Sehr geehrte Ratsuchende,
Ihre Frage beantworte ich unter Zugrungelegung des von Ihnen geschilderten Sachverhalts unter Beachtung Ihres Einsatzes im Rahmen der hier nur möglichen Erstberatung wie folgt:
1. Die Abnahme erfolgt grundsätzlich dann, wenn das Werk fertiggestellt und abnahmefähig ist. Abnahmefähigkeit liegt dann vor, wenn wesentliche Mängel nicht mehr vorhanden sind.
Grundsätzlich könne auch bereits fertiggestellte Teilleistungen abgenommen werden, wobei zu differenzieren ist, ob die Leistung überhaupt eigenständig zur Abnahme fähig ist.
Sie sind nach dem Vertrag bei noch drei ausstehenden Raten grundsätzlich nicht verpflichtet, eine von dem Bauträger angesetzte Abnahme durchzuführen. Dies können Sie unter Verweis darauf, daß Sie zur Abnahme nur dann verpflichtet sind, wenn die nach dem Vertrag geschuldete Beschaffenheit gegeben ist, ablehnen. Denn die geschuldete Beschaffenheit setzt bei einem Haus grundsätzlich die Bwohnbarkeit voraus, welche nicht gegeben ist, wenn z.B. die Hauseingangstür fehlt und die sanitären Einrichtungen nicht nutzbar sind.
Sie beziehen sich darauf, daß es seit Vertragsschluß immer wieder Streit gab. In diesem Fall sollten Sie die Abnahme nicht ohne die Architektin und unter Beiziehung eines eigenen Sachverständigen oder sachverständigen Zeugen durchführen.
Sie müssen sich darüber hinaus Ihre Rechte im Hinblick auf bestehende Mängel ausdrücklich vorbehalten, ebenso Rechte wegen einer etwaig vereinbarten Vertragsstrafe bei Bauzeitüberschreitung.
2. Im Hinblick auf die Mehrwertsteuer gilt folgendes:
Ein Bauträgervertrag unterliiegt grundsätzlich den Bestimmungen der Makler- und Bauträgerverordnung. Diese öffentlich-rechtlichen Vorschriften bestimmen zwar primär das Verhältnis Staat - Bauträger, sind aber auch für den Vertrag Bauträger - Auftraggeber entscheidend. Die Makler- und Bauträgerverordnung bestimmt in Verbindung mit § 34 c
der Gewerbeordnung, daß der Bauträger der Gewerbeordnung und damit auch der Gewerbesteuer unterliegt.
Im Vertrag Bauträger - Auftraggeber wird grundsätzlich ein Pauschalpreis vereinbart. Dies vor dem Hintergrund, daß gleichzeitig ein Grundstückskaufvertrag notariell mit beurkundet wird und hierbei auf die Gesamtsumme Grunderwerbssteuer zu zahlen ist. Dies bedeutet wiederum, daß von Ihnen keine Mehrwertsteuer separat zu zahlen ist.
Vorgesagtes gilt allerdings ausschließlich dann, wenn es sich um einen "klassischen" Bauträgervertrag handelt, der gleichzeitig mit dem Grundstückserwerbvertrag notariell beurkundet wurde.
3. Soweit Sie die Preisanpassungsklauseln ansprechen, die in dem Vertrag enthalten sind, unterliegen solche als Allgemeine Geschäftsbedingungen der Prüfung nach den §§ 305 ff BGB
.
Die Vereinbarung eines Pauschalpreises bedeutet zunächst, daß der Bauträger das Kalkulationsrisiko selbst zu tragen hat, also eben nicht jegliche Preiserhöhungen an den Auftraggeber weitergeben darf. Der Bauträger selbst stellt dem Auftraggeber keine Mehrwertsteuer in Rechnung, wenn es sich um einen Pauschalpreis handelt, er selbst muß die Mehrwertsteuer jedoch an die ausführenden Unternehmen zahlen. Im Hinblick hierauf werden die Anpassungsklauseln in den Vertrag einbezogen.
Diese sind z.B. dann unwirksam nach § 309 Nr. 1 BGB
, wenn eine Erhöhung des Entgelts für Leistungen innerhalb von vier Monaten nach Vertragsschluß vorgesehen ist.
Ausweislich Ihres Vertrags gilt die Mehrwertsteueranpassungsklausel nur für diejenigen Rechnungen, die nach Ablauf von vier Monaten nach Erhöhung des Mehrwertsteuersatzes gestellt werden.
"Sollte sich während der Laufzeit des Vertrages der ge-
setzliche Mehrwertsteuersatz verändern, so verändert sich
der Pauschalfestpreis entsprechend. Unberücksichtigt bleiben
jedoch diejenigen Kaufpreisraten, die innerhalb von 4 Monaten
nach einer Mehrwertsteuererhöhung fällig werden."
Demnach hat der Bauträger dem Wortlaut des Vertrags nach ohnehin keine Möglichkeit, Ihnen die nächsten Abschlagsrechnungen, auch wenn diese nach dem 01.01.2007 gestellt werden, mit einer erhöhten Mehrwertsteuer zu stellen.
Meines Erachtens will der Bauträger hier vermeiden, seinerseits die erhöhte Mehrwertsteuer an die ausführenden Unternehmen zahlen zu müssen. Dies kann er jedoch nur dann vermeiden, wenn er Ihnen die noch nicht fälligen Abschlagszahlungen in Rechnung stellt, da er dann dem Finanzamt gegenüber seine Eingangsrechnungen mit den an Sie gerichteten Ausgangsrechnungen belegen kann (er muß den Baufortschritt u.U. belegen können).
Die weitere Anpassungsklausel, nach der nach Ablauf der Preisgarantie (12 Monate) die steigenden Preise an den Auftraggeber weitergeleitet werden, ist m.E. unzulässig. Eine pauschale Weitergabe der pauschalen Kostensteigerungen ist nicht zulässig. Einzelne, konkret nachweisbare Kostensteigerungen sind zwar zulässig, jedoch bürdet die Rechtsprechung dem Bauträger die Beweislast dafür auf, daß es sich tatsächlich um konkrete Preissteigerungen handelt. Hierzu muß der Bauträger seine vollständige Kalkulation offenlegen, da er nicht "geringeren" Gewinn durch höhere Rechnungen an den Auftraggeber ausgleichen darf.
Letztlich weise ich nochmals darauf hin, daß Sie eine Abnahme nicht durchführen müssen, solange die Fertigstellung nicht hinreichend ist.
Ich hoffe, Ihnen einen ersten zufriedenstellenden Überblick verschafft zu haben. Für eine konkretere Antwort müßte der gesamte Vertrag eingesehen werden.
Mit freundlichen Grüßen
Silke Terlinden
Rechtsanwältin
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vonNotarin und Rechtsanwältin Silke Terlinden
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