Willkommen beim Original und Testsieger.
Online seit 2004, mit über 140.000 Fragen & Antworten. 
00.000
Bewertungen
0,0/5,0
Günstige Rechtsberatung für alle.
Anwalt? Mitmachen

Notfällung nach Sturmschaden, Versicherungsschutz

| 10. August 2025 11:48 |
Preis: 45,00 € |

Versicherungsrecht, Privatversicherungsrecht


Beantwortet von


in unter 1 Stunde

Sehr geehrte Damen und Herren,
für das Grundstück besteht eine Wohngebäude Plus Versicherung bei der HUK Coburg.
Ende Juni ist bei einem registrierten Sturm mit Windstärken über 10 der massive Seitenarm einer gewaltigen Buche, die auf dem Grundstück steht, abgesplittert. Der daraus entstandene Schaden ist korrekt reguliert worden.
Da der Baum zu stark beschädigt war und beim Umfallen auf die stark befahrene Straße (einschließlich BVG-Buslinie und Haltestelle) kippen würde, stellte er ein erhebliches Sicherheitsrisiko dar und musste von einer Baumfirma mit Auftrag des Grundstückseigentümers notgefällt werden.
Mehrmals wurde die (teilweise) Übernahme der Kosten bei der HUK angefragt. Diese Anfragen wurden sofort postwendend abgewiesen mit dem Argument, nur die Entsorgungskosten für bereits gestürzte Bäume würden übernommen.
Da für die Notfällung die Straße gesperrt, der Bus umgeleitet, die Haltestelle verlegt und ein Kran benutzt werden musste, sind erhebliche Kosten entstanden. Bevor diese privat getragen werden, möchte ich mich noch einmal auf diesem Weg rückversichern, dass von der HUK tatsächlich keine Leistung geschuldet ist. Man könnte ja argumentieren, dass der Baum als durch den Sturmschaden beschädigter TEIL DES GRUNDSTÜCKES eine Gefahr darstellte und deshalb entfernt werden musste. Wie schätzen Sie unsere rechtlichen Möglichkeiten ein?

10. August 2025 | 12:16

Antwort

von


(174)
Teerhof 59
28199 Bremen
Tel: 0421 83066384
Web: https://www.frag-einen-anwalt.de/anwalt/Rechtsanwalt-Deniz-Altundag-__l108683.html
E-Mail:
Diesen Anwalt zum Festpreis auswählen Zum Festpreis auswählen

Sehr geehrte Fragestellerin,

Ihre Anfrage möchte ich Ihnen auf Grundlage der angegebenen Informationen verbindlich wie folgt beantworten:

I. Versicherungsrechtliche Grundlagen

1. Versicherungsumfang der Wohngebäudeversicherung
Die Wohngebäudeversicherung deckt grundsätzlich Schäden am versicherten Gebäude und den mitversicherten Grundstücksbestandteilen ab, soweit diese durch versicherte Gefahren (z.B. Sturm, Hagel) verursacht wurden. Versichert sind regelmäßig auch Nebengebäude, Garagen, Zäune und manchmal auch Bäume, sofern dies ausdrücklich vereinbart ist.

a) Sturm als versicherte Gefahr
Ein Sturm ab Windstärke 8 (mindestens 62 km/h) gilt als versicherte Gefahr. Nach Ihrer Schilderung lag die Windstärke deutlich darüber, sodass der Schaden dem Grunde nach versichert ist.

b) Bäume als versicherte Sachen
Bäume sind in der Regel nicht als „Gebäude" im Sinne der Wohngebäudeversicherung versichert. Manche Tarife (z.B. „Plus"-Tarife) können jedoch Zusatzleistungen für Bäume und deren Entsorgung nach Sturmschäden vorsehen. Maßgeblich ist hier der konkrete Wortlaut Ihrer Versicherungsbedingungen (AVB).

2. Versicherungsbedingungen der HUK Coburg (Wohngebäude Plus)
Nach den Allgemeinen Wohngebäude-Versicherungsbedingungen (AVB) der HUK Coburg, Stand 2024, ist regelmäßig Folgendes geregelt:

Entsorgungskosten für umgestürzte Bäume: Die Versicherung übernimmt die Kosten für das Entfernen und Entsorgen von Bäumen, die durch Sturm/Hagel umgestürzt oder derart beschädigt wurden, dass sie umzustürzen drohen.
Fällkosten für nicht umgestürzte, aber beschädigte Bäume: Die Kosten für die Fällung eines Baumes, der zwar beschädigt, aber noch nicht umgestürzt ist, werden in der Regel nicht übernommen, es sei denn, der Baum stellt eine unmittelbare Gefahr dar und die Fällung ist zur Abwendung eines weiteren versicherten Schadens erforderlich.

Beispielhafte Klausel (HUK Coburg, Stand 2024):

„Wir ersetzen die Kosten für das Entfernen und Entsorgen von durch Sturm oder Hagel umgestürzten Bäumen auf dem Versicherungsgrundstück. Kosten für die Fällung und Entsorgung von Bäumen, die nicht umgestürzt sind, werden nicht ersetzt."


II. Bewertung des Einzelfalls

1. Schadenereignis und Gefahrensituation
Der massive Seitenarm der Buche wurde durch den Sturm abgebrochen, der Baum war dadurch so stark beschädigt, dass ein Umstürzen auf die Straße und die BVG-Haltestelle drohte. Die akute Gefährdungslage erforderte eine sofortige Notfällung, verbunden mit erheblichen Sicherungsmaßnahmen (Straßensperrung, Kran, Umleitung).

2. Argumentation für die Kostenübernahme

a) Unmittelbare Gefahr und versicherter Schaden
Es kann argumentiert werden, dass der Baum infolge des versicherten Sturmereignisses derart beschädigt wurde, dass eine unmittelbare Gefahr für Personen und Sachen bestand. Die Notfällung war zur Abwendung eines weiteren Schadens zwingend erforderlich. In der Rechtsprechung und Literatur wird teilweise vertreten, dass auch die Kosten für die Beseitigung einer durch den Sturm beschädigten, akut umsturzgefährdeten Sache (hier: Baum) als versicherte Kosten anzusehen sind, wenn die Maßnahme zur Schadensminderung und Gefahrenabwehr notwendig ist.

b) Schadensminderungspflicht (§ 82 VVG)
Nach § 82 Abs. 1 VVG ist der Versicherungsnehmer verpflichtet, bei Eintritt des Versicherungsfalls den Schaden möglichst abzuwenden und zu mindern. Die Kosten für solche Maßnahmen sind nach § 83 VVG grundsätzlich vom Versicherer zu tragen, soweit sie zur Abwendung eines weiteren versicherten Schadens erforderlich waren.

§ 83 VVG: „Der Versicherer hat die Kosten zu ersetzen, die dem Versicherungsnehmer bei Eintritt des Versicherungsfalls durch Maßnahmen zur Abwendung oder Minderung des Schadens entstanden sind, soweit sie den Umständen nach geboten erscheinen."

c) Abgrenzung zu nicht versicherten Kosten
Die Versicherer argumentieren häufig, dass nur die Entsorgungskosten für bereits umgestürzte Bäume übernommen werden. Die Fällung eines noch stehenden, aber beschädigten Baumes wird als nicht versichert angesehen. Diese Auslegung ist jedoch nicht zwingend, wenn die Fällung zur Abwendung eines weiteren Schadens (z.B. Umsturz auf die Straße, Verletzung Dritter) erforderlich war und der Baum infolge des versicherten Ereignisses beschädigt wurde.

III. Rechtliche Möglichkeiten und Vorgehen

1. Anspruchsgrundlage
Sie können gegenüber der HUK Coburg die Kosten der Notfällung und der damit verbundenen Sicherungsmaßnahmen als Schadenminderungskosten gemäß § 83 VVG geltend machen, da die Maßnahme zur Abwendung eines weiteren versicherten Schadens erforderlich und geboten war.

2. Beweisführung
Für die Durchsetzung des Anspruchs ist es wichtig, die akute Gefährdungslage und die Notwendigkeit der Fällung zu dokumentieren:

Gutachten oder Stellungnahme der Baumfirma zur akuten Umsturzgefahr
Fotos des beschädigten Baumes
Nachweis der behördlichen Anordnung oder Empfehlung zur Fällung (z.B. Polizei, Feuerwehr, Ordnungsamt)
Dokumentation der durchgeführten Maßnahmen (Straßensperrung, Kran, Umleitung)

3. Vorgehen gegenüber der Versicherung

Schriftliche Geltendmachung der Kosten unter Berufung auf § 83 VVG und die Schadensminderungspflicht
Beifügung aller Nachweise zur Notwendigkeit und Unvermeidbarkeit der Maßnahme
Hinweis auf die akute Gefährdungslage und die unmittelbare Gefahr für Dritte


IV. Zusammenfassung und Empfehlung
Nach den vorliegenden Informationen und unter Berücksichtigung der gesetzlichen Regelungen (§§ 82, 83 VVG) sowie der üblichen Versicherungsbedingungen besteht eine gute Argumentationsgrundlage, die Kosten der Notfällung als Schadenminderungskosten gegenüber der HUK Coburg geltend zu machen. Die Versicherung ist verpflichtet, solche Kosten zu ersetzen, wenn sie zur Abwendung eines weiteren versicherten Schadens erforderlich waren.
Die pauschale Ablehnung der HUK Coburg mit Verweis auf die Entsorgungskosten für umgestürzte Bäume greift zu kurz, wenn die Fällung zur Abwendung einer akuten Gefahr infolge eines versicherten Schadens notwendig war.

Ich empfehle, die Kosten unter Berufung auf § 83 VVG und unter Vorlage der entsprechenden Nachweise erneut geltend zu machen. Sollte die Versicherung weiterhin ablehnen, kann eine rechtliche Durchsetzung (ggf. Klage) in Betracht gezogen werden.

Bitte prüfen Sie die individuellen Versicherungsbedingungen (AVB) Ihrer Police, da die genaue Formulierung entscheidend ist.

Ich hoffe, Ihre Frage verständlich beantwortet zu haben und bedanke mich für das entgegengebrachte Vertrauen.

Mit freundlichen Grüßen


Bewertung des Fragestellers 15. August 2025 | 10:53

Hat Ihnen der Anwalt weitergeholfen?

Wie verständlich war der Anwalt?

Wie ausführlich war die Arbeit?

Wie freundlich war der Anwalt?

Empfehlen Sie diesen Anwalt weiter?

"

Herzlichen Dank für die detaillierte Antwort!

"
Mehr Bewertungen von Rechtsanwalt Deniz Altundag »
BEWERTUNG VOM FRAGESTELLER 15. August 2025
5/5,0

Herzlichen Dank für die detaillierte Antwort!


ANTWORT VON

(174)

Teerhof 59
28199 Bremen
Tel: 0421 83066384
Web: https://www.frag-einen-anwalt.de/anwalt/Rechtsanwalt-Deniz-Altundag-__l108683.html
E-Mail:
RECHTSGEBIETE
Mietrecht, Arbeitsrecht, Verkehrsrecht, Vertragsrecht, Strafrecht, Familienrecht, Versicherungsrecht, Erbrecht