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TV-L: Berücksichtigung bisheriger Erfahrungsstufen bei Wiedereinstellung

| 23. Dezember 2024 13:57 |
Preis: 55,00 € |

Arbeitsrecht


Beantwortet von


15:59

Zusammenfassung

Im Fall einer schädlichen Unterbrechung von mehr als sechs Monaten, im wissenschaftlichen Bereich mehr als zwölf Monate, kann eine einschlägige Berufserfahrung bei demselben Arbeitgeber gemäß § 16 Abs. 2 Satz 3TV-L wie eine Berufserfahrung bei einem anderen Arbeitgeber berücksichtigt werden.

Sehr geehrte Damen und Herren,

ich war von April 2018 an bei einem Berliner Bezirksamt als Sachbearbeiterin ohne einschlägige Berufserfahrung im Sozialamt tätig mit der E9b(1) bei Einstellung. Im April 2019 wurde ich in die E9b(2) gestuft. Im Februar 2021 wechselte ich zum Jugendamt im gleichen Bezirk und arbeitete als Sachbearbeiterin beim gleichen Arbeitgeber in einer anderen Dienststelle mit zum Teil ähnlichen, zum Teil anderen Aufgaben. Die Eingruppierung war die gleiche und die Erfahrungsstufen liefen weiter. Entsprechend wurde ich im April 2021 in die E9b(3) eingestuft.

Ich blieb dort bis einschließlich Ende August 2023 mit der E9b(3) und verließ dann diesen Arbeitgeber für eine ganz andere Beschäftigung beim Bund, wo ich von September 2023 bis Dezember 2023 die E13(3) erhielt. Weil dort leider andere Aspekte nicht passten kündigte ich dieses Arbeitsverhältnis und war von Januar 2024 bis einschließlich Mai 2024 in der Privatwirtschaft tätig.
Seit Juni 2024 bin ich arbeitsuchend und habe mich bei meiner letzten Dienststelle in Berlin wieder beworben und dort auch eine Zusage für eine Einstellung im Januar 2025 als Sachbearbeiterin mit genau dem gleichen Stellenprofil erhalten. Ich werde die exakt gleiche Tätigkeit ausüben wie von Februar 2021 bis August 2023 und habe nun erfahren, dass ich die E9b(1) erhalten soll mit den Argumenten, einschlägige Berufserfahrung könne gemäß §16 (2) TV-L nur anerkannt werden, wenn zwischen Tätigkeiten bei vorherigen Arbeitgebern und der neuen Tätigkeit weniger als 6 Monate vergangen seien. Die Anrechnung förderlicher Zeiten ließe die Bewerberlage nicht zu.

Mir geht es nur um die Frage der einschlägigen Berufserfahrung: Ich verstehe die TdL-Durchführungshinweise zu § 16 TV-L derart, dass bei einer vorherigen einschlägigen Berufserfahrung beim selben Arbeitgeber und einer schädlichen Unterbrechung § 16 (3) Satz 3 angewendet werde entsprechend diesem einschlägige Berufserfahrung berücksichtigt werde, sodass man mindestens in Stufe 2 (bei einem Jahr Berufserfahrung) bzw. in Stufe 3 (bei insgesamt mindestens 3jähriger Berufserfahrung) eingestuft werden müsse, so, als wenn man vorher bei einem anderen Arbeitgeber beschäftig gewesen sei.

Ich bitte um Ihre Einschätzung unter Angabe der Rechtsgrundlage(n), welche Erfahrungsstufe ich erhalten müsste und ob nicht auch entsprechend BAG-Urteil 6 AZR 524/11 Restzeiten meiner bisherigen Stufenlaufzeit berücksichtigt werden müsste.

Vielen Dank!

23. Dezember 2024 | 15:18

Antwort

von


(654)
Heinz-Fangman-Str. 2
42287 Wuppertal
Tel: 0202 76988091
Web: https://www.kanzlei-scheibeler.de
E-Mail:

Sehr geehrter Fragesteller,

Ihre Anfrage möchte ich Ihnen auf Grundlage der angegebenen Informationen wie folgt beantworten:

Ich gehe zunächst davon aus, dass Sie in Ihrer Frage eine falsche Vorschrift zitieren, wenn Sie ausführen wie folgt:

Ich verstehe die TdL-Durchführungshinweise zu § 16 TV-L derart, dass bei einer vorherigen einschlägigen Berufserfahrung beim selben Arbeitgeber und einer schädlichen Unterbrechung § 16 (3) Satz 3 angewendet werde entsprechend diesem einschlägige Berufserfahrung berücksichtigt werde, sodass man mindestens in Stufe 2 (bei einem Jahr Berufserfahrung) bzw. in Stufe 3 (bei insgesamt mindestens 3jähriger Berufserfahrung) eingestuft werden müsse, so, als wenn man vorher bei einem anderen Arbeitgeber beschäftig gewesen sei.

Da es in § 16 Abs. 3 kein dritten Satz gibt, meinen Sie wohl § 16 Abs. 2 Satz drei TV-L. Ihre Auffassung ist richtig und entspricht der Durchführungsanordnung. Sir müssten mindestens die Erfahrungsstufe 2 erhalten, da Sie mehr als ein Jahr, aber weniger als drei Jahre beim Jugendamt tätig waren. Ob Ihre Tätigkeit beim Sozialamt einschlägige Berufserfahrung vermittelt hat, müsste noch genauer geprüft werden. Nach Ihrer Mitteilung waren die Aufgaben teilweise anders.

Im Hinblick auf das von Ihnen weiter genannte Urteil des Bundesarbeitsgerichts 6 AZR 524 (nicht 542) /11 ist mitzuteilen, dass eine Anrechnung der vorherigen Stufenlaufzeiten nach diesem Urteil nur möglich ist, wenn keine schädliche Laufzeitunterbrechung vorliegt. Ich verweise dort auf die Rn. 18, zitiert nach der Veröffentlichung aus www.bundesarbeitsgericht.de. Eine solche schädliche Laufzeitunterbrechung liegt jedoch vor. Abweichende Entscheidungen im Hinblick auf dieses Ergebnis finden sich nicht.

Sie können natürlich auch jetzt einmal die angebotene Stelle ablehnen und abwarten, ob Ihnen nicht dann doch eine höhere Erfahrungsstufe angeboten wird. Wenn es aber ausreichend andere Bewerber gibt, die sich mit der Erfahrungstufe 1 zufriedengeben, könnte dies natürlich problematisch sein. Zudem könnten Sie hier Probleme mit dem Arbeitsamt bekommen, da Sie ja eine Beschäftigung abgelehnt haben.

Ich hoffe, Ihre Frage verständlich beantwortet zu haben und bedanke mich für das entgegengebrachte Vertrauen. Bei Unklarheiten können Sie die kostenlose Nachfragefunktion benutzen.

Mit freundlichen Grüßen


Rechtsanwältin Dr. Elke Scheibeler
Fachanwältin für Arbeitsrecht

Rückfrage vom Fragesteller 23. Dezember 2024 | 15:51

Sehr geehrte Frau Dr. Scheibeler,

vielen Dank für Ihre schnelle und verständliche Ausführung!

Im Grunde lese ich es aus Ihrer bisherigen Antwort heraus, aber ich möchte Sie bitten, mir noch einmal explizit zu bestätigen, dass mein früheres Arbeitsverhältnis bei dem Arbeitgeber, der mich jetzt auch wieder einstellen möchte, auch tatsächlich unstrittig als (das) "vorherige Arbeitsverhältnis" gewertet wird, auf das es für die Beurteilung der einschlägigen Berufserfahrung ankommt, und dass die Tatsache, dass ich in der Zwischenzeit noch zwei weitere Arbeitsverhältnisse hatte, diesbezüglich unschädlich ist.

Vielen Dank - und schöne Feiertage!

Antwort auf die Rückfrage vom Anwalt 23. Dezember 2024 | 15:59

Sehr geehrte Fragestellungen,

aus der Durchführungsanordnung ergibt sich, dass das vorherige Arbeitsverhältnis dasjenige mit Berliner Bezirksamt war, auch wenn Sie danach beim Bund und in der Privatwirtschaft angestellt waren.

Dass es gar ein Urteil gibt, dass eine andere Auffassung vertritt, kann ich Ihnen nicht bestätigen. Jedenfalls finde ich es ein solches nicht in der mir zur Verfügung stehenden Datenbank und auch nicht frei veröffentlicht im Internet.

Mit freundlichen Grüßen
Dr. Scheibeler

Ergänzung vom Anwalt 13. Januar 2025 | 11:59

Sehr geehrte Fragestellerin,

im Hinblick auf Ihre weitere Eingabe über die Plattform möchte ich wie folgt ergänzen:

Sie vermissen bei meiner Antwort zunächst einen Bezug zum Rundschreiben IV Nummer 11/2015 der Senatsverwaltung für Finanzen in Berlin. Hierzu ist mitzuteilen, dass dieses Rundschreiben nicht im Internet veröffentlicht ist, jedenfalls kann man es über eine Google-Suche nicht finden. Es wäre wohl nur einem Anwalt oder einer Anwältin bekannt, der oder die schon einmal ein Fall hatte, bei dem dieses Rundschreiben vorgelegt wurde. Dies ist in meinem Büro bislang nicht der Fall gewesen.

Das von Ihnen weiter erwähnte Urteil BAG 6 AZR 1088/12 ebenso wie das genannte Rundschreiben beziehen sich auch auf einen anderen Fall, nämlich dass die Berufserfahrung bei einem anderen Arbeitgeber gesammelt wurde. Dies ist bei Ihnen nicht der Fall. Die Durchführunganweisung gibt Ihre Eingruppierung wie von mir vertreten durchaus her.

Aus meiner Sicht spricht nichts dagegen, wenn Sie einen Antrag auf Höhrergruppierung stellen und diesen einmal gerichtlich überprüfen lassen. Ich möchte auch noch einmal auf meine Einschränkung in der Nachfrage hinweisen. Die Rechtswissenschaft ist eine Geisteswissenschaften, es gibt ganz selten unstrittige Fragen. Anderenfalls wäre es wohl nicht notwendig, Gerichte in der zweiten oder dritten Instanz vorzuhalten. Ich habe Sie nicht in Gewissheit gewiegt, wie Sie es in Ihrer Eingabe schreiben.

Alternativ wäre es wie in meiner Ausgangsantwort ausgeführt auch möglich, dass Sie die angebotene Stelle anlässlich der Eingruppierung in die Stufe I ablehnen und abwarten, ob Ihnen diese dann mit der höheren Erfahrungsstufe angeboten wird. Allerdings stellt sich die Frage, ob es dann andere Bewerber gibt, die sich mit der Erfahrungsstufe 1 zufriedengeben und die Ablehnung der Stelle könnte auch Auswirkungen auf Ihren weiteren Arbeitslosengeldanspruch haben.

Mit freundlichen Grüßen Dr. Scheibeler



Bewertung des Fragestellers 23. Dezember 2024 | 16:19

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Sehr hilfreiche Antwort, die sogar noch einen praktischen Aspekt thematisiert hat, den ich nicht nachgefragt habe, der aber sehr wichtig ist. Danke!

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Stellungnahme vom Anwalt:

Sehr gerne.

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BEWERTUNG VOM FRAGESTELLER 23. Dezember 2024
5/5,0

Sehr hilfreiche Antwort, die sogar noch einen praktischen Aspekt thematisiert hat, den ich nicht nachgefragt habe, der aber sehr wichtig ist. Danke!


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