Sehr geehrter Herr Fragensteller,
unter Bezugnahme auf den von Ihnen mitgeteilten Sachverhalt beantworte ich Ihre Frage wie folgt:
Zur Ihrer Frage 1:
Vergleichbare Urteile zu Ihrem Sachverhalt finden sich. Zu nennen sind z.B.
BVerwG, Beschluss vom 15.06.2000 - 4 B 30.00
;
VGH Bayern, Urteil vom 28.09.2001 - 1 B 00.2504
OVG NRW Beschluss vom 19.02.2004 - 7 A 1423/03
Die Rechtsprechung lässt erkennen, dass es insbesondere darauf ankommt, dass noch erhaltenswerte Bausubstanz vorhanden ist, die auch tatsächlich "umgenutzt" werden kann und damit gerade nicht neu errichtet zu werden braucht.
Unter der Voraussetzung des Bestehens solch erhaltenswerter Bausubstanz kann sich der Landwirt auf die Privilegierung nach § 35 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 BauGB
zur Änderung der bisherigen Nutzung des landwirtschaftlichen Gebäudes zur zweckmäßigen Verwendung erhaltenswerter Bausubstanz und unter Wahrung der äußeren Gestalt des Gebäudes berufen.
Sinn und Zweck des Gesetzes war es, neben anderen Voraussetzungen, dass Gebäude die vor dem 27. August 1996 zulässigerweise errichtet waren umgenutzt werden sollten, um den Strukturwandel in der Landwirtschaft zu fördern.
Die gesetzlich präzisierte Stichtagsregelung der zur Förderung des Strukturwandels in der Landwirtschaft eingefügten Privilegierung von Nutzungsänderungen landwirtschaftlicher Betriebe ist eng auszulegen, denn grundsätzlich sind im Außenbereich nur die abschließend in § 35 Abs.1 BauGB
aufgezählten Betriebe zulässig, also insbesondere land- und forstwirtschaftliche Betriebe
Vor diesem Hintergrund regelt § 35 Abs.4 BauGB
den Bestandsschutz als Konkretisierung der Eigentumsrechte betroffener Grundeigentümer. Es entspricht ständiger Rechtsprechung, dass darüber hinaus ein Rückgriff auf Bestandsschutzerwägungen nicht möglich ist.
Insoweit ist der Hinweis der Behöre richtig, dass ein Berufen auf den Bestandsschutz als landwirtschaftliche Anlage - Stallung - nicht mehr möglich ist.
Ebenfalls richtig führen Sie § 35 Abs. 4 Nr. 1 Buchstab g) an, wonach
eine Verpflichtung, keine Neubebauung als Ersatz für die aufgegebene Nutzung vorzunehmen unter der Einschränkung steht, dass die Neubebauung im Interesse der Entwicklung des Betriebs im Sinne des Absatzes 1 Nr. 1 erforderlich wird.
Insoweit gilt jedoch nichts anderes, als in den sonstigen Fällen des § 35 Abs. 1 Nr. 1 BGB
auch. Danach muss ...
... das neu zu errichtende Gebäude einem landwirtschaftlichen Betrieb "dienen".
Ein Vorhaben dient im Sinne von § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB
einem landwirtschaftlichen Betrieb nur dann, wenn ein vernünftiger Landwirt - auch und gerade unter Berücksichtigung des Gebots größtmöglicher Schonung des Außenbereichs - dieses Vorhaben mit etwa gleichem Verwendungszweck und mit etwa gleicher Gestaltung und Ausstattung für einen entsprechenden Betrieb errichten würde und das Vorhaben durch diese Zuordnung zu dem konkreten Betrieb auch äußerlich erkennbar geprägt wird.
Als hierzu vergleichbares Urteil zu nennen ist BVerwG, Urteil vom 3. November 1972 - <a href="http://dejure.org/dienste/vernetzung/rechtsprechung?Text=4%20C%209.70" target="_blank" class="djo_link" title="BVerwG, 03.11.1972 - IV C 9.70: Begriff der Landwirtschaft und des "Dienens"">4 C 9.70</a>.
Soweit es nach der Rechtsprechung also auf die Auffassung eines vernünftigen Landwirts ankommt, wäre es wohl unvernünftig, in nächster Zeit wieder ein Stallgebäude in unmittelbarer Nähe des bisherigen Betriebes zu errichten, welches dem jetzt umgenutzten Stallgebäude 1:1 entspricht.
Dennoch ist die Errichtung weiterer Gebäude an der bisherigen Hofstelle auch nicht ausgeschlossen. Entscheidend ist vielmehr die landwirtschaftliche Vernunft. Auch insoweit gehen Sie richtigerweise davon aus, dass es sich um einen unbestimmten Rechtsbegriff handelt, der einen Interpretationsspielraum belässt.
