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Sterbegeldversicherung einsetzen trotz Erbausschlagung

| 21. Juni 2025 09:33 |
Preis: 52,00 € |

Erbrecht


Beantwortet von


in unter 2 Stunden

Kann die Sterbegeldversicherung meiner verstorbenen Mutter, bei der sie selbst als Bezugsberechtigte eingetragen ist, zur Deckung der Bestattungskosten verwendet werden, obwohl sie mehr als 100000 Euro Schulden hatte und wir als ihre Kinder das Erbe ausschlagen werden?

21. Juni 2025 | 10:37

Antwort

von


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Sehr geehrte(r) Ratsuchende(r),

Ihre Anfrage möchte ich Ihnen auf Grundlage der angegebenen Informationen wie folgt beantworten:

1. Grundsituation: Bezugsberechtigung und Erbausschlagung
Wenn Ihre Mutter eine Sterbegeldversicherung abgeschlossen hat, bei der sie selbst als Bezugsberechtigte eingetragen war, wird die Versicherungsleistung grundsätzlich Teil des Nachlasses (§ 1922 Abs. 1 BGB), da keine andere Person das Bezugsrecht hat. Dies hat entscheidende Folgen:

Bezugsberechtigte Person = Versicherungsnehmerin (Mutter): Die Versicherungssumme fällt in die Erbmasse.

Hohe Schulden = Nachlass überschuldet: Bei über 100.000 € Schulden liegt mit großer Wahrscheinlichkeit eine Überschuldung des Nachlasses vor.

Ausschlagung des Erbes durch die Kinder: Der Nachlass fällt dann nicht auf die Kinder (§ 1942 BGB), sondern nach der gesetzlichen Erbfolge auf die nachfolgenden Erben (z. B. Enkel, Geschwister der Mutter etc.) – soweit diese ebenfalls nicht ausschlagen.

2. Verwendung zur Deckung der Bestattungskosten
Wenn niemand das Erbe antritt (also alle gesetzlichen Erben ausschlagen), wird der Nachlass herrenlos, bis er ggf. durch das Nachlassgericht an das Land fällt (§ 1964 BGB). Dann ist zu differenzieren:

a) Wenn die Versicherungssumme in den Nachlass fällt:
Die Auszahlung geht an den Nachlass – nicht an Dritte. Die Versicherung wird also nicht direkt an den Bestatter oder an einen Angehörigen ausgezahlt.

Wird das Erbe ausgeschlagen, können Sie keine Verfügung über die Versicherungssumme treffen.

Eine Auszahlung an Sie oder zur Deckung der Bestattungskosten wäre unzulässig, es sei denn, Sie treten in Vorleistung und beantragen später Ersatz nach § 1968 BGB.

b) § 1968 BGB – Ersatzanspruch gegen den Nachlass
„Die Kosten der Beerdigung des Erblassers trägt der Erbe."

Da Sie nicht Erbe sind, sondern ausgeschlagen haben, haften Sie nicht für die Beerdigungskosten. Aber: Wenn Sie als Kind die Bestattung veranlassen, haben Sie unter Umständen einen öffentlich-rechtlichen Bestattungsanspruch (§ 8 Bestattungsgesetze der Länder) und damit eine Zahlungsverpflichtung gegenüber dem Bestatter.

In diesem Fall können Sie von dem tatsächlich vorhandenen Nachlass (z. B. der Versicherungssumme) im Rahmen eines Anspruchs auf Aufwendungsersatz analog § 1968 BGB oder aus Geschäftsführung ohne Auftrag (§§ 677 ff. BGB) Ersatz verlangen. Dieser Ersatz wird aber nur aus dem Nachlass geleistet, nicht durch Auszahlung der Versicherung an Sie direkt, es sei denn, Sie beantragen dies über einen Nachlasspfleger (§ 1960 BGB).

3. Alternative: Bezugsrecht auf Dritte umgestellt
Wäre z. B. Sie selbst als Bezugsberechtigte eingetragen gewesen, fiele die Versicherung nicht in den Nachlass, sondern Sie hätten einen direkten Zahlungsanspruch gegenüber dem Versicherer (§ 159 VVG). Das wäre kein Teil des Erbes, könnte also trotz Erbausschlagung zur Bestattung verwendet werden.

Sofern die Einsetzung Ihrer Mutter als Bezugsberechtigte ein Irrtum war und es Anhaltspunkte dafür gibt, dass ursprünglich ein Dritter (z. B. ein Kind) begünstigt werden sollte, könnte man mit dem Versicherer ggf. eine Korrektur prüfen. Dazu müssten aber schlüssige Nachweise oder ein entsprechender Testierwille dargelegt werden (z. B. handschriftliche Anweisung, Notiz im Versicherungsschein, etc.).

4. Empfehlung für die Praxis
Ausschlagung bleibt sinnvoll, wenn Überschuldung besteht.

Beantragen Sie ggf. die Einsetzung eines Nachlasspflegers durch das Nachlassgericht (§ 1960 BGB), wenn Vermögen zur Deckung der Beerdigung vorhanden ist.

Alternativ können Sie sich als Kind gegenüber dem Sozialamt bzw. der Ordnungsbehörde (je nach Landesrecht) auf Ihre öffentliche Bestattungspflicht berufen und eine Erstattung der Beerdigungskosten aus dem Nachlass geltend machen.

Fazit:
In Ihrer Konstellation fällt die Sterbegeldversicherung in den Nachlass, da Ihre Mutter sich selbst als Bezugsberechtigte eingesetzt hat. Wenn Sie das Erbe ausschlagen, können Sie auf diese Summe nicht direkt zugreifen. Eine Auszahlung an Sie zur Deckung der Bestattungskosten ist nur über Umwege (Nachlasspfleger, Aufwendungsersatz) möglich. Wäre ein Dritter als Bezugsberechtigter eingesetzt worden, hätte dieser das Geld direkt erhalten – unabhängig von der Erbausschlagung.

Ich hoffe, Ihre Frage verständlich beantwortet zu haben und bedanke mich für das entgegengebrachte Vertrauen.

Mit freundlichen Grüßen

Hagen Riemann
(Rechtsanwalt)


Bewertung des Fragestellers 23. Juni 2025 | 07:01

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