Rückzahlungsklausel im Ausbildungsvertrag (duales Studium) – rechtliche Wirksamkeit
13. Februar 2025 12:43
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101,00 €
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Beantwortet von
Ich habe einen Ausbildungsvertrag für ein dreijähriges praxisintegriertes duales Studium der Informatik mit dem Abschluss B. Eng. an einer staatlichen Hochschule mit einem Unternehmen abgeschlossen. In den Vertragsnebenabreden gibt es eine Klausel, die besagt, dass ich nach dem Studium für fünf Jahre im Unternehmen arbeiten muss, wenn ich das Studium erfolgreich abschließe und ein Jobangebot bekomme. Falls ich das Studium abbreche oder nach dem Abschluss das Jobangebot ablehne bzw. innerhalb von fünf Jahren kündige, soll ich Teile des Bruttostudienentgeltes und der Studiengebühren zurückzahlen. Ich befinde mich bereits im letzten (dritten) Jahr des Studiums.
Die angehängten Nebenabreden erfüllen meiner Ansicht nach teilweise das Kriterium der Transparenz (die Rückzahlungsbeträge sind klar definiert und beinhalten das Bruttostudienentgelt sowie die Studiengebühren, wobei sich der Betrag je nach Beschäftigungsdauer verringert). Die Höhe der Studiengebühren ist jedoch nicht angegeben. Auch gibt es keinen Verweis auf die Entgeltordnung der Hochschule. Die Nebenabrede differenziert nach Kündigungsgründen. Besonders fraglich erscheint mir jedoch die Verhältnismäßigkeit der fünfjährigen Bindungsdauer bei einer Studiendauer von drei Jahren.
Ist diese Klausel in diesem Fall rechtlich wirksam? Kann mich das Unternehmen tatsächlich zur Rückzahlung zwingen? Wie schätzen Sie die Chancen ein, dass ein Gericht die Klausel für nicht rechtens erklärt?
Falls die Klausel rechtskonform ist, wie könnte ich trotzdem relativ schadensfrei aus dem Vertrag herauskommen? Aufhebungsvertrag?
Wie formuliere ich den Kündigungsgrund am besten, wenn das Studium/die Arbeit mir keine Freude mehr bereitet bzw. nicht mehr meinen persönlichen Zielen entspricht?
Wie könnte mir bei endgültigem Nichtbestehen einer Prüfung nachgewiesen werden, dass ich es „schuldhaft unterlassen" habe, den erfolgreichen Abschluss des Studiums im Rahmen des mir „Möglichen zielstrebig zu verfolgen" (siehe angehängte Nebenabreden 18(2)a)?
Danke für Ihre Einschätzung!
Im Folgenden finden Sie die entsprechenden Auszüge aus den Nebenabreden. Beachten Sie besonders „18. Rückzahlungsbedingungen/-grundsätze":
Nebenabreden zum Ausbildungsvertrag für das duale Studium gemäß Praxispartnersatzung [...]
6. Kündigung
6.1. Während der Probezeit kann der Ausbildungsvertrag unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von zwei Wochen ohne Angabe von Gründen gekündigt werden.
6.2. Nach der Probezeit kann der Ausbildungsvertrag nur gekündigt werden:
a) aus wichtigem Grund oder
b) wenn der/die Studierende vom Studium exmatrikuliert worden ist, ohne Einhaltung der Kündigungsfrist.
6.3. Die Kündigung muss schriftlich erfolgen und im Fall von Ziffer 6.2. unter Angabe der Kündigungsgründe.
6.4. Eine Kündigung aus wichtigem Grund ist unwirksam, wenn die ihr zugrundeliegenden Tatsachen dem zur Kündigung Berechtigten länger als zwei Wochen bekannt sind.
6.5. Wird der Ausbildungsvertrag nach Ablauf der Probezeit vorzeitig aufgelöst, so kann der Praxispartner oder der/die Studierende Schadensersatz vom anderen verlangen, wenn der/die andere den Grund für die Auflösung zu vertreten hat. Dies gilt nicht bei Kündigungen gemäß Ziffer 6.2.b).
6.6. Bei Kündigung des Ausbildungsvertrages wegen Betriebsaufgabe oder Wegfalls der Zulassung als Praxispartner verpflichtet sich die Ausbildungsstätte, sich rechtzeitig um die Durchführung der Praxisphasen in einer anderen Ausbildungsstätte zu bemühen.
[...]
9. Sonstige Vereinbarungen
9.1. Ergänzende Nebenabreden bedürfen zu ihrer Rechtswirksamkeit der Schriftform und müssen zusammen mit dem Ausbildungsvertrag beim Antrag auf Immatrikulation bei der [Hochschule] vorgelegt werden.