Letztlich wird es deshalb auf die wirtschaftliche Entwicklung in Bezug auf den von Ihnen angesprochenen landwirtschaftlichen Betrieb konkret sowie auf die wirtschaftliche Entwicklung der Tierhaltung insgesamt ankommen, auch unter Berücksichtigung auf die geplante Kooperation und die Gründung einer BGB-Gesellschaft.
Eine Aufzählung sämtlicher Aspekte die den Neubau einer Stallung rechtfertigen könnten, wie beispielsweise Verbesserung des Tierschutzes, artgerechtere Haltung etc. würde diesen Rahmen sprengen.
Zu berücksichtigen ist aber in jedem Fall, dass der Zweck des Gesetzes nicht unterlaufen werden darf, der ja gerade den Strukturwandel fördern sollte. Die Neubebauung mit einem der bisherigen Stallung genau entsprechenden Gebäude würde diesem Zweck -entsprechend der behördlichen Auskunft- wohl nicht gerecht.
Auch nicht unberücksichtigt gelassen werden darf, dass bei der Umwandlung in mehrere Wohneinheiten gegebenenfalls Abwehrrechte der neuen Bewohner entstehen, mit der Folge, dass eine Erweiterung des Betriebes weiteren Einschränkungen unterliegen kann.
Im Ergebnis darf dem betroffenen Landwirt jedoch auch die Ausübung seines Berufs und damit die Betriebsführung nicht unmöglich oder derart erschwert werden, dass sie wirtschaftlich unsinning würde.
Zu Ihrer Frage 2: Auswirkungen auf den Partner-Landwirt in der BGB - Gesellschaft
Die auch grundbuchrechtliche Verpflichtung gemäß § 35 Abs. 4 Nr. 1 Buchstabe g) hätte keine Einflüsse auf die Betriebsstelle des Partnerlandwirts in einer Entfernung von etwa 5 km.
Dort ist also, ebenfalls unter den Voraussetzungen des § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB
eine Erweiterung der Hofstelle möglich, da sich die entsprechende Verzichtserkläung nur auf die räumliche Einheit der (teilweise umzunutzenden) Betriebsstelle bezieht, in deren Zusammenhang sich die derzeitige Stallung - die umgebaut werden soll - befindet.
Zu Ihrer Frage 3: Auswikungen des Zeitpunkts der gmeinsamen BGB Gesellschaftsgründung
Grundsätzlich hat die Gründung der BGB Gesellschaft keine Auswirkungen. Sinnvoll wäre es aber die BGB - Gesellschaft dann vor der eigentlichen Umnutzung durchzuführen, wenn die Stadt die Umnutzung ansonsten nicht gestattet - was hier ja nach ihrer Schilderung nicht der Fall ist, da die Gestattung wohl schon vorliegt.
Nur wenn die Stadt noch weiter überzeugt werden muss könnte etwa die Zusammenlegung der Betriebe, bzw. die Verlagerung der Produktion an den etwa 5 km entfernten Betriebssitz des Partner-Landwirts zur Erläuterung des Umnutzungsantrags angeführt werden und zur Möglichkeit der Genehmigung der Umnutzung beitragen.
Zu Ihrer Frage 4: Bestehenbleiben des Verzichts nach Ausparzellierung des Grundstücks.
Unter Berücksichtigung der Ausführungen zu Frage 1 darf - wie gesagt - der Zweck des Gesetzes nicht unterlaufen werden.
Entscheidend ist deshalb nicht die formale Ausparzellierung, sondern die funktional räumliche Einheit zur Betriebsstelle.
Zu beachten ist ferner das Gebot größtmöglicher Schonung des Außenbereichs.
Nach dieser Maßgabe und unter Berücksichtigung der (Abwehr-) Rechte der Bewohner des ausparzellierten Grundstücks wäre eine Neubebauung in Zukunft - auch und gerad unter Berücksichtigung der dann vorliegenden (land-) wirtschaftlichen Situation neu zu prüfen, zu bewerten und mit dem Gebot größmöglicher Schonung des Außenbereichs abzuwägen. Letztlich entscheidend ist aber, dass gerade solche Anlagen, die in den Außenbereich gehören (wie landwirtschaftliche Betriebe) dort auch zu genehmigen sind.
Für weitere Rückfragen stehe ich Ihnen selbstverständlich jederzeit gerne zur Verfügung. Besuchen Sie mich doch auch im Büro und bringen Sie Ihre Baupläne /-Anträge mit, dann können wir uns eingehender über das konkrete Vorhaben unterhalten.
Selbstverständlich könnte ich dann auch die weitere Korrespondenz mit der Stadt für den Landwirt übernehmen und die Einzelheiten der grunduchrechtlichen Belastung -auch in Bezug auf die angestrebte gesellschaftsrechtliche Veränderung- weiter realisieren.
Mit freundlichen Grüßen
RA Markus Koerentz, LL.M.
Antwort
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Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht