Sehr geehrte Fragestellerin,
ich bedanke mich für Ihre Frage, zu der ich auf der Grundlage Ihrer Schilderung gerne wie folgt Stellung nehme:
I. Nach der einstweiligen Verfügung ist ihr Nachbar verpflichtet, Barrikaden und Überwuchs auf seinem Grundstück zu entfernen. Diese geschuldete Handlung dürfte eine vertretbare Handlung im Sinne des § 887 Abs. 1 ZPO sein. Denn es ist unter keinem Gesichtspunkt erforderlich und es kommt Ihnen unter keinem Gesichtspunkt darauf an, dass gerade Ihr Nachbar selbst sein Grundstück passierbar macht. Vielmehr kann dies rein tatsächlich ohne Weiteres ein Dritter erledigen; entscheidend ist nur, dass die Barrikaden und der Überwuchs beseitigt werden.
Sie werden sich deshalb vom Gericht ermächtigen lassen müssen, die Handlung(en), die Ihr Nachbar nach der einstweiligen Verfügung vornehmen lassen muss, auf seine Kosten vornehmen zu lassen (sog. Ersatzvornahme; vgl. § 887 Abs. 1 ZPO).
Zuständig für einen entsprechenden Antrag ist das Prozessgericht des ersten Rechtszug. Das ist das in der Hauptsache in erster Instanz zuständige Gericht, also das Gericht, das Sie hätten anrufen müssen, wenn Sie Ihren Nachbarn verklagt hätten, statt eine einstweilige Verfügung zu beantragen.
Der Beschluss dieses Gerichts, der Sie zu der begehrten Ersatzvornahme ermächtigt, verpflichtet Ihren Nachbarn zugleich, die Vornahme der notwendigen Handlung(en) und insbesondere das Betreten seines Grundstücks zu dulden (vgl. auch § 892 ZPO). Es schadet aber freilich nicht, wenn dem Nachbarn eine Duldung ausdrücklich aufgegeben wird.
II. Etwas komplizierter liegen die Dinge, wenn zwar tatsächlich "jedermann" die Barrikaden und den Überwuchs beseitigen kann, jedoch ein Dritter diese Maßnahme dulden muss. So liegt es etwa, wenn sich die einstweilige Verfügung gegen den Eigentümer des Nachbargrundstücks richtet und dieser das Grundstück vermietet hat. Dann nämlich ist eine Zwangsvollstreckung nach § 887 Abs. 1 ZPO, wie ich sie soeben geschildert habe, nur möglich, wenn der Mieter mit einer Beseitigung der Barrikaden und des Überwuchses einverstanden ist oder Sie auch gegen ihn einen entsprechenden (Duldungs-)Titel erstritten haben. Ist beides nicht der Fall, muss Ihr Gegner – der Grundstückseigentümer – durch ein Zwangsgeld oder durch Zwangshaft zur Vornahme der nach der einstweiligen Verfügung geschuldeten Handlung angehalten werden (vgl. § 888 Abs. 1 ZPO).
Dessen bedarf es aber nur – das sei wiederholt – wenn ein Dritter "mitreden" darf, wenn es darum geht, ob das Nachbargrundstück betreten werden darf und ob dort Arbeiten vorgenommen werden dürfen. Richtet sich die einstweilige Verfügung dagegen gegen den Grundstückseigentümer und bewohnt dieser das Grundstück selbst, müssen Sie sich, wie oben geschildert, zu einer Ersatzvornahme ermächtigen lassen.
Im Zweifel sollten Sie einen Ermächtigungsantrag im Sinne von § 887 Abs. 1 ZPO stellen und hilfsweise die Festsetzung eines Zwangsgelds beantragen. Es ist dann Sache Ihres Schuldners darzulegen, dass und warum ihm die Vornahme der titulierten Handlung (Beseitigung der Barrikaden und des Überwuchses) unmöglich ist.
Ich hoffe, dass ich Ihnen weiterhelfen konnte. Bitte nutzen Sie bei Bedarf die Möglichkeit, eine kostenlose Nachfrage zu stellen.
Mit freundlichen Grüßen
Peter Trettin
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