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Mitarbeiter 8 Monate rückwirkend einstellen

22. September 2025 15:42 |
Preis: 60,00 € |

Sozialrecht


Beantwortet von


in unter 2 Stunden

Hallo,

im Februar 2025 habe ich meine Frau vom Minijob abgemeldet und sie hat sich selbstständig gemacht. In den 8 Monaten kam ein Umsatz von nur ≈100€ zusammen. Monatliche Kosten 160€/mtl.
Nachträglich will bald auch noch die Krankenkasse Geld haben. Höhere Einnahmen sind aktuell nicht zu erwarten.

Die Woche wurde das Gewerbe als Nebengewerbe umgeschrieben.
Die Idee war, die damalige Kündigung aufzuheben, die Stunden nach zu berechnen (statt auf Rechnung an mich) und das die Krankenkasse wieder über die Familie läuft, bzw. gelaufen ist.

Als Begründung bezüglich den Rückfragen SV Prüfung + Minijobzentrale würden wir angeben:
Da die selbstständige Tätigkeit bislang kaