Guten Morgen,
gerne gehe ich auf Ihre Fragen zur sekundären Altersvorsorge und deren Auswirkungen auf den Unterhalt ein:
1. Berechnung der sekundären Altersvorsorge (22,6 %-Regelung)
Die 22,6 %-Regelung leitet sich aus der Summe der Arbeitnehmer- und Arbeitgeberbeiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung ab. Der maximale Betrag, der einkommensmindernd berücksichtigt werden kann, wird wie folgt berechnet:
Beitragsbemessungsgrenze 2024/2025: 96.600 € (siehe: https://www.bundesregierung.de/breg-de/aktuelles/beitragsbemessungsgrenzen-2025-2313522 und https://www.deutsche-rentenversicherung.de/DRV/DE/Experten/Zahlen-und-Fakten/Werte-der-Rentenversicherung/werte-der-rentenversicherung.html).
Gesamtbeitragssatz zur Rentenversicherung: 18,6 %.
22,6 % der Beitragsbemessungsgrenze = 96.600 × 0,226 = 21.831,60 €
Umgerechnet auf einen monatlichen Betrag:
21.831,60÷12=1.819,30€.
Da Ihr Bruttoeinkommen oberhalb der Beitragsbemessungsgrenze liegt, können Sie diesen Maximalbetrag als sekundäre Altersvorsorge einkommensmindernd geltend machen. Wenn Sie zusätzliche Altersvorsorge über private Einzahlungen in einen Aktienfonds leisten, wäre ein Betrag von 1.819,30 € monatlich oder 21.831,60 € jährlich grundsätzlich korrekt.
Die von Ihnen berechneten 2.000 € monatlich sind leicht höher als der maximale absetzbare Betrag und sollten angepasst werden, um Konflikte mit der Gegenseite zu vermeiden.
Einmalzahlungen vs. monatlich gleichbleibende Beträge:
Es gibt keine gesetzliche Verpflichtung, dass die Beiträge gleichmäßig über das Jahr verteilt sein müssen. Die entscheidende Voraussetzung ist, dass die Gesamtsumme der Altersvorsorgezahlungen im jeweiligen Kalenderjahr geleistet wurde und nachweisbar ist. Es ist daher meines Erachtens zulässig, geringere monatliche Beträge zu leisten und im letzten Monat eine höhere Einmalzahlung vorzunehmen, um die Einkommensminderung zu maximieren. Solange Sie im Übrigen klar darlegen, dass die Investition in die eigene Altersexistenz fließt, ist unerheblich, wie Sie die Vorsorge ausgestalten. Sie können beispielsweise eine Miet- oder Eigentumswohnung finanzieren, können einen Fond, Riesterrenten oder Lebensversicherungen abschließen. Auch kann es sich lohnen, bestehende Verträge auszuweiten. Gleichermaßen können die Kosten für eine Risikolebensversicherung abzugsfähig sein und können damit helfen, Unterhalt zu sparen, weil diese potentiell geeignet ist, den Unterhalt über den Tod des Pflichtigen hinaus zu sichern (OLG Hamm, Urteil vom 24. Januar 2008, Az: 2 UF 166/07). Gleiches gilt für Raten zu Krankentagegeld- und Berufsunfähigkeitsversicherungen (BGH, Urteil vom 27. Mai 2009, Az: XII ZR 111/08).
Ihr Beispiel mit 11x 1.000 € und 1x 13.000 € = 24.000 € pro Jahr erscheint mir zulässig, solange die Gesamtsumme den maximal ansetzbaren Betrag nicht überschreitet.
Nachträgliche Einzahlungen im Januar, die Sie auf das Vorjahr zurückdatieren möchten, dürften nicht zulässig sein. Einkommensmindernde Beiträge müssen innerhalb des jeweiligen Kalenderjahres erfolgen, um bei der Berechnung des unterhaltsrelevanten Einkommens berücksichtigt werden zu können.
Wenn die Einzahlung erst im Januar erfolgt, zählt sie zum Einkommen des Folgejahres und wirkt sich nur auf die Unterhaltsberechnung für das nächste Jahr aus.
Beachten SIe in diesem Kontext auch die BFH-Rechtsprechung (BFH, Urteil vom 25.4.2018, Az. VI R 35/16):
"Unterhaltsleistungen können nur insoweit nach § 33a Abs. 1 EStG zum Abzug zugelassen werden, als die Aufwendungen dazu bestimmt und geeignet sind, dem laufenden Lebensbedarf des Unterhaltsempfängers im Veranlagungszeitraum der Unterhaltszahlung zu dienen."
Wer also gegen Jahresende eine Unterhaltszahlung leistet, die auch für das folgende Jahr bestimmt ist, hat in steuerrechtlicher Hinsicht im Endeffekt doppelt Pech. Im Jahr der Zahlung ist der Betrag nicht absetzbar, weil er für das Folgejahr bestimmt ist. Im Folgejahr scheitert der Abzug, weil Sie dann ja keine Zahlung erbracht haben.
Falls Sie sichergehen möchten, dass Ihre Vorgehensweise anerkannt wird, sollten Sie die exakten Einzahlungen und deren Verteilung vorab im Rahmen einer Vertretung mit einem Fachanwalt für Familienrecht abstimmen.
Viele Grüße
Antwort
vonRechtsanwalt Valentin Becker
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Tel: 01722456077
Web: https://www.frag-einen-anwalt.de/anwalt/Rechtsanwalt-Valentin-Becker-__l108658.html
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Herzlichen Dank.
1) Ich kann Ihre Berechnung des maximalen Betrags nicht vollständig nachvollziehen. Nach meinem Kenntnisstand sind ~22,6% des Gesamtjahresbrutto als AV möglich, hiervon sind 18,6% von 96.600,00 € (Bemessungsgrenze) bereits über die gesetzliche Rentenversicherung abgedeckt. Ergibt für mich: Max. jährlicher Betrag ~40.000 € (22,6% von 180.000) hiervon 17.967,60 € (18,6% von 96.600€) durch gesetztliche RV abgedeckt. Verbleiben weitere ~24.000 € für sekundäre AV. Dies entspricht ~2000€ / Monat. Dies ist in den Leitlinien der Düsseldorfer Tabelle, 10.1.2, festgelegt ("Für eine zusätzliche Altersvorsorge können sie ebenso wie gesetzlich Rentenversicherte weitere 4 % (bei Elternunterhalt 5 %) ihres Bruttoeinkommens einsetzen.").
2) Zu den nachträglicher Zahlung für 2024 argumentieren Sie aus dem Einkommenssteuergesetz. Mir geht es hier aber nicht um eine steuerliche Bewertung (bzw. Ansetzbarkeit bei der Einkommenssteuer), sondern nur um die unterhaltsrechtliche Bewertung. Lt. Leitlinie der Düsseldorfer Tabelle muss die Zahlung "regelmäßig" erfolgen. Meine Argumentation wäre, dass dergenaue Zeitpunkt der Zahlung weniger relevant ist, solange klar ist, dass die Zahlung für das Vorjahr (2024) bestimmt ist (z.B. Verwendungszweck) und regelmäßig Zahlungen geflossen sind. Auch gelten bei Unterhaltsfragen immer die letzten 12 Monate, nicht unbedingt Kalenderjahr?
Danke & freundliche Grüße
Ihre Berechnung basiert auf den Leitlinien der Düsseldorfer Tabelle (10.1.2), wonach für eine zusätzliche Altersvorsorge neben der gesetzlichen Rentenversicherung weitere 4 % des Bruttoeinkommens abgesetzt werden können in Übereinstimmung mit den BGH-Grundsätzen (BGH, Urteil vom 11. Mai 2005 - XII ZR 211/02):
"Was die Höhe der Aufwendungen anbelangt, erscheint es nach Auffassung des Senats gerechtfertigt, in Anlehnung an den Höchstförderungssatz der
sogenannten "Riester-Rente" einen Betrag von bis zu 4 % des Gesamtbruttoeinkommens des Vorjahres als angemessene zusätzliche Altersversorgung anzusehen. Darüber hinausgehende Leistungen müssen unterhaltsrechtlich außer Betracht bleiben."
(siehe auch https://www.olg-duesseldorf.nrw.de/infos/Duesseldorfer_Tabelle/Tabelle-2024/2023_12_21_Leitlinien_2024.pdf)
Das bedeutet:
Gesamtrahmen: 22,6 % des Bruttoeinkommens können für Altersvorsorge eingesetzt werden (18,6 % gesetzlich + 4 % sekundär).
Ihre Situation:
Ihr Jahresbrutto beträgt ca. 185.000 €, davon entfallen ca. 96.600 € auf die Beitragsbemessungsgrenze.
Von den 22,6 % dürfen 18,6 % der Bemessungsgrenze (17.967,60 €) als bereits gedeckt gelten.
Die Differenz, die auf Ihre sekundäre Altersvorsorge entfällt, dürfte demnach betragen:
22,6% × 185.000€ = 41.810€ (maximaler Gesamtbetrag)
41.810€ − 17.967,60€ = 23.842,40 €
23.842,40€ ÷ 12 ≈ 1.986,87 €.
Ihre Berechnung der 2.000 € monatlich ist damit meines Erachtens nachvollziehbar und erscheint mir in Übereinstimmung mit den Leitlinien der Düsseldorfer Tabelle korrekt.
(siehe zur sekundären Altersvorsorge etwa auch Seite 27 bei: https://www.iww.de/fk/unterhalt/ehegattenunterhalt-gleiches-recht-fuer-alle-sekundaere-altersvorsorge-fuer-den-unterhaltspflichtigen-und-den-berechtigten-f125723?save)
Einmalzahlung oder regelmäßige monatliche Einzahlungen?
Die Leitlinien der Düsseldorfer Tabelle geben an, dass die Altersvorsorge „regelmäßig" erfolgen muss, definieren jedoch nicht, dass monatlich gleichbleibende Zahlungen erforderlich sind. Ihre Argumentation, dass der Zeitpunkt der Zahlung weniger relevant ist, solange eine klare Zweckbestimmung vorliegt, ist unterhaltsrechtlich nachvollziehbar.
Solange Sie dokumentieren können, dass die Beiträge für das betreffende Jahr (z. B. 2024) bestimmt sind und die Gesamtsumme dem Zweck der Altersvorsorge dient, erscheint die Verteilung flexibel.
Ihr Beispiel (11 x 1.000 € + 1 x 13.000 € = 24.000 €) ist daher unterhaltsrechtlich vertretbar. Die monatliche Durchschnittszahlung bleibt bei ca. 2.000 € und dürfte den „Regelmäßigkeits"-Grundsatz erfüllen.
Nachträgliche Einmalzahlung für das Vorjahr (Januar 2025 für 2024):
Die Frage, ob eine im Januar 2025 geleistete Zahlung noch für das Jahr 2024 einkommensmindernd berücksichtigt werden kann, hängt davon ab, ob sie unterhaltsrechtlich dem Vorjahr zugeordnet werden kann.
Das Kalenderjahr ist für die unterhaltsrechtliche Bewertung nicht strikt maßgeblich. Entscheidend ist die Betrachtung des unterhaltsrelevanten Einkommens der letzten 12 Monate vor dem Stichtag. So kann Ihnen gegenüber Auskunft über das Einkommen der letzten 12 Monate verlangt werden, bei Selbständigen sogar über das Einkommen der letzten drei Jahre. Denn das Einkommen ist meist nicht Monat für Monat gleich hoch. Angestellte bekommen ja eben oftmals Urlaubs- bzw. Weihnachtsgeld oder Tantiemen, haben monatlich unterschiedlich hohe Spesen oder unterschiedlich hohe Einnahmen aus Überstunden...
Eine Einmalzahlung im Januar 2025 könnte daher berücksichtigt werden, wenn der Verwendungszweck eindeutig ist (z. B. „Altersvorsorge 2024"), regelmäßige Einzahlungen im Jahr 2024 dokumentiert wurden und der Betrag im Gesamtkontext (Rückschau auf 12 Monate) nachvollziehbar bleibt.
Sie könnten ggf. im Streitfall argumentieren, dass die Zahlung für das Vorjahr bestimmt war, da Unterhaltsberechnungen ohnehin auf die Durchschnittswerte der letzten 12 Monate abzielen. Es wäre jedoch aus meiner Sicht rechtlich sauberer, sämtliche Zahlungen für 2024 auch in diesem Kalenderjahr zu leisten, um potenzielle Streitigkeiten zu vermeiden!
Beste Grüße und alles Gute!