Sehr geehrte(r) Ratsuchende(r),
haben Sie vielen Dank für Ihre Rechtsfrage.
- Wo sehen Sie Chancen und Schwierigkeiten für eine entsprechende Schadensersatz-Klage?
Im Grundsatz haben Sie einen Schadensersatzanspruch gegen die öffentliche Hand nur bei rechtswidrigen Maßnahmen. Sie müssten daher geltend machen, dass die Maßnahmen, aufgrund derer Ihr Betrieb die Umsatzeinbußen erfahren hat, rechtswidrig sind. Einfallstor für die Behauptung der Rechtswidrigkeit wären Zweifel an der Verhältnismäßigkeit der Maßnahmen, wie sie das Grundgesetz verlangt.
Nach dem Verhältnismäßigkeitsprinzip müssen sämtliche hoheitliche Maßnahmen geeignet, erforderlich und angemessen sein:
Geeignetheit betrifft die Eignung, den angestrebten Gesetzeszweck zu erreichen oder zu fördern. Die Geeignetheit kann m.E. kaum angezweifelt werden.
Erforderlichkeit bedeutet, dass keine weniger einschneidenden Maßnahmen ersichtlich sind, deren Ergreifung gleich geeignet wäre, um den Gesetzeszweck zu erreichen bzw. zu fördern. Wenn Sie konkret auf Ihren Betrieb darlegen könnten, dass es ebenso geeignete, weniger einschneidende Maßnahmen gäbe, so wären die Einschränkungen unter diesem Gesichtspunkt rechtswidrig.
Angemessenheit bedeutet, dass die Maßnahmen nicht außer Verhältnis zum erstrebten Zweck stehen dürfen. Es handelt sich hierbei um eine Abwägungsentscheidung, die in dem Vermerk, auf den Sie verweisen, zu Lasten des Gesetzgebers ausfällt. Indes handelt es sich bei dem Vermerk zum einen nur um eine rechtliche Einschätzung und keine gerichtliche Entscheidung. Zum anderen ist diese Einschätzung insofern vage, als sie sich nicht auf ein konkretes Gesetz oder eine Maßnahme bezieht, sondern allgemeiner Natur ist. Die fehlende Angemessenheit muss konkret in Bezug auf die angegriffene Maßnahme dargelegt werden. Mit Blick auf die hohe Priorität der Volksgesundheit bzw. des Seuchenschutzes sind grundsätzlich auch intensive Grundrechtseingriffe, z.B. in die Berufs-/Gewerbefreiheit, durchaus möglich. Je geringer jedoch die Gefahren sind, die von einem Besuch Ihres Restaurants ausgehen, umso weniger einschneidend dürfen die Maßnahmen sein. In diesem Zusammenhang fließt zum einen die Frage ein, inwiefern die Unterbindung von Restaurantbesuchen in der Tat zum Seuchenschutz beiträgt - dies ist weniger eine juristische, als eine epidemiologische Fragestellung, die ggf. sachverständigenseits zu erörtern wäre. Hiervon hängen letzten Endes die Erfolgsaussichten eines Vorgehens ab.
- Welche Vorarbeiten wären jetzt nötig, um sich für später die Chancen für eine Klage offen zu halten?
Es gilt der Vorrang des Primärrechtsschutzes, d.h. wenn Zweifel an der Verhältnismäßigkeit eines Gesetzes bestehen, so müssen Sie das Gesetz und damit die Schließung Ihres Betriebs direkt angreifen. Es ist nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichtes nicht zulässig, rechtswidrige Maßnahmen zu dulden und sodann seinen Schaden zu liquidieren (Beschluss des Ersten Senats vom 15. Juli 1981 – 1 BvL 77/78).
- Welche Fristen sind einzuhalten?
Es gibt hier keine generelle Rechtsmittelfrist. Nur wenn Ihr Betrieb durch eine Einzelverfügung geschlossen wurde, so gilt bei ordnungsgemäßer Rechtbehelfsbelehrung eine einmonatige Frist für Widerspruch bzw. Anfechtungsklage. Andernfalls besteht keine Rechtsmittelfrist, wobei Sie jedoch aufgrund des oben Gesagten möglichst bald gegen die Rechtsgrundlagen für die Schließung vorgehen sollten.
Ich hoffe, ich konnte Ihnen mit meiner Auskunft behilflich sein.
Mit freundlichen Grüßen
- Rechtsanwalt -
Danke für die ausführliche Information Herr Rechtsanwalt!
Könnte es für eine Unangemessenheit einer speziellen Maßnahme reichen, wenn nachzuweisen wäre, dass eine Bewertung der Nebenwirkungen in Bezug auf Menschenleben und Materielles - aller - Maßnahmen auf Bundesebene gar nicht durchgeführt wurde?
Herr Kohn führt auf S. 67 ja näher aus, dass wenn es eine solche Kosten-Nutzen-Analyse gäbe, diese mit größter Wahrscheinlichkeit auch auf seinem Schreibtisch als Stellvertretender Referatsleiter unterhalb der Abteilung "Krisenmanagement und Bevölkerungsschutz" hätte zu liegen kommen müssen.
Sehr geehrte(r) Ratsuchende(r),
haben Sie vielen Dank für Ihre Nachfrage.
Wie ich Ihnen bereits mitteilte, ist ein Gesetz dann verfassungswidrig, da unangemessen, wenn die Maßnahme nicht in angemessenem Verhältnis zum Gesetzeszweck steht. Wenn das Gesetz also infolge eines gesetzgeberischen Abwägungsausfalls unverhältnismäßig ist, so kann es einer verfassungsrechtlichen Prüfung seitens der Gerichte nicht standhalten.
Mit freundlichen Grüßen
- Rechtsanwalt -