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PKH Entscheidung

17. September 2007 17:50 |
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Familienrecht


Beantwortet von

Rechtsanwalt Peter Trettin

Auf dem Vergleichstermin einer ZP Klage vor dem LG wird protokolliert:
Der Beklagtenvertreter erklärt, dem Prozeßkostenhilfegesuch des Klägers wird nicht mehr entgegengetreten, dies vor dem Hintergrund, dass im Beschwerdeverfahren neuer Sachvortrag gehalten worden ist, der eine Erfolgsaussicht des Prozeßkostenhilfeantrags wahrscheinlich mache.
Der Prozeßbevollmächtigte des Klägers bittet im Hinblick hierauf nunmehr über das Prozeßkostenhilfegesuch zu entscheiden.
b.u.v.
Dem Kläger wird Prozeßkostenhilfe für den ersten Rechtszug ohne Zahlungsbestimmung bewilligt. Ihm wird Rechtsanwalt ... zur Vertretung in diesem Verfahren beigeordnet.
Die Parteien erklären, dass sie einen Vergleich schliessen wollen. Die Parteien schließen sodann folgenden Vergleich:
1. Es besteht Einigkeit zwischen den Parteien, dass der Kläger...
2. Er erhält eine Abfindung in Höhe von <Euro>
3. Der Betrag von <Euro> soll im Anschluß an den Vergleichsschluss am <Datum> in bar an den Kläger übergeben werden.
4. Die Kosten des Verfahrens werden gegeneinander aufgehoben.
Lt.d.v.u.g.
Sodann übergibt der Prozessbevollmächtigte der Beklagten dem Prozessbevollmächtigten des Klägers einen Briefumschlag, der <Euro> in Euro-Scheinen enthält.
...

10 Tage nach dem Beschluß erhält der Kläger vom Rechtspfleger eine Aufforderung zur Erstattung sämtlicher PKH Auslagen mit der Begründung, die wirtschaftlichen Verhältnisse des Klägers haben sich nach dem Vergleich erheblich verbessert, so daß eine sofortige Zahlung der Kosten anzuordnen sei.

Die Kosten mindern den aus Klägersicht ohnehin geringen Betrag, der für den Vergleich ausgehandelt wurde, nochmals erheblich. Dem Kläger wurde das versteckte Kostenrisiko dieser Strategie durch den Prozeßbevollmächtigten vorher nicht dargelegt, was das Vertrauensverhältnis belastet.

Aus naiver Sicht ist der Vorgang kaum fassbar. Der Richter wusste aus der Korrespondenz vor dem Vergleich, daß eine Abfindung auf dem Termin transferiert wird..
Kann der Zahlungsaufforderung damit entgegen getreten werden, daß der PKH Beschluß im Vergleichstermin unter Kenntnis und Berücksichtigung der Abfindungssumme ausgesprochen wurde und somit keine nachträgliche Änderung der wirtschftlichen Verhältnisse (120 ZPO) eingetreten ist? Oder ist eine andere Argumentation möglich? Die wirtschaftliche Situation des Klägers ist auch nach dem Vergleich unverändert schwierig und der Vergleichserlös ist eigentlich für die Begleichung von Schulden verplant.



Sehr geehrter Fragesteller,

Ihre Anfrage beantworte ich auf der Grundlage Ihrer Schilderung und Ihres Einsatzes gerne wie folgt:

I. Nach § 120 Abs. 4 ZPO - auf den Sie zu Recht abstellen - kann das Gericht den PKH-Bewilligungsbeschluß zu Lasten der Partei ändern, wenn sich deren wirtschaftliche Verhältnisse wesentlich verbessert haben. Das Gericht kann deshalb zwar den Beschluß nicht aufheben, wohl aber die Zahlung aller Kosten aus dem neu erworbenen Vermögen anordnen, wenn etwa die Partei eine Vergleichssumme oder eine Abfindung erhalten hat.

Der Vermögenserwerb muß allerdings nach der ursprünglichen Entscheidung eingetreten sein und außerdem den Lebensstandard der Partei spürbar verändert haben ("wesentlich").

II. Ob die letztgenannte Voraussetzung in Ihrem Fall erfüllt ist, ist zumindest fraglich.

Wann eine Änderung der Vermögensverhältnisse "wesentlich" i. S. des § 120 Abs. 4 ZPO ist, wird zwar nicht einheitlich beurteilt. Einigkeit besteht aber doch insoweit, als sich die Verhältnisse nachhaltig und nicht nur vorübergehend geändert haben müssen. "Wesentlich" ist eine Veränderung deshalb nach verbreiteter Auffassung nur dann, wenn sie den wirtschaftlichen und sozialen Lebensstandard prägt.

Daran könnte es in Ihrem Fall fehlen, zumal die Vergleichssumme zur Schuldentilgung verwendet werden soll. Insoweit ließe sich ggf. etwa mit dem OLG Koblenz (Beschl. v. 07.11.2005 - 5 W 691/05 ) argumentieren, daß die Zahlung der Prozesskosten nicht Vorrang vor der Tilgung sonstiger Verbindlichkeiten hat (so z. B. auch OLG Karlsruhe, Beschl. v. 13.12.2005 - 19 W 62/05 ).

III. Demgegenüber greift m. E. das Argument, die PKH-Bewilligung sei in Kenntnis der Abfindungssumme erfolgt, nicht. Denn insoweit wird sich das Gericht auf den - vertretbaren - Standpunkt stellen, daß der Vermögenszuwachs faktisch erst nach der ursprünglichen PKH-Entscheidung eingetreten ist, mag der Vermögenserwerb auch schon absehbar gewesen sein.

Ich hoffe, ich konnte Ihnen damit eine erste rechtliche Orientierung geben. Gerne stehe ich Ihnen weiter zur Verfügung, insbesondere im Rahmen einer kostenlosen Nachfrage.

Mit freundlichen Grüßen

Peter Trettin
Rechtsanwalt

fea@trettin-rechtsanwaelte.de
www.trettin-rechtsanwaelte.de

Rückfrage vom Fragesteller 17. September 2007 | 22:28

Danke fuer die Auskunft!
Kann der Kläger persönlich gegen die Zahlungsaufforderung Widerspruch(?) / Rechtsbeschwerde(?) einlegen oder ist ein Anwalt erforderlich / empfehlenswert?

Antwort auf die Rückfrage vom Anwalt 17. September 2007 | 23:07

Sehr geehrter Fragesteller,

richtiges Rechtsmittel gegen die Entscheidung des Rechtspflegers ist die sofortige (PKH-)Beschwerde (vgl. § 127 Abs. 2 ZPO ), für die gem. § 569 Abs. 3 Nr. 2 ZPO kein Anwaltszwang gillt.

Angesichts der wirtschaftlichen Bedeutung der Angelegenheit dürfte die Einschaltung eines Anwalts aber durchaus empfehlenswert sein.

Mit freundlichen Grüßen

Peter Trettin
Rechtsanwalt

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