Sehr geehrter Fragesteller,
Ihre Anfrage möchte ich Ihnen auf Grundlage der angegebenen Informationen verbindlich wie folgt beantworten:
a) Pfändbarkeit von Sozialleistungen bei Anrechnung eines Freibetrags aufgrund langjähriger Arbeit:
Grundsätzlich sind Sozialleistungen gemäß § 54 Abs. 4 SGB II (für Bürgergeld, ehemals ALG II) und vergleichbaren Regelungen in anderen Sozialgesetzbüchern nicht pfändbar. Dies dient dem Schutz des Existenzminimums des Leistungsberechtigten.
Die Anrechnung eines Freibetrags aufgrund langjähriger versicherungspflichtiger Arbeit ändert an dieser grundsätzlichen Unpfändbarkeit der reinen Sozialleistung nichts. Der Freibetrag nach § 11b SGB II (oder vergleichbare Regelungen) dient nämlich allein dazu, dass ein Teil des Einkommens des Leistungsberechtigten, welches er trotz des Bezugs von Sozialleistungen erzielt, nicht auf die Sozialleistung angerechnet wird.
Wichtig ist die Unterscheidung:
Die Sozialleistungen selbst (z.B. Bürgergeld) sind grundsätzlich unpfändbar (§ 54 Abs. 4 SGB II).
Einkommen (aus Arbeit) dagegen, auf welches ein Freibetrag angerechnet wird, ist grundsätzlich pfändbar, unterliegt aber den Pfändungsfreigrenzen nach § 850c ZPO.
Der Freibetrag bewirkt lediglich, dass ein bestimmter Teil dieses Einkommens bei der Berechnung der Sozialleistung unberücksichtigt bleibt. Er ändert nichts an der grundsätzlichen Pfändbarkeit dieses Einkommens bevor es zur Anrechnung auf die Sozialleistung kommt.
b) Pfändung eines Kleinwagens, dessen Wert die Forderungen übersteigt:
Grundsätzlich ist ein Auto als bewegliche Sache pfändbar (§ 808 Abs. 1 ZPO). Dies gilt auch dann, wenn der Wert des Autos die Höhe der Forderungen übersteigt. Der Gerichtsvollzieher ist nämlich nicht verpflichtet, nur so viel zu pfänden, bis die Forderung gedeckt ist.
Allerdings gibt es Ausnahmen, in denen ein Auto unpfändbar sein kann (§ 811 ZPO):
- Notwendigkeit für die Berufsausübung: Wenn Sie das Auto zur Ausübung Ihres Berufs dringend benötigen und Ihnen keine zumutbaren öffentlichen Verkehrsmittel zur Verfügung stehen (§ 811 Abs. 1 Nr. 5 ZPO). Dies wird von den Gerichten oft streng geprüft (vgl. Z. B. Beschluss des BGH vom 16.05.2007, Az. VII ZB 10/07).
- Notwendigkeit aufgrund körperlicher Beeinträchtigung: Wenn Sie oder eine Person in Ihrem Haushalt aufgrund einer Behinderung auf das Auto angewiesen sind (§ 811 Abs. 1 Nr. 7 ZPO).
- Überpfändung: Das Verbot der Überpfändung (§ 803 Abs. 2 ZPO) besagt, dass nicht mehr gepfändet werden darf, als zur Befriedigung des Gläubigers und zur Deckung der Kosten der Zwangsvollstreckung notwendig ist. Allerdings bezieht sich dies in der Regel auf die Anzahl der gepfändeten Gegenstände, nicht auf den Wert eines einzelnen Gegenstandes im Verhältnis zur Förderung, wird also hier keine entscheidende Rolle dabei spielen.
Ihr sieben Jahre alter Kleinwagen mit einem Wert von ca. 4500 € ist grundsätzlich pfändbar, auch wenn der Wert die Forderungen übersteigt. Eine Unpfändbarkeit käme nur in Betracht, wenn Sie nachweisen können, dass Sie das Fahrzeug zwingend für Ihre Berufsausübung oder aufgrund einer körperlichen Beeinträchtigung benötigen.
c) Verkauf des Autos mit Nutzungsrecht:
Ein solcher Verkauf zu einem geringen Preis, bei gleichzeitiger Sicherung der Nutzung, dürfte als Scheinverkauf im Sinne von § 134 BGB in Verbindung mit § 765a ZPO gewertet werden und wäre somit nicht wirksam gegenüber den Gläubigern.
Scheingeschäft (§ 117 BGB): Ein Rechtsgeschäft, das nur zum Schein abgeschlossen wird, ist nichtig. Hier läge der Schein darin, dass Sie formal das Eigentum übertragen, aber die tatsächliche Verfügungsgewalt und den wirtschaftlichen Nutzen weiterhin behalten möchten, um das Auto der Pfändung zu entziehen.
Gläubigerbenachteiligung (§ 765a ZPO): Das Vollstreckungsgericht kann auf Antrag des Schuldners Maßnahmen der Zwangsvollstreckung einstweilen einstellen oder aufheben, wenn diese unter Berücksichtigung der Interessen des Gläubigers für den Schuldner eine unbillige Härte darstellen. Ein solcher "Verkauf" mit Nutzungsrecht würde in der Regel als unbillige Härte für die Gläubiger angesehen, da er darauf abzielt, deren Zugriff auf pfändbares Vermögen zu vereiteln.
Die Gerichte sind sehr darauf bedacht, bei solchen Gestaltungen, die offensichtlich darauf abzielen, Vermögenswerte der Zwangsvollstreckung zu entziehen, dieses zu unterbinden. Es ist wahrscheinlich, dass ein Gericht einen solchen "Verkauf" als nicht rechtswirksam im Verhältnis zu den Gläubigern ansehen würde. Der Gerichtsvollzieher könnte das Fahrzeug weiterhin als in Ihrem wirtschaftlichen Eigentum stehend pfänden.
Gesetzliche Grundlage: § 117 BGB, § 134 BGB, § 765a ZPO.
Ich hoffe, Ihre Frage verständlich beantwortet zu haben und bedanke mich für das entgegengebrachte Vertrauen. Bei Unklarheiten können Sie die kostenlose Nachfragefunktion benutzen.
Mit freundlichen Grüßen
Antwort
vonRechtsanwalt Daniel Hesterberg
Marktstraße 17/19
70372 Stuttgart
Tel: 0711-7223-6737
Web: https://www.hsv-rechtsanwaelte.de
E-Mail:
Rechtsanwalt Daniel Hesterberg
Sehr geehrter Herr Hesterberg,
vielen Dank für die sehr ausführliche Antwort.
Es gibt keine Nachfrage.
Mit freundlichen Grüßen
Sehr geehrter Fragesteller,
vielen Dank für Ihre Bewertung.
Mit freundlichen Grüßen