Sehr geehrter Fragesteller,
vielen Dank für Ihre Fragen, die ich auf Basis der von Ihnen zur Verfügung gestellten Fragen wie folgt beantworte:
Aufgrund des seitens der Gesellschaft ausgesprochenen nachvertraglichen Verzichts auf das Wettbewerbsverbot nach § 7 Abs. 2-8 waren diese Bestimmungen bei Ihrer hier gestellten Frage nicht zu prüfen. Allerdings könnte es sich unter Umständen lohnen, noch einmal nachzusehen, ob der Verzicht durch die Gesellschaft in der erfolgten Form und zum erfolgten Zeitpunkt rechtmäßig ist (vgl. die Regelung in § 7 Abs. 6). Denn die zu zahlende Karenzentschädigung als Ausgleich für das umfassende Wettbewerbsverbot kann je nach der persönlichen Situation für den ausgeschiedenen Geschäftsführer durchaus attraktiv sein. Dies war aber nicht Gegenstand Ihrer Frage.
(1) Mit Ihrer ersten Frage möchten Sie wissen, ob die verbliebene, vom Verzicht nicht umfasste Kundenschutzklausel des § 7 Abs. 1 anfechtbar ist oder für nichtig erklärt werden kann.
Grundsätzlich können nachvertragliche Wettbewerbsverbote am Maßstab der Sittenwidrigkeit gemessen werden und können daher auch nichtig sein (§ 138 BGB
). In diesem Falle könnten die Parteien aus einer solchen Klausel weder Rechte noch Pflichten herleiten.
Die Rechtsprechung prüft nachvertragliche Wettbewerbsverbote in zwei Schritten:
Im ersten Schritt wird geprüft, ob die Klausel einem berechtigten Interesse der Gesellschaft dient. Im zweiten Schritt wird geprüft, ob durch die Klausel nach Ort, Zeit und Gegenstand die Berufsausübung und die wirtschaftliche Betätigung des ehemaligen Geschäftsführers nicht unbillig erschwert werden.
Im Schutz von Kunden- und Lieferantenbeziehungen sieht die Rechtsprechung ein berechtigtes Interesse der Gesellschaft (erster Schritt).
Im Hinblick auf Umfang und Intensität des Wettbewerbsverbotes (zweiter Schritt) verfolgt allerdings die Rechtsprechung bei bloßen Kundenschutzklauseln einen gelockerten Maßstab. Die hier in Rede stehende Klausel in § 7 Abs. 1 ist eine Kundenschutzklausel, da nur der Kontakt zu Kunden der Gesellschaft, nicht aber die Tätigkeit in der Branche oder im Unternehmensgegenstand an sich verboten werden soll.
Die zeitliche Begrenzung von 2 Jahren ist nach der Rechtsprechung zulässig. Bei bloßen Kundenschutzklauseln ist es auch zulässig, auf eine Karenzentschädigung zu verzichten. Kundenschutzklauseln können damit bei Geschäftsführern entschädigungslos vereinbart werden (vgl. etwa BGH, Urteil vom 26. März 1984 – II ZR 229/83
).
Problematischer erscheint, dass in § 7 Abs. 1 sämtliche Kunden, die ,,Geschäftskontakte zu der Gesellschaft" hatten, von der Klauseln umfasst sein sollen:
Zum einen erfolgt keine Begrenzung auf den Zweck der Geschäftskontakte, etwa auf den Unternehmensgegenstand der Gesellschaft (Spediteurwesen). Nach der Rechtsprechung ist in solchen Fällen ,,Kunde" lediglich der entgeltliche Abnehmer der Dienstleistungen der GmbH (vgl. OLG Düsseldorf, Urteil vom 10. März 2000 – 17 U 133/99
).
Zum zweiten werden alle Kunden erfasst, auch solche, zu denen der Geschäftsführer selbst keinen Kontakt hatte und die möglicherweise nicht einmal in seinen Geschäftsbereich fielen. Jedenfalls für konzernweite Kundenschutzklauseln, die nicht auf einem realen Kontakt basieren, hat das OLG Nürnberg eine unbillige Benachteiligung eines Geschäftsführers bejaht (OLG Nürnberg, Urteil vom 25. November 2009 – 12 U 681/09
). Im konkreten Fall käme es auf die Struktur und Größe des Unternehmens und etwaige Geschäftsbereiche an, gegebenenfalls auch darauf, wie umfassend der Geschäftsführer in sämtliche Kundenkontakte eingebunden war.
Drittens werden durch § 7 abs. 1 unter Geschäftskontakten auch solche Kunden aufgefasst, die lediglich bei ,,Akquisitionsmaßnahmen" bekannt geworden sein sollen. Darunter können bei entsprechender Auslegung auch lediglich potenzielle Kunden fallen, mit denen eine konkrete Vertragsbeziehung nicht zustande gekommen ist. Entschädigungslose Kundenschutzklauseln werden aber nur unter dem Gesichtspunkt für zulässig gehalten, dass lediglich der bereits bestehende Kundenstamm, nicht aber ein zukünftiger erfasst ist. Diese Berechtigung wäre hier jedenfalls teilweise nicht gegeben.
Unter diesen Gesichtspunkten – vor allem dem dritten Punkt - könnte die Klausel zu weit geraten sein, wobei ein Gericht eine wertende Einzelfallbetrachtung vornehmen wird.
(2) Ihre zweite Frage richtet sich nach dem Umfang der Klausel. Wie bereits unter (1) ausgeführt, werden alle Bestandskunden der Spedition erfasst. Was die mögliche Beschränkung für lediglich potentielle Kunden angeht, die Gegenstand von Akquisitionsmaßnahmen waren, spricht viel für eine Ungültigkeit der Regelung.
Solche Klauseln dürfen allerdings nach der Rechtsprechung nicht einem Berufsverbot des ehemaligen Geschäftsführers gleichkommen. Dies kann man z.B. annehmen, wenn der Markt sehr eng und spezialisiert ist und es nur wenige Anbieter gibt. Im Bereich von Speditionsdienstleistungen würde meines Erachtens eine regionale Monopolstellung, wie Sie sie beschreiben, einem Berufsverbot allerdings nicht gleichzustellen sein. Man könnte Ihnen entgegenhalten, dass es über die Region eine ausreichende Zahl an Konkurrenzunternehmen mit einer anderen Kundenstruktur gibt.
(3) Die dritte Frage betrifft den räumlichen Geltungsbereich der Klausel. Die Klausel enthält explizit keine Regelung zum räumlichen Geltungsbereich. Die Klausel beschränkt sich auf Kunden der Gesellschaft. Damit sind ohne weiteres auch Kunden mit Sitz im Ausland, etwa der Schweiz, umfasst. Für eine andere Auslegung, etwa eine Beschränkung der Klausel auf deutsche Kunden, sind leider keine Anhaltspunkte erkennbar.
Die Vereinbarung einer multinational geltenden Kundenschutzklausel ist im Rahmen der Vertragsfreiheit auch zulässig.
Für Rückfragen und Verständnisfragen stehe ich Ihnen jederzeit gerne zur Verfügung.
Mit freundlichen Grüßen
Antwort
vonRechtsanwalt Christian Schilling, Dipl.-Jur.
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