9.2. Die Vereinbarungen in den Ziffern 1 bis 9 dieser Nebenabreden sind unabdingbar.
[...]
Nebenabrede nach der Richtlinie des Bundes für duale Studiengänge und Masterstudiengänge, Abschnitt 11 für praxisintegrierte duale Studiengänge und dem TVAöD - Allgemeiner und Besonderer Teil BBiG
[...]
15. Zahlung und Höhe des Studienentgelts und der Studiengebühren
(1) Der Studierende erhält für die Dauer des Studienvertragsverhältnisses nach Nr. 12
Abs. 1 ein monatliches Studienentgelt gemäß Abschnitt 11 Ziffer 6 Absatz 1 der
Richtlinie in Höhe von zurzeit 1325,00 Euro.
(2) Der Ausbildende übernimmt die notwendigen Studiengebühren sowie den Semes
terbeitrag.
[...]
17. Voraussetzungen, unter denen das Vertragsverhältnis gekündigt werden kann
Nr. 6.1. - 6.3. der Vertrags-Nebenabreden werden wie folgt abgewandelt:
Das Vertragsverhältnis kann nach Maßgabe des § 3 Abs. 2 TVAöD - Besonderer Teil BBiG - und des § 16 Abs. 4 TVAöD - Allgemeiner Teil - gekündigt werden.
Die Kündigung muss schriftlich erfolgen und in den Fällen des § 16 Abs. 4 TVAöD - Allgemeiner Teil - unter Angabe der Kündigungsgründe.
[...]
18. Rückzahlungsbedingungen/-grundsätze
(1) Wird der Studierende beim Ausbildenden nach Beendigung seines praxisintegrierten dualen Studiums in ein Beschäftigungsverhältnis entsprechend seiner erworbenen Abschlussqualifikation übernommen, ist der ehemals Studierende verpflichtet, dort für die Dauer von fünf Jahren beruflich tätig zu sein (Bindebedingung).
(2) In Ergänzung der Nebenabrede 6.5. wird Folgendes vereinbart:
Der vom Ausbildenden bis zur Beendigung oder dem vorzeitigen Abbruch des praxisintegrierten dualen Studiums gezahlte Gesamtbetrag, bestehend aus dem Bruttostudienentgelt (Nr. 15 Abs. 1 dieser Nebenabrede) und den Studiengebühren (Nr. 15 Abs. 2 dieser Nebenabrede), ist vom Studierenden oder den ehemals Studierenden zurückzuerstatten:
a) bei endgültigem Nichtbestehen einer notwendigen Studienprüfung, wenn die Erfolglosigkeit in den Verantwortungsbereich des Studierenden fällt, weil er es schuldhaft unterlassen hat, den erfolgreichen Abschluss des Studiums im Rahmen des ihm Möglichen zielstrebig zu verfolgen,
b) bei Beendigung des praxisintegrierten dualen Studiums durch Kündigung vom Ausbildenden aus einem vom Studierenden zu vertretenden Grund oder durch eine Eigenkündigung des Studierenden, die nicht durch einen wichtigen Grund gemäß § 626 BGB gerechtfertigt ist,
c) bei Ablehnung des Angebots, beim Ausbildenden im Anschluss an das erfolgreich bestandene praxisintegrierte duale Studium entsprechend der erworbenen Abschlussqualifikation ein Beschäftigungsverhältnis zu begründen,
d) soweit das Beschäftigungsverhältnis, das beim Ausbildenden im Anschluss an das erfolgreich bestandene praxisintegrierte duale Studium entsprechend der erworbenen Abschlussqualifikation begründet wurde, aus einem vom ehemals Studierenden zu vertretenden Grund innerhalb der ersten fünf Jahre seines Bestehens endet.
(3) Sofern berufspraktische Studienabschnitte beim Ausbildenden absolviert wurden, verringert sich der Rückzahlungsbetrag auf 75 % des Gesamtbetrages nach Absatz 2.
(4) Der zurückzuerstattende Gesamtbetrag nach Absatz 2 wird für jeden vollen Monat, in dem nach Beendigung des praxisintegrierten dualen Studiums ein Beschäftigungsverhältnis nach Absatz 1 bestand, um 1/60 vermindert.
(5) Auf die Rückzahlungspflicht kann ganz oder teilweise verzichtet werden, soweit sie eine besondere Härte bedeuten würde.
[...]
20. Wirksamkeit
(1) Sollte eine Regelung dieser Nebenabrede ganz oder teilweise unwirksam sein oder
ihre Rechtswirksamkeit später verlieren, so soll hierdurch die Gültigkeit der übrigen
Regelung nicht berührt werden. Anstelle der unwirksamen Regelung gelten die gesetzlichen Bestimmungen.
[...]