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Teilzeit oder Familienpflegezeit?

9. Januar 2024 22:46 |
Preis: 55,00 € |

Arbeitsrecht


Beantwortet von


19:23

Ich bin in einem großen internationalen Technologieunternehmen in leitender Position angestellt, technisch bei einer deutschen Tochtergesellschaft mit circa 100 Beschäftigten. Ich möchte ab Mai in Teilzeit arbeiten, u.a. um mein pflegebedürftiges minderjähriges Kind zu betreuen (Pflegegrad 4, Grad der Behinderung 100%). Aktuell pflegt dieses noch meine Frau, die dann aber Vollzeit arbeiten wird.

Mein Plan wäre zunächst auf circa 50% zu reduzieren und dies wahrscheinlich nach circa einem Jahr auf circa 70-80% zu erhöhen (und dann langfristig auf diesem Niveau zu bleiben). In unserem Unternehmen arbeitet sonst keiner Teilzeit, das Konzept ist wahrscheinlich überwiegend unbekannt. Es ist möglich, dass mein Antrag auf Teilzeit negativ aufgenommen und "bekämpft" wird. (Eine spätere Erhöhung wird aber wahrscheinlich positiv aufgenommen.)

Ich hätte dazu folgende Fragen:
- Was wäre die "sicherste" Strategie um diesen Plan umzusetzen?
- Birgt ein Antrag auf Familienpflegezeit höhere Sicherheit (z.B. stärkeren Kündigungsschutz oder höhere Hürden zur Ablehnung) oder andere Vorteile gegenüber einem Antrag auf regulärer Teilzeit?
- Wäre es möglich, nach einem Jahr Familienpflegezeit "nahtlos" in reguläre Teilzeit überzugehen (z.B. um von 50% auf 80% zu wechseln), oder umgekehrt, und besteht da lückenlos Kündigungsschutz?
- Gibt es typische "dringende betriebliche Gründe" die ein Arbeitgeber in vergleichbarer Situation dagegen anbringen könnte? Kann ich etwas tun, um das zu vermeiden? (Ich leite faktisch zwei unabhängige Teilbereiche, jeder einzelne könnte meiner Meinung nach daher mit 50% Zeitaufwand betreut werden. Schriftlich ist dies aber noch nicht festgehalten.)
- Mein Kind geht ab August auf eine Förderschule und wird dort von circa 8-15 Uhr betreut (danach von 15-8 Uhr von mir). Beeinflusst das den Anspruch auf Familienpflegezeit?

9. Januar 2024 | 23:53

Antwort

von


(2250)
Wichlinghauser Markt 5
42277 Wuppertal
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Web: https://www.frag-einen-anwalt.de/anwalt/Rechtsanwaeltin-Sonja-Stadler-__l108484.html
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Sehr geehrter Fragesteller,

Ihre Fragen beantworte ich aufgrund Ihrer Angaben zum Sachverhalt wie folgt:

1. Die "sicherste" Strategie wäre, Ihren Arbeitgeber frühzeitig über Ihre Pläne zu informieren und eine offene Diskussion über Ihre Situation zu führen. Es ist wichtig, dass Sie Ihre Rechte und Pflichten in Bezug auf Teilzeitarbeit und Familienpflegezeit kennen. Sie haben das Recht, eine Reduzierung Ihrer Arbeitszeit zu beantragen, und Ihr Arbeitgeber muss diesen Antrag ernsthaft prüfen.

2. Ein Antrag auf Familienpflegezeit bietet in der Tat einen stärkeren Kündigungsschutz als ein Antrag auf reguläre Teilzeit. Während der Familienpflegezeit und bis zu vier Wochen danach darf der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis nicht kündigen. Allerdings ist die Familienpflegezeit auf 24 Monate begrenzt und Sie müssen mindestens 15 Stunden pro Woche arbeiten.

3. Nach Ablauf der Familienpflegezeit können Sie nahtlos in reguläre Teilzeit übergehen. Der Kündigungsschutz besteht während der Familienpflegezeit und bis zu vier Wochen danach. Danach gelten die allgemeinen Kündigungsschutzregelungen.

4. "Dringende betriebliche Gründe", die ein Arbeitgeber gegen eine Teilzeitbeschäftigung anbringen könnte, könnten beispielsweise sein, dass die Arbeitsorganisation oder der Arbeitsablauf erheblich gestört würden oder dass erhebliche zusätzliche Kosten entstehen würden. Es ist jedoch immer eine Einzelfallentscheidung und hängt von den konkreten Umständen ab.

5. Die Tatsache, dass Ihr Kind ab August auf eine Förderschule geht und dort von circa 8-15 Uhr betreut wird, beeinflusst den Anspruch auf Familienpflegezeit nicht. Die Familienpflegezeit kann unabhängig von der Betreuungssituation des Kindes in Anspruch genommen werden.

Mit freundlichen Grüßen
-Rechtsanwältin-


Rückfrage vom Fragesteller 10. Januar 2024 | 09:48

Vielen Dank.
Könnten Sie die Antwort zu "4." etwas konkretisieren? Was müsste typischerweise konkret vorliegen, dass "Arbeitsorganisation oder der Arbeitsablauf erheblich gestört würden oder dass erhebliche zusätzliche Kosten entstehen" so dass Teilzeit oder Familienpflegezeit abgelehnt werden könnten? (In meinem Fall: Betriebswirtschaftliche, administrative Tätigkeit mit Team-Leitung (faktisch von zwei gleichwertigen Abteilungen), viele vergleichbare Positionen im Unternehmen))

Antwort auf die Rückfrage vom Anwalt 10. Januar 2024 | 19:23

Sehr geehrter Fragesteller,

gerne beantworte ich auch Ihre Nachfrage:

"Dringende betriebliche Gründe", die eine Ablehnung der Teilzeit oder Familienpflegezeit rechtfertigen könnten, sind in der Regel solche, die zu einer erheblichen Beeinträchtigung des Betriebsablaufs oder der betrieblichen Organisation führen.

In Ihrem speziellen Fall könnte der Arbeitgeber beispielsweise argumentieren, dass durch Ihre Reduzierung auf Teilzeit die Leitungsfunktion für die beiden Abteilungen, die Sie derzeit innehaben, nicht mehr ausreichend gewährleistet werden kann. Dies könnte der Fall sein, wenn Ihre Anwesenheit für die Koordination der Arbeitsabläufe, für die Entscheidungsfindung oder für die Kommunikation mit anderen Abteilungen oder dem Management unerlässlich ist und diese Aufgaben nicht ohne Weiteres auf andere Mitarbeiter oder auf die verbleibende Arbeitszeit verteilt werden können.

Ein weiterer "dringender betrieblicher Grund" könnte sein, dass durch Ihre Teilzeitarbeit erhebliche zusätzliche Kosten entstehen, beispielsweise wenn der Arbeitgeber eine zusätzliche Kraft einstellen müsste, um Ihre Aufgaben in den Zeiten Ihrer Abwesenheit zu übernehmen.

Es ist jedoch wichtig zu betonen, dass diese Gründe vom Arbeitgeber konkret nachgewiesen werden müssen und nicht nur pauschal behauptet werden können. Zudem muss der Arbeitgeber bei seiner Entscheidung auch Ihre Interessen und die besondere Situation, dass Sie ein pflegebedürftiges Kind betreuen, berücksichtigen.

Alles Gute für Sie und Ihre Familie!

Rechtsanwältin

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