Sehr geehrter Fragesteller,
gerne beantworte ich Ihre Fragen wie folgt.
In Ihrem Fall kommt eine Anfechtung der Erklärungshandlung, also Ihres irrtümlichen Klicks, wegen Irrtum nach § 119 BGB
in Betracht.
Danach kann derjenige, der bei der Abgabe einer Willenserklärung über deren Inhalt im Irrtum war oder eine Erklärung dieses Inhaltes überhaupt nicht abgeben wollte die Erklärung anfechten, wenn anzunehmen ist, dass er sie bei Kenntnis der Sachlage und bei verständiger Würdigung des Falles nicht abgegeben haben würde.
Sie waren vorliegend auf der Suche nach einer Kündigungsbestätigung im Internet und wollten gar keine Willenserklärung abgeben, sondern eben diese Bestätigung erlangen, als Sie den Klick ausgeführt haben. Es liegt insoweit eine fehlerhafte Bedienung vor. Wären Sie nicht über Ihr Handeln im Irrtum gewesen, so hätten Sie den Klick nicht ausgeführt, da Sie für einen Vertragsschluss mit einem anderen Provider eine Bestätigung der Kündigung bei 1&1 gesucht haben. Bei Kenntnis des Erklärungsgehaltes der Schaltfläche „Kündigung stornieren“ hätten Sie diese nicht angeklickt.
Nach § 143 BGB
ist zur Anfechtung gegenüber dem Anfechtungsgegner, hier 1&1, eine entsprechende Erklärung abzugeben. Diese muss aber nicht das Wort „anfechten“ enthalten. Es reicht aus, wenn die Erklärung erkennen lässt, dass das Rechtsgeschäft wegen des Willensmangels bzw. des Irrtums nicht gewollt ist. Mit Ihrem Telefonat und später mit Ihrem Einschreiben haben Sie dies in ausreichender Form zum Ausdruck gebracht.
Ferner ist die Anfechtung nach § 121 BGB
ohne schuldhaftes Zögern zu erklären. Auch dies ist aufgrund Ihres sofortigen Handelns für den vorliegenden Fall wohl zu bejahen.
Die Wirkung der Anfechtung ist nach § 142 BGB
, dass das Rechtsgeschäft als von Anfang an nichtig angesehen wird. Sie sind daher an den Vertrag mit wirksamer Anfechtung nicht mehr gebunden. Dies ist nicht von einer Bestätigung des Vertragspartners abhängig, da die Anfechtung ein einseitiges Gestaltungsrecht, wie z. Bsp. auch die Kündigung, darstellt.
Wenn Sie in einen Rechtsstreit gehen, so müssen Sie darlegen und beweisen, dass Sie wirksam angefochten haben, d.h. also auch, dass ein Anfechtungsgrund also ein Irrtum vorgelegen hat. Dies ist natürlich nicht ganz einfach. Hilfreich wäre es, wenn seitens des von Ihnen gesuchten neuen Providers Unterlagen etc. vorliegen, die den zeitlichen Ablauf, nämlich den Umstand dass Sie bei Anklicken des Schalters „Kündigung stornieren“ bereits einen anderen Vertrag abschließen wollten, stützen. Der Ausgang eines solchen Rechtsstreites kann nur schwer beurteilt werden, da es wirklich auf jede Einzelheit ankommen kann. Wenn Sie aber obsiegen, so muss die Gegenseite Ihre Anwaltskosten und die Gerichtskosten tragen.
Ich empfehle Ihnen, die Firma 1&1 nochmals auf den Umstand des Irrtums und der Anfechtung hinzuweisen. Sie könnten dann auch ankündigen aufgrund der Nichtigkeit des Vertrages keine Zahlungen mehr zu erbringen und warten, ob 1&1 gegen Sie vorgeht. Wenn dies dann geschehen sollte, können Sie in einem solchen Prozess die erfolgte Anfechtung einwenden.
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