Sehr geehrte Ratsuchende,
vielen Dank für Ihre Anfrage, die ich anhand des von Ihnen geschilderten Sachverhalts im Rahmen einer Erstberatung wie folgt beantworten möchte:
Um Gewährleistungsrechte (hierzu zählt auch ein Rücktritt) geltend machen zu können, müsste zunächst ein Mangel vorliegen. Zweifelsohne ist der Pkw durch den vorausgegangenen Totalschaden "mangelhaft" im tatsächlichen Sinne. Allerdings wurde der Wagen zumindest nach dem schriftlichen Vertrag auch als Unfallwagen verkauft. Dies könnte eine Vereinbarung über die Beschaffenheit des Fahrzeugs sein, die dazu führt, dass ein alter Unfall gerade kein Mangel im rechtlichen Sinn darstellt.
Hier kommt es zum einen darauf an, wie die Beschreibung „Kaufvertrag über einen gebrauchtes Verwertungs.-Gebraucht.-Unfall Fahrzeug" zu werten ist. Handelt es sich um Alternativen, die ggf. zu streichen/auszuwählen sind? Ist hier tatsächlich alles gemeint gewesen, also gebraucht, Verwertungsfahrzeug und Unfallfahrzeug?
Und zum anderen kommt es darauf an, wie die Aussage des Verkäufers, "das Auto sei in einem Top Zustand", auszulegen ist. Das OLG Hamm hat in einem Urteil aus 1996 entschieden, dass die Aussage eines Händlers der Wagen sei "einwandfrei" oder "in Ordnung" nicht zwingend eine Beschaffenheitszusage sei (OLG Hamm, NJW-RR 97, 429
; Palandt § 434 Rn 78).
Es bestehen hier also gewisse Auslegungsrisiken oder Unsicherheiten, wie ein Gericht den Sachverhalt interpretieren würde. Ich würde dahin tendieren, die Umstände so auszulegen, dass hier ein Unfallwagen verkauft wurde, der sich jedoch in einem sehr guten Zustand befindet. In diesem Fall käme es dann weiter darauf an, ob der Altschaden fachgerecht instandgesetzt wurde oder nicht. Im letzteren Fall läge trotz allem ein Mangel vor, so dass Sie den Händler zur fachgerechten Reparatur auffordern könnten.
Der Haftunsausschluss in den AGB des Verkäufers ist unwirksam, da es sich um einen Verbrauchsgüterkauf handelt (§ 475 Abs. 2 BGB
). Allerdings müssten Sie die Aussage des Händlers, der Wagen sei in einem top Zustand, beweisen können. Da Ihr Partner jedoch offenbar anwesend war, sollte das möglich sein.
Ich würde Ihnen daher empfehlen, den Händler zur Nachbesserung aufzufordern, d.h. zur sachgemäßen Instandsetzung. Sollte er sich weigern, so könnten Sie im Anschluss vom Vertrag zurücktreten.
Ich hoffe, Ihre Frage verständlich beantwortet zu haben und bedanke mich für das entgegengebrachte Vertrauen. Bei Unklarheiten können Sie die kostenlose Nachfragefunktion benutzen.
Mit freundlichen Grüßen
LL.M. (UNSW), Dipl.-Finanzwirtin (FH) Birgit Marten, Rechtsanwältin
Sehr geehrte Frau Marten,
vielen Dank für die rasche Antwort und Ihre Mühe bei der Beantwortung.
Nach Aussage der Werkstatt sind der Getriebeschaden und auch die defekte Klimaanlage Folgen des damaligen Unfalls bzw. aus der unsachgemäßen Reparatur. Deshalb sind doch aktuell tatsächliche Mängel am Auto vorhanden, die auch durch einen Kostenvoranschlag berechnet wurden?
Ich habe im Internet gelesen, dass gewerbliche Händler bei Annahme von Fahrzeugen eine Prüfungspflicht haben und falls ein Verdacht auf Vorschäden besteht einer Untersuchungspflicht unterliegen. Kleinere Bagatellschäden müssen nicht unbedingt angegeben werden aber da es sich hier um einen gemeldeten Totalschaden handelt, wäre meine Hoffnung gewesen hier ein Schlupfloch aus dem Vertrag zu erwischen.. Der Händler hat sich mit seinen Formulierungen aber anscheinend perfekt abgesichert.
Habe ich Sie richtig verstanden, dass mein Recht auf Reparatur besteht und sollte er nun diese auf seine Kosten ablehnen bestünde dadurch die Möglichkeit vom Vertrag zurück zu treten?
Vielen Dank.
Sehr geehrte Fragestellerin,
Sie beschreiben die Rechtslage vollkommen richtig. Der Händler muss den Wagen prüfen und Unfälle mitteilen. Nach dem Vertragtext hat er das aber meiner Einschätzung nach auch getan (siehe Überschrift "Unfallfahrzeug").
Seine Aussage über den Zustand des Autos führt aber dazu, dass die nicht fachgerechte Reparatur und die daraus entstandenen Schäden trotzdem Mängel sind. Diese Mängel muss der Händler beheben. Tut er dies nach einer Fristsetzung nicht, können Sie vom Vertrag zurücktreten.
Ich hoffe, ich konnte Ihre Nachfrage zu Ihrer Zufriedenheit beantworten.
Freundliche Grüße
Birgit Marten, LL.M. (UNSW)