Sehr geehrter Ratsuchender,
vorweg möchte ich Sie darauf hinweisen, dass diese Plattform nur dazu dienen soll, Ihnen einen ersten Eindruck der Rechtslage zu vermitteln. Die Leistungen im Rahmen einer persönlichen anwaltlichen Beratung/Vertretung können und sollen an dieser Stelle nicht ersetzt werden.
Durch Weglassen oder Hinzufügen von wesentlichen Tatsachen kann die Beurteilung Ihres Anliegens anders ausfallen. Es können nur die wesentlichen Aspekte des Falles geklärt werden.
Aufgrund Ihrer Angaben beantworte ich Ihre Frage wie folgt:
Der Zuschlag in einem Versteigerungsverfahren kann tatsächlich auf Antrag eines benachteiligten Gläubigers versagt werden, wenn 70 % des festgesetzten Verkehrswertes nicht erreicht werden. Die Versagung des Zuschlages wegen nicht Erreichung der Wertgrenze kann jedoch nur einmal erfolgen. Im zweiten Versteigerungstermin kann der Zuschlag nicht mehr unter dieser Voraussetzung versagt werden. § 74 a ZVG
Nach Ihrer Schilderung scheint Ihr Anwalt Sie nicht über diese Pflicht zur Antragstellung belehrt zu haben, so dass Sie den Zuschlag nicht verhindert haben. Ihr Anwalt selbst hat wohl den Zuschlag trotz seines Wissens um die zugrunde liegenden Zahlen auch nicht verhindert. Dies kann zu einer Pflichtverletzung des Anwaltsvertrages geführt haben.
Da es sich vorliegend wohl um einen Beratungsfehler handeln wird, müssen Sie als Mandant darlegen und bei Bestreiten beweisen, dass Sie fehlerhaft und unvollständig beraten wurden.
Meines Erachtens sollten Sie daher dringend einen Anwalt vor Ort aufsuchen, um mit diesem das weitere Vorgehen zu besprechen. Sie sollten diesem alle Unterlagen vorlegen. Es erscheint angebracht, einen entsprechenden Schadensersatzanspruch geltend zu machen. Ihr ehemaliger Rechtsanwalt hat hierzu eine Vermögensschadenhaftpflichtversicherung, die in Fällen von Vermögensschäden einspringt. Da Ihr Bruder bei dem Telefonat anwesend war, bei dem Sie dem Anwalt die Zahlen der Zwangsversteigerung durchgegeben haben, haben Sie einen Zeugen, der die umfassende Information des Rechtsanwalts bestätigen kann. Zudem haben Sie zu Beweiszwecken auch die E-mail, dass sich Ihr Rechtsanwalt der Sache am Tage des Zuschlages noch annehmen wolle. Daher scheint ihm ja grundsätzlich die Dringlichkeit bewusst gewesen zu sein. Der Rechtspfleger kann bezeugen, dass ein entsprechender Antrag, die Versteigerung unter 70% zu versagen, nicht gestellt wurde.
Beim Aufsuchen eines Anwaltes sollten Sie sich allerdings bewusst sein, dass hierdurch weitere Kosten entstehen. Sollten Sie ein Gerichtsverfahren anstreben, müssten Sie in jedem Fall von einem Anwalt vertreten sein, da es sich um ein Verfahren mit Anwaltszwang handeln wird.
Ich hoffe, ich konnte Ihnen eine erste rechtliche Orientierung bieten.
Ich verbleibe mit freundlichen Grüßen,
Mareike Preu
Rechtsanwältin
www.kanzlei-preu.de
§ 74 a ZVG
(1) Bleibt das abgegebene Meistgebot einschließlich des Kapitalwertes der nach den Versteigerungsbedingungen bestehen bleibenden Rechte unter sieben Zehnteilen des Grundstückswertes, so kann ein Berechtigter, dessen Anspruch ganz oder teilweise durch das Meistgebot nicht gedeckt ist, aber bei einem Gebot in der genannten Höhe voraussichtlich gedeckt sein würde, die Versagung des Zuschlags beantragen. Der Antrag ist abzulehnen, wenn der betreibende Gläubiger widerspricht und glaubhaft macht, dass ihm durch die Versagung des Zuschlags ein unverhältnismäßiger Nachteil erwachsen würde.
(2) Der Antrag auf Versagung des Zuschlags kann nur bis zum Schluss der Verhandlung über den Zuschlag gestellt werden; das gleiche gilt von der Erklärung des Widerspruchs.
(3) Wird der Zuschlag gemäß Absatz 1 versagt, so ist von Amts wegen ein neuer Versteigerungstermin zu bestimmen. Der Zeitraum zwischen den beiden Terminen soll, sofern nicht nach den besonderen Verhältnissen des Einzelfalles etwas anderes geboten ist, mindestens drei Monate betragen, darf aber sechs Monate nicht übersteigen.
(4) In dem neuen Versteigerungstermin darf der Zuschlag weder aus den Gründen des Absatzes 1 noch aus denen des § 85a Abs. 1 versagt werden.
(5) Der Grundstückswert (Verkehrswert) wird vom Vollstreckungsgericht, nötigenfalls nach Anhörung von Sachverständigen, festgesetzt. Der Wert der beweglichen Gegenstände, auf die sich die Versteigerung erstreckt, ist unter Würdigung aller Verhältnisse frei zu schätzen. Der Beschluss über die Festsetzung des Grundstückswertes ist mit der sofortigen Beschwerde anfechtbar. Der Zuschlag oder die Versagung des Zuschlags können mit der Begründung, dass der Grundstückswert unrichtig festgesetzt sei, nicht angefochten werden.
Diese Antwort ist vom 07.09.2007 und möglicherweise veraltet. Stellen Sie jetzt Ihre aktuelle Frage und bekommen Sie eine rechtsverbindliche Antwort von einem Rechtsanwalt.
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Vielen Dank für die Auskunft.
Für mich wäre noch wichtig zu wissen, was ist mit dem bestehenden Rechten (Grundschuld und Wohnrecht). Die Grundschuld valutiert nicht mehr, aber meine Ex hat einer Löschung nicht zugestimmt. Was geschieht nun mit dieser? Und wie ist das Wohnrecht einzustufen, da sie dieses mit in die Ehe gebracht hat, aber beim Anfangsvermögen ihrerseits wurde dies nicht in Abzug gebracht?
Sehr geehrter Fragesteller,
bei Ihrer „Nachfrage“ handelt es sich leider nicht um eine solche, sondern Sie wünschen die Beurteilung einer weiteren Fallkonstellation.
Zur Beurteilung des Zugewinnsausgleichs unter Einbeziehung des Wohnrechts sowie der nicht mehr valutierenden Grundschuld liegen aber zudem auch nicht genügend Informationen vor.
In jedem Fall sollten Sie hinsichtlich des Zugewinnausgleichs einen weiteren Anwalt zu Rate ziehen. Sollte bereits ein Urteil oder ein vergleich geschlossen worden sein, sind hier in jedem Fall die Rechtmittelfristen zu beachten.
Mit freundlichen Grüßen,
Mareike Preu
Rechtsanwältin