Sehr geehrte Fragestellerin,
Ihre Frage möchte ich wie folgt beantworten:
1. Ob ein Widerrufsrecht besteht, richtet sich nach den gesamten Umständen des Einzelfalles, über die ich hier nicht genug weiß. Grundsätzlich gilt:
Wer bei einem Rechtsgeschäft (also dem Abschluss eines Vertrags) als Unternehmer/Gewerbetreibender auftritt, kann sich später nicht darauf berufen, dass er als Verbraucher gehandelt habe (BGH, Urteil vom 22.12.2004 - VIII ZR 91/04
). Die den Verbraucher schützenden Vorschriften (so auch die über das Widerrufsrecht) finden keine Anwendung, wenn der Vertragspartner bei Abschluss des Vertrages wahrheitswidrig als Unternehmer/Gewerbetreibender auftritt und dadurch einen gewerblichen Geschäftszweck vortäuscht. Die Rechtfertigung hierfür liegt in dem sog. Grundsatz von Treu und Glauben. Wer eine Sache von einem Unternehmer kaufen will, der zu einem Geschäftsabschluss mit einem Verbraucher nicht bereit ist, weil er für verbraucherschützende Vorschriften keine Gewähr übernehmen will, darf sich den Schutz der ihn begünstigenden verbraucherschützenden Vorschriften nicht dadurch erschleichen, dass er sich gegenüber dem Unternehmer als Unternehmer/Gewerbetreibender ausgibt.
Nun gibt es im Bereich "Online-Coaching" sicherlich einige "schwarze Schafe", die zu überteuerten Preisen vergleichsweise wertlose Dienstleistungen anbieten und die im Ergebnis auch gerade auf Verbraucher als Kunden abzielen. Wenn die Gesamtumstände des Einzelfalles ergeben, dass hier der Coaching-Anbieter auch um Verbraucher wirbt oder seine Leistungen so bewirbt, dass sie gerade für Verbraucher interessant sind, dann kann im Ergebnis doch ein Widerrufsrecht bestehen. Der Anbieter kann sich dann womöglich nicht dadurch "reinwaschen", in dem er den Kunden eine vorgegebene Formulierung unterschreiben lässt, dass der Kunde als Unternehmer/Gewerbetreibender handelt.
Man müsste sich hier also die Gesamtumstände des Vertrages, auch die Gespräche im Rahmen der Vertragsanbahnung, ansehen. Im Ergebnis könnte dann durchaus ein Widerrufsrecht zu bejahen sein.
2. "Höhere Gewalt" hilft Ihnen definitiv nicht weiter, soweit es darum geht, dass Sie keine Anstellung finden und deswegen die Raten nicht zahlen können. Der Schuldner (derjenige, der einem anderen Geld schuldet) hat selbst zu prüfen und zu entscheiden, wo die Grenzen seiner Leistungsfähigkeit liegen. Die Tatsache, dass eine Verpflichtung das Leistungsvermögen des Schuldners subjektiv überfordert, ist daher kein Grund, einen Vertrag fristlos zu kündigen.
3. Möglicherweise gibt es andere Möglichkeiten, "aus dem Vertrag zu kommen". Sie sprechen davon, dass Ihnen telefonisch zugesichert wurde, dass Sie durch das erlernte Wissen so viel Geld verdienen, dass Sie die Raten ganz leiht bezahlen könnten. Hierin kann eine arglistige Täuschung liegen, die Sie dazu berechtigen würde, den Vertrag nach § 123 BGB
anzufechten.
4. Möglicherweise handelt es sich auch um einen Fall des sittenwidrigen Wuchers im Sinne von § 138 BGB
. Liegt der vereinbarte Preis einer Leistung mehr als 100% über dem marktüblichen Preis, ist regelmäßig ein auffälliges Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung anzunehmen, vgl. u.a. OLG Saarbrücken, Urteil vom 06.11.2014, Az. 4 U 189/13
. Der Vertrag wäre dann automatisch nichtig. Problematisch wäre wahrscheinlich, den angemessenen Preis der Leistung zu bestimmen, da dieser ja nirgends festgelegt ist.
5. Wenn Sie die Raten im Moment ohnehin nicht zahlen können, dann können Sie entweder vorsorglich den Widerruf und die Anfechtung wegen arglistiger Täuschung erklären und sich darauf berufen, dass hier ein Fall des sittenwidrigen Wuchers vorliegt. Sie riskieren dadurch möglicherweise, dass der Anbieter rechtliche Schritte einleitet (auch wenn einige dieser Anbieter den Weg vor Gericht wahrscheinlich scheuen, da sie vielleicht nicht riskieren möchten, dass man ihr Geschäftsmodell einer genaueren Prüfung unterzieht), Alternativ versuchen Sie, mit dem Anbieter eine andere Zahlungsvereinbarung zu treffen, die ihren finanziellen Möglichkeiten entspricht.
Ich kann mir den Fall auch gerne im Detail ansehen und Ihre Interessen außergerichtlich vertreten. Dadurch entstehen natürlich höhere Kosten als die dieser kurzen Erstberatung.
Ich hoffe, meine Ausführungen waren verständlich. Bei Unklarheiten nutzen Sie gerne die Nachfragefunktion.
Mit freundlichen Grüßen
Mauritz, LL.M.
Rechtsanwalt
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