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Schadenersatz wegen Verletzung der ärztlichen Schweigepflicht mit übler Nachrede

| 12. Februar 2022 19:49 |
Preis: 30,00 € |

Schadensersatz


Beantwortet von


07:42

Sehr geehrte Damen und Herren,

ich wurde im letzten Jahr in ein Strafverfahren verwickelt, weil ein junger Polizist mir auf einer genehmigten Demonstration im Februar 2021 unterstellte, vorsätzlich und wissentlich ein unrichtiges Gesundheitszeugnis benutzt zu haben. Er beanstandete, dass es keine Diagnose enthielt, sondern nur einen Vermerk, dass die Befreiung aus gesundheitlichen Gründen erfolgt, und setzte mich unter Druck, ihm entweder die Diagnose zu nennen oder er leite ein Strafverfahren ein. Mir war das Ganze suspekt, weil das Attest zuvor schon viele Male in verschiedenen Alltagssituationen von anderen Polizisten kontrolliert und immer ohne Probleme akzeptiert worden war.

Normalerweise hätte ich freigesprochen werden müssen, da ich die mir vorgeworfene Tat nicht begangen habe. Vom Strafverteidiger, den ich beauftragte, erfuhr ich aus der Ermittlungsakte, dass die Ärztin, die das Attest ausgestellt hatte, das Problem war. Sie hat bei ihrer polizeilichen Vernehmung im August 2021u. a. ausgesagt, ich hätte das Attest erschlichen, sie fühle sich getäuscht, was nicht der Realität entspricht. Ich hatte ihr meine Symptome beim Tragen von Masken geschildert und sie hatte danach das Attest ausgestellt, hatte sogar eingeräumt, dass sie selbst abends fix und fertig sei nach einem ganzen Tag Maskentragen.

Wohl aufgrund der Aussage der Ärztin endete das Verfahren nicht mit einem Freispruch, sondern wurde nur nach § 153 Abs. 2 vorläufig eingestellt gegen die Zahlungsauflage von 400,00 € binnen 2 Monaten. Für mich ist es ein totales Ärgernis, dass ich aufgrund der üblen Nachrede der Ärztin incl. der Rechtsanwaltskosten auf rd. 1.300,00 € Rechtskosten sitzen bleibe. Das Hauptverfahren könnte lt. Strafverteidiger mit weiteren hohen Kosten verbunden sein. Er sagte mir, ich könne gegen die Ärztin wegen ihrer Schweigepflichtverletzung Anzeige erstatten, vielleicht auch zivilrechtlich Schadenersatz fordern. Er könne das Verfahren aber nicht betreiben, da er Strafverteidiger sei.

Kann ich die Ärztin wegen der Schweigepflichtverletzung und üblen Nachrede rechtlich belangen, habe ich ggf. Anspruch auf Schadenersatz für die mir entstandenen Rechtskosten durch ihre Falschaussage, die mich zu Unrecht belastet hat? Bei einem Freispruch wären die Kosten von der Staatskasse übernommen worden.

Freundliche Grüße

12. Februar 2022 | 20:31

Antwort

von


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Sehr geehrter Fragesteller,

auf Grundlage der durch Sie mitgeteilten Informationen beantworte ich Ihre Frage wie folgt:

Fraglich wäre zunächst, ob in Ihrem Fall eine Verletzung der ärztlichen Schweigepflicht gemäß § 203 StGB vorliegt.

Nach Ihren Angaben gehe ich davon aus, dass Sie keine explizite schriftliche Entbindung von der ärztlichen Schweigepflicht vorgenommen haben.

Insoweit könnte aber die Vorlage des Attests und dessen Nutzung im Rechtsverkehr als konkludente Entbindung von der Schweigepflicht zu den Beweggründen für die Ausstellung des Attestes gewertet werden. Das haben jedenfalls verschieden Gerichte in der Vergangenheit so entschieden, wenn ärztliche Atteste benutzt wurden. Hintergrund ist, dass anderenfalls die Richtigkeit des Attestes durch die Stelle, der es vorgelegt wird nicht überprüft werden könnte. Vgl. dazu z.B.OLG Frankfurt, 19.05.2005 - 3 Ws 405/05 .

Deshalb würde ich im Ergebnis davon ausgehen, dass die Ärztin sich nicht wegen einer Verletzung ihrer ärztlichen Schweigepflicht strafbar gemacht hat.

Aufgrund der Aussage der Ärztin, dass Sie leichtfertig oder trotz besseren Wissens das Attest ausgestellt hat, könnte man an eine Strafbarkeit nach § 278 StGB wegen der Ausstellung eines unrichtigen Gesundheitszeugnisses denken. Da es diesen Straftatbestand im Februar 2021 und davor noch nicht gab, scheidet das aber ebenfalls aus.

Eine Strafbarkeit wegen der falschen Behauptung, dass Sie über das Vorliegen von Gründen für das Attest getäuscht haben käme nach den §§ 186, 187 BGB in Betracht.

Allerdings müssten Sie dann auch den Beweis führen, dass Sie zum damaligen Zeitpunkt tatsächlich die Ärztin nicht getäuscht haben.

Anderenfalls kommt eine Strafbarkeit nicht in Betracht.

Eine Strafbarkeit der Ärztin würde ich also tendenziell eher verneinen und wenn, dann wäre der Nachweis äußerst schwer.

Zur Frage des Schadensersatzanspruches müssten Sie nachweisen, dass Ihnen durch ein vorsätzliches oder fahrlässiges Verhalten der Ärztin ein Schaden entstanden ist. Soweit man davon ausgehen darf, dass Sie das Attest genutzt haben, weil Sie auf das Attest vertraut haben und die Ärztin dazu auch von der Polizei befragt werden und eine Aussage machen durften, sehe ich bereits kein Fehlverhalten der Ärztin, an das man mit einem Schadensersatzanspruch anknüpfen könnte.

Wenn der Nachweis gelingen würde, dass die Ärztin eine falsche Aussage bei der Polizei gemacht hat, dann wären aber dennoch das Ermittlungsverfahren und die dadurch entstandenen Kosten nicht durch die Ärztin verursacht worden und Sie hätten auch dann keinen Anspruch auf Erstattung der Kosten. Die Geldauflage müssten Sie dann aber nicht bezahlen und wenn Sie freigesprochen werden, müssen Sie auch nicht die Kosten für Ihren Verteidiger und für das Verfahren tragen. Dann gäbe es also auch keinen wirtschaftlichen Schaden mehr.

Mit freundlichen Grüßen
-Rechtsanwältin-


Rückfrage vom Fragesteller 12. Februar 2022 | 23:36

Sehr geehrte Frau Stadler,

vielen Dank für Ihre schnelle Antwort. Ich habe keine Entbindung von der Schweigepflicht vorgenommen.

Ich habe von der Vernehmung der Ärztin erst knapp 4 Monate nach der Vernehmung kurz vor der mündlichen Verhandlung im Dezember 2021 vom Verteidiger erfahren, ich hatte sie nicht von der Schweigepflicht entbunden.

Ich habe sie selbstverständlich nicht getäuscht, ich habe bei einem normalen Arztbesuch meine Beschwerden beim Atmen unter Masken geschildert und musste nach dem Ausstellen des Attestes darauf vertrauen, dass mit dem Attest alles in Ordnung ist. Die Arztpraxis kannte auch meine gesundheitlichen Befunde, ich war dort schon über 10 Jahre in Behandlung.

Wie sieht es mit der Haftung des jungen Polizisten aus, der das Strafverfahren eingeleitet hat? Er war der einzige Polizist, der behauptete, dass das Attest eine Diagnose enthalten müsste. Von allen anderen Polizisten wurde es bei Kontrollen immer ohne Probleme akzeptiert. Man sollte annehmen können, dass für alle Polizisten die gleichen Beurteilungsmaßstäbe gelten.

Freundliche Grüße

Antwort auf die Rückfrage vom Anwalt 13. Februar 2022 | 07:42

Sehr geehrter Fragesteller,

gerne beantworte ich auch Ihre Nachfrage:

Die Entbindung von der Schweigepflicht würde man in Ihrem Fall in die Vorlage des Attestes gegenüber der Polizei hineinlesen. Sie können deshalb durchaus Strafanzeige erstatten, aber die Gerichte würden das wohl im Sinne Ihrer Ärztin entscheiden.

Es wird für Sie auch sehr schwer bis unmöglich sein nachzuweisen, dass die Ärztin gelogen hat. Diese belastet sich immerhin nach dem mittlerweile geltenden Recht selbst mit der Aussage, dass Sie ein Gesundheitszeugnis ausgestellt hat, das so nicht richtig ist. Der Arztbesuch selbst wird ohne weitere Zeugen stattgefunden haben.

Dass der Polizist ein Ermittlungsverfahren eingeleitet hat begründet keine Schadensersatzpflicht. Das Verfahren hat in Ihrem Fall nicht zu einem Schaden im rechtlichen Sinne geführt, weil das Verfahren eingestellt worden ist und es gerade der Sinn eines solchen Verfahrens ist zu klären, ob ein Vorwurf berechtigt ist. Wenn das Verfahren eingestellt wird besteht, anders als bei einem Freispruch, kein Anspruch auf Erstattung der Kosten.

Das Attest hätte in jedem Fall durch den Polizisten hinterfragt werden dürfen. Insoweit gibt es auch keinen Anspruch auf eine Gleichbehandlung, da das Attest eben auch inhaltlich überprüft werden darf. Da es bis Ende 2021 keine Strafbarkeit der Ärzte gab, die ein falsches Attest ausstellen, kann sich insoweit auch im Laufe der Pandemie durchaus die Praxis der Polizei bei der Überprüfung verschärft haben. Was in Ihrem Fall zu dem unschönen Ergebnis führt, dass Ihre Ärztin ohne eigenes Risiko die Hintergründe der Einholung des Attestes nicht adäquat geschildert hat.

Es tut mir leid, dass ich keine günstigere Antwort für Sie habe.

Mit freundlichen Grüßen
-Rechtsanwältin-

Bewertung des Fragestellers 13. Februar 2022 | 08:58

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