichtteilsansprüche müssen Sie direkt gegenüber der Erbin geltend machen.
D.h. Sie müssen Auskunft über den Nachlass des Vaters und evtl Schenkungen an die Erbin bzw. an Dritte direkt von der Erbin einfordern und sich ein Nachlassverzeichnis vorlegen lassen, nebst Belegen.
Aufgrund einer für einen möglichen Pflichtteilsergänzungsanspruch drohenden Verjährung, wäre meines Erachtens ein Gespräch mit einem Anwalt absolut ratsam.
D.h. Sie sollten für die Geltendmachung Ihrer Ansprüche keine Zeit mehr verstreichen lassen.
Ich verstehe natürlich Ihre Bedenken der Kosten und eines evtl geringen Anspruchs dagegen.
Um die Verjährung zu hemmen muss der Pflichtteilsberechtigte rechtzeitig vor Ablauf der Verjährungsfrist entweder bei Gericht Klage einreichen oder eine rechtsverbindliche Erklärung des Erben verlangen, in der dieser den Bestand des Pflichtteilsanspruches anerkennt und auf die Einrede der Verjährung verzichtet. Die bloße Aufforderung zur Zahlung oder zur Anerkennung des Pflichtteilsanspruches reicht nicht aus.
Vielleicht würde es vorerst genügen, dass der Anwalt außergerichtlich mit der Erbin korrespondiert und diese eine rechtsverbindliche Erklärung abgibt.
Frage: Wie kann ich sicher gehen, dass die Lebensgefährtin das Erbe nicht auf ein Minimum reduziert?
Das ist sicher ein Problem, zumal Sie keinen Kontakt zu Ihrem Vater hatten und seine finanziellen Verhältnisse dadurch auch nicht kennen.
Hier bliebe Ihnen meines Erachtens zunächst nur die Auskunft zum Nachlass abzuwarten, das Nachlassverzeichnis genau zu prüfen und bei evtl Ungereimtheiten auf die Abgabe einer eidesstattliche Versicherung zunächst zu bestehen.
Ich hoffe, Ihre Frage verständlich beantwortet zu haben und bedanke mich für das entgegengebrachte Vertrauen. Bei Unklarheiten können Sie die kostenlose Nachfragefunktion benutzen.
Mit freundlichen Grüßen
Antwort
vonRechtsanwältin Silke Birkenmaier-Wagner
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