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Proband verlangt Akteneinsicht in Emails seinen BEM Fall betreffend

14. Mai 2024 12:23 |
Preis: 95,00 € |

Medizinrecht


Beantwortet von

Zusammenfassung

E-Mails mit personenbezogenen Daten des Patienten müssen unter Wahrung der Rechte Dritter zugänglich gemacht werden (Art. 15 DSGVO). Dokumentationspflichten für Telefonate bestehen nicht, sind aber aus Sorgfaltsgründen ratsam.

Durch einen Arbeitgeber wurde ich als FA Arbeitsmedizin beauftragt, einen BEM Fall extern zu begleiten, da der eigentliche Betriebsarzt kein Vorankommen mehr sah. Ich habe mich dem Fall angenommen und nach viel Protrahieren durch den AG bin ich nach über 1,5 Jahren selber in die Situation gekommen, den Fall durch private Gründe nicht mehr weiter betrauen zu können. Jetzt möchte der AN Akteneinsicht nehmen. Ich habe Ihm erklärt, dass ich als Arbeitsmediziner keine "Patienten" habe, keine Diagnosen stelle und alle Dokumente seinen Fall betreffend mir durch den AN selber als Email zugesendet wurden. Ich vermute, der AN möchte die Schuld für die lange Bearbeitungsphase bei mir oder dem AG suchen. Dazu möchte der AN auch alle Emails seinen Fall betreffend sehen.
1. Bin ich verpflichtet, Emails zur Terminierung mit dem AG aufzubewahren?
2. Bin ich verpflichtet, Emails mit dem AG dem AN im Rahmen der Akteneinsicht zugänglich zu machen, insbesondere da diese ja auch Rechte Dritter betreffen.
3. Hätte ich Telefonate mit dem AG zum Stand der Bearbeitung irgendwie dokumentieren müssen?
Ich bin nicht sicher wie das Bietsystem hier funktioniert, der von mir gebotene Betrag betrifft die Beantwortung aller drei Fragen.
Danke

14. Mai 2024 | 14:12

Antwort

von


(87)
Hachelallee 88
75179 Pforzheim
Tel: 07231/1331993-0
Web: https://www.kanzlei-steenberg.de
E-Mail:

Guten Tag,

gerne beantworte ich Ihre Fragen wie folgt:

zunächst gehe ich davon aus, dass Sie keinen Auftragsdatenverarbeitungsvertrag mit dem AG geschlossen haben. Wäre dies der Fall, dann würden sich ein paar Punkte meiner Bewertung ändern. Ebenfalls kenne ich den Vertrag, welchen Sie mit dem AG geschlossen haben nicht. Auch aus diesem könnten sich ggf. andere Bewertungen ergeben.

Ansonsten gilt, dass Sie grundsätzlich zur Auskunft verpflichtet sind. Maßgeblich ist in diesem Zusammenhang die DSGVO (vertrags- und berufsrechtliche Verpflichtungen stellen sich hinten an).

Der EuGH hat auch nochmals sehr deutlich entschieden, dass ein Auskunftsanspruch bezüglich personenbezogerner Daten (Gesundheitsdaten) unabhängig vom Ansinnen des Betroffenen (Patient/AN) besteht. Neben der reinen Auskunft sind auch Kopien geschuldet, so dass daruf basierend Ihre Frage wie folgt beantwortet werden kann:

1. Aufbewahrungspflicht von Emails zur Terminierung mit dem Arbeitgeber

Es besteht keine spezifische gesetzliche Verpflichtung, E-Mails zur Terminierung mit dem Arbeitgeber dauerhaft aufzubewahren. Allerdings könnte eine solche Aufbewahrung aus Gründen der Nachweisbarkeit und Dokumentation sinnvoll sein. Für die DSGVO-Relevanz solcher E-Mails gilt: Wenn diese personenbezogene Daten des Arbeitnehmers enthalten, können diese im Rahmen des datenschutzrechtlichen Kopieanspruchs nach Art. 15 III DSGVO relevant sein. Da es sich jedoch nicht um konkrete Behandungsdaten etc. handelt, müssen diese E-Mails nicht zwingend zu einer "Behandlungsakte" genommen werden, auch wenn dies sicherlich keinen Fehler darstellt.


2. Zugänglichmachung von Emails mit dem Arbeitgeber an den Arbeitnehmer


Der datenschutzrechtliche Kopieanspruch aus Art. 15 III DSGVO gewährt dem Arbeitnehmer das Recht auf eine Kopie seiner personenbezogenen Daten. Dies betrifft auch E-Mails, die personenbezogene Daten des Arbeitnehmers enthalten. Hierbei sind jedoch die Rechte und Freiheiten anderer Personen zu berücksichtigen (Art. 15 IV DSGVO).

Für E-Mails, die personenbezogene Daten des Arbeitnehmers und des Arbeitgebers oder Dritter enthalten, gilt:

- Sie müssen dem Arbeitnehmer zur Verfügung gestellt werden, wobei personenbezogene Daten anderer Personen geschwärzt oder anonymisiert werden sollten. Auch der Arbeitgeber gilt insoweit als andere Person.

- Die E-Mails müssen nur in dem Umfang offengelegt werden, in dem sie personenbezogene Daten des Arbeitnehmers betreffen. Organisatorische Details ohne Bezug zu personenbezogenen Daten des Arbeitnehmers sind hiervon nicht erfasst.


3. Dokumentationspflicht von Telefonaten mit dem Arbeitgeber

Es gibt keine gesetzliche Verpflichtung zur Dokumentation von Telefonaten mit dem Arbeitgeber, es sei denn, dies ist durch berufliche Richtlinien oder vertragliche Vereinbarungen vorgeschrieben. Eine solche Dokumentation könnte jedoch aus beruflicher Sorgfalt und zur Sicherstellung der Nachweisbarkeit der durchgeführten Tätigkeiten sinnvoll sein. Bitte beachten Sie jedoch, dass das gesperochene Wort nicht ohne Einwilligung aufgezeichnet werden darf. Ohne entsprechende EInwilligung düften insoweit nur Aktennotizen bzw. Telefonnotizen vorliegen.

Ergänzende Hinweise zum datenschutzrechtlichen Kopieanspruch im Arbeitsverhältnis

Der datenschutzrechtliche Kopieanspruch nach Art. 15 III DSGVO findet auch im Arbeitsverhältnis Anwendung und gewährt dem Arbeitnehmer einen weiten, wenngleich nicht grenzenlosen Anspruch. Dies wurde durch das LAG Baden-Württemberg bestätigt (NZA-RR 2019, 242).

Anspruchsumfang und Einschränkungen
Anspruchsumfang: Der Arbeitnehmer kann eine Kopie aller personenbezogenen Daten verlangen, die Gegenstand der Verarbeitung sind.

Einschränkungen: Der Anspruch endet dort, wo die Rechte und Freiheiten anderer Personen beeinträchtigt werden (Art. 15 IV DSGVO). Dies betrifft insbesondere Geschäftsgeheimnisse und personenbezogene Daten Dritter.

Umsetzung in der Praxis

Vorbereitung: Arbeitgeber und weitere Datenverarbieter sollten frühzeitig Vorkehrungen treffen, um Kopieverlangen effizient zu bewältigen. Dies umfasst die Definition von internen Prozessen und Zuständigkeiten.

Erfüllung des Anspruchs: Nach Erhalt eines Kopieverlangens sollte geprüft werden, ob eine Fristverlängerung nötig ist. Die Zusammenstellung der Daten sollte sorgfältig erfolgen, um Geschäftsgeheimnisse und Rechte Dritter zu schützen.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass Sie als Facharzt für Arbeitsmedizin die E-Mails zur Terminierung mit dem Arbeitgeber nicht zwingend aufbewahren müssen, es jedoch sinnvoll sein kann. E-Mails, die personenbezogene Daten des Arbeitnehmers enthalten, müssen unter Berücksichtigung der Datenschutzrechte Dritter zugänglich gemacht werden. Eine Dokumentationspflicht für Telefonate besteht nicht, kann aber aus Sorgfaltsgründen ratsam sein. Behandlungsdokumentationen sind zwingend an den Arbeitnehmer/Patienten herauszugeben.

Ich hoffe, dass ich Ihre Frage beantworten konnte.

Beste Grüße

Jan Gregor Steenberg, LL.M.
Rechtsanwalt
Fachanwalt für Arbeitsrecht
Fachanwalt für Medizinrecht
Fachanwalt für gewerblichen Rechtsschutz


Rechtsanwalt Jan Gregor Steenberg, LL.M.
Fachanwalt für Medizinrecht, Fachanwalt für Gewerblicher Rechtsschutz, Fachanwalt für Arbeitsrecht

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