Streichung Rückflug durch Airline weil Hinflug nicht angetreten werden konnte

Question

Guten Tag,  ein befreundetes Ehepaar hat bei Türkish Airlines &lpar;Sitz Türkei&rpar; auf deren deutscher Internetseite am 31.05.18  einen Flug von Stuttgart nach Teheran und zurück gebucht. Die beigefügten Buchungsbestätigungen kamen umgehend per E-Mail &lpar;siehe Anhang&rpar;. Wie geplant sind die beiden am 05.08.2018 an Bord des Flugzeugs gegangen. Noch vor dem Start allerdings klagten beide über Übelkeit. Dem Mann ging es kurzfristig so schlecht &lpar;Kreislauf&rpar;, dass ein Arzt an Bord sich um ihn gekümmert hat. Nach einiger Zeit ging es beiden besser und sie wollten den Flug antreten. Der Pilot hat aber entschieden, dass sie aussteigen müssen. Auch das Angebot, dass schriftlich selbst das Risiko übernommen wird wurde nicht akzeptiert. Also konnten sie den Hinflug nicht antreten.  An Bord wurde dem Ehepaar von einer Mitarbeiterin der Airline erklärt, dass sie im Anschluss im Terminal kostenneutral einen Ersatzflug bekommen können. Als die beiden am nächsten Tag zum Flughafen gefahren sind um das zu regeln, wurde ihnen erklärt, dass nicht nur der Hinflug verfallen ist, sondern auch der Rückflug. Sie müssten einen neuen Flug buchen - Kosten ca. 1500 Euro. Der ursprüngliche Flug hat 1100 Euro gekostet.   Ich weiß, es gibt Rechtsprechungen vom BGH und auch EuGH, dass solche Klauseln in den AGB nicht zulässig sind. Aber ich kann bei Türkish Airlines gar keine AGB finden. In den beigefügten Buchungsbestätigungen steht zudem etwas zur Rückerstattung / Nichtantritt mit einer Gebühr von 100€ - oder ist das die zu erstattende Summe...?  Die Frage ist, gilt deutsches / europäisches Recht? Darf die Airline in diesem Fall einfach den Rückflug streichen und das Geld für den Flug behalten, bzw. auf welcher rechtlichen Grundlage kann das Ehepaar forden, dass sie zumindest den Rückflug antreten können und den Hinflug teilweise erstattet bekommen oder umbuchen können? Weder auf der Internetseite von Türkish Airline noch bei der Buchung wird hierzu keine klare Aussage gemacht - ich konnte zumindest keine finden.    Zur Info: es hatte sich rausgestellt, dass vermutlich verdorbene Lebensmittel auf einer Feier zuvor die Übelkeit ausgelöst hatte. Inzwischen gibt es sogar ein ärztliches Attest, dass sie flugfähig sind.    Ich freue mich auf Ihre Antwort.  Beste Grüße  Mireille Thiefoldt

Rechtsanwalt Holger Hopperdietzel · Accepted Answer

Antwort vom Rechtsanwalt: Sehr geehrte Fragestellerin,  vielen Dank für Ihre Anfrage, die ich gerne antworte. Die Fälle, in denen Fluggästen die Beförderung auf dem Rückflug verweigert wurde, weil sie aus ungeplanten Gründen am Hinflug nicht teilgenommen haben, sind mir geläufig. Fluggesellschaften meinen, sie können den Fluggästen den Rückflug verweigern, wenn der Hinflug nicht angetreten wurde. Sie berufen sich dabei grundsätzlich auf eine Klausel in den Beförderungsbedingungen, die das regeln soll.    Selbst wenn in den Beförderungsbedingungen eine Klausel enthalten ist, wonach alle Flugsegmente in Anspruch genommen werden müssen, um den Anspruch auf Beförderung auf den folgenden Flugsegmenten zu erhalten, ist diese Klausel unwirksam. Ich selbst habe bereits mehrere Verfahren vor dem Landgericht Frankfurt geführt, in denen es genau um diese Fragestellung ging. Nur, wenn der Fluggast Hin- und Rückflug bucht, um den hohen Preis für ein one-way- Ticket zu vermeiden, kann etwas anderes gelten. Die Rechtsprechung geht nach wie vor davon aus, dass ein Fluggast das Recht besitzt, eine ihm angebotene Teilleistung &lpar;Beförderung auf dem Hinflug&rpar; nicht in Anspruch zu nehmen, ohne den Anspruch auf die Beförderung auf den Rückflug zu verlieren. Die Mitteilung der Fluggesellschaft, der Rückflug werde gestrichen, da der Hinflug nicht in Anspruch genommen wurde, ist daher mit dem Gesetz nicht in Einklang zu bringen.  Wenn die Fluggäste auf anderem Weg nach Teheran gelangen und den geplanten Rückflug in Anspruch nehmen möchten, so muss die Fluggesellschaft die Beförderung bewirken. Wenn sie das verweigert, haben die Fluggäste Anspruch auf Schadensersatz.    Rechtsprechung zu diesem Thema gibt es weder vom Europäischen Gerichtshof, noch vom Bundesgerichtshof, sondern nur von einzelnen Gerichten Deutschlands. Ob nur 100 € oder mehr wegen der Nichtteilnahme am Flug zurückerstattet werden, vermag ich momentan nicht zu beurteilen, hier müssen die Unterlagen hinsichtlich der Stornoregelungen durchgearbeitet werden.  Ihre Frage, welches Recht zur Anwendung gelangt, kann eindeutig geklärt werden. Wenn die Fluggäste &#8211; wovon ich ausgehe &#8211; ihren ständigen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland haben, gilt deutsches Recht.  Wenn die Fluggäste möglicherweise zum Rückflug am Check in-Schalter stehen und dort nicht befördert werden, bleibt letztendlich nur die Buchung eines Ersatztickets mit der Folge, dass diese Mehrkosten dann im Nachhinein bei der Fluggesellschaft geltend gemacht werden können.  Hinsichtlich des Gesundheitszustandes während des beabsichtigten Fluges dürfte es wohl so sein, dass der Kapitän die Beförderung berechtigt verweigert hat. Der Kapitän hat die Bordgewalt und kann nach pflichtgemäßen Ermessen entscheiden, ob Fluggäste, die Krankheitssymptome aufweisen, befördert werden oder nicht. Nur, wenn ihm grobe Ermessensfehler nachgewiesen werden, könnte die Fluggesellschaft schadenersatzpflichtig wegen der Nichtbeförderung gemacht werden.  Sollten weitere Fragen bestehen, wenden Sie sich bitte per E-Mail an meine Kanzlei unter wiesbaden@advocatur.de  Gerne können Sie auch die Nachfragefunktion verwenden. Im Falle, dass gerichtliche Hilfe benötigt wird, stehe ich selbstverständlich gerne zur Verfügung. Zuständig wäre das Amtsgericht Frankfurt am Main bzw. das Amtsgericht Nürtingen, dass ich aber ungern anrufen würde, da die Rechtsprechung dort deutlich airlinefreundlicher ist als in Frankfurt.

Streichung Rückflug durch Airline weil Hinflug nicht angetreten werden konnte

Reiserecht

Rechtsanwalt Holger Hopperdietzel

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