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Schuldner entzieht sich (Klingel- und Briefkastenschild ab)

13. Mai 2022 10:24 |
Preis: 40,00 € |

Zwangsvollstreckung, Zwangsversteigerung


Beantwortet von


in unter 2 Stunden

Hallo,
kurz zur Vorgeschichte: Ich kenne den Schuldner und er hat zeitlebens immer Schulden gemacht und immer versucht, sich den Gläubigern zu entziehen, sich nicht bei Meldeämtern gemeldet etc.
Ich versuche seit fast einem Jahr zu vollstrecken, zur Abgabe der VA erschien er nicht, Haftbefehl stünde noch offen, aber es besteht jetzt folgendes Problem:

Er ist durch mein Tätig-Werden zwar zwangsangemeldet bei der Stadt XY, es hat sich nun jedoch Briefkastenschild aus seiner Wohngemeinschaft verändert, sodass sein Name nicht auf dem Schild steht und nachweislich keine Post, auch nicht vom Gerichtsvollzieher an diese Adresse an ihn zustellbar ist. Beim Einwohnermeldeamt ist er noch unter dieser Adresse gemeldet, ebenso bei seinem Arbeitgeber (mir im Wege der wenig fruchtbaren Lohnpfändung bekannt).

Entweder ist er umgezogen ohne jmd, die Adresse mitzuteilen (nicht ungewöhnlich für ihn) oder hat die Schilder geändert. Ermittlungen vor Ort ergeben nichts, Nachbarn nicht zu erreichen, schwierige Wohngegend.

Mir ist zwar bekannt, dass niemand verpflichtet ist, ein Klingel und Briefkastenschild zu führen, aber:

Für beide Varianten (Umzug ohne Meldung oder Entfernung der Schilder): Was bedeutet es im Rahmen der Zwangsvollstreckung?
- Darf der Schuldner sich derart entziehen bzw. welche rechtlichen Konsequenzen hat dies, auch strafrechtlich?
- Kann ich Strafanzeige deswegen stellen?
- Und kann ich dennoch Haftbefehl für Vollstreckung an dieser Wohnung beantragen mit der og. Erklärung?

(ggf. ist hier noch wichtig zu wissen, dass auch ein Eingehungsbetrug in Frage kommt. Der Schuldner hatte zum Zeitpunkt meines Darlehens an ihn bereits seit Jahren sehr schlechte Bonitätswerte, auch bei den Auskunfteien, kein Einkommen und wusste vermutlich, dass er es nicht zurückzahlen wird, ggf. ist das relevant).

13. Mai 2022 | 11:33

Antwort

von


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Sehr geehrter Fragesteller,

unter Berücksichtigung der von Ihnen zur Verfügung gestellten Informationen möchte ich nachfolgend gerne die von Ihnen gestellte Anfrage beantworten.

Beachten Sie jedoch bitte, dass im Einzelfall weitergehende Informationen für eine fundiertere Einschätzung der Rechtslage erforderlich sein können und dass das Fehlen relevanter Informationen dazu führen kann, dass die Einschätzung unter Berücksichtigung solcher Informationen eine andere sein könnte. Auch kann diese Einschätzung in vielen Fällen ein persönliches Beratungsgespräch nicht ersetzen.


Die Rechtslage stellt sich hier wie folgt dar:


1. Zustellung von Schriftstücken bei Zugangsvereitelung

Grundsätzlich ist eine Person außerhalb von bestehenden Vertragsverhältnissen nicht zur Vorhaltung von Empfangsvorrichtungen verpflichtet. Wenn der Empfänger im Rahmen solcher Verhältnisse aber mit der Übermittlung von Erklärungen rechnen muss, besteht eine solche Pflicht sehr wohl. Hier dürfte dies - auch wenn ich es aus Ihrer Schilderung nicht mit Sicherheit entnehmen kann - der Fall sein. Das führt aber - sofern kein Vorsatz vorliegt - nicht automatisch auch zu einem Zugang der Erklärung.

Im Falle einer vorsätzlichen Zugangsvereitelung gilt ein Schriftstück, obwohl es dem Empfänger tatsächlich nicht zugegangen ist, dennoch als zugegangen. Dies ist etwa dann der Fall, wenn der Empfänger Briefkasten- und Klingelschild bewusst entfernt, um den Zugang zu verhindern. Dann muss er sich nach Treu und Glauben so behandeln lassen, als sei die Erklärung zugegangen, vgl. BGH, Urteil vom 26. 11. 1997 - VIIIZR22/97.

Es hängt daher davon ab, ob der Empfänger wirklich arglistig solche Maßnahmen vorgenommen hat. Der bloße Umzug, ohne sich zu melden, dürfte für sich genommen nicht ausreichen, es sei denn, dies erfolgte gerade, um Zugänge zu verhindern, was aber schwer nachweisbar sein wird.

Eine strafrechtliche Relevanz ist allein durch dieses Verhalten allerdings nicht gegeben. Eine Strafanzeige ergibt daher insoweit keine Sinn, wenn nicht aufgrund anderer Umstände eine Strafbarkeit in Betracht kommt.

2. Vermögensauskunft, Haftbefehl

Wenn es aber um die Abgabe einer Vermögensauskunft geht, gelten diese Grundsätze so natürlich nicht, da hier der Schuldner selbst Erklärungen abgeben muss. Hier gilt nach den §§ 802f, 802g ZPO aber, dass bei pflichtwidriger Säumnis des Schuldners ein Haftbefehl beantragt werden kann, um die Abgabe zu erzwingen. Dies ist hier offenbar ja bereits geschehen und dieser erlassen worden.

Dann muss dieser "nur" vollstreckt werden. Dies kann an jedem Ort geschehen, wo sich der Schuldner aufhält. Wenn Sie den Vollstreckungsbehörden (Gerichtsvollzieher unter Zuhilfenahme der Polizei) glaubhaft machen können, dass der Schuldner dort tatsächlich anzutreffen wird, werden diese versuchen, den Haftbefehl dort zu vollstrecken.

3. Eingehungsbetrug

Der mögliche Eingehungsbetrug ist hiervon zu trennen. Hier kann ein strafrechtliches Verhalten vorliegen, welches Sie auch zur Anzeige bringen können.


Ich hoffe, Ihnen mit diesen Informationen bestmöglich geholfen zu haben und wünsche Ihnen alles Gute.

Mit freundlichen Grüßen

Christian Lenz
-Rechtsanwalt-


Rechtsanwalt Christian Lenz

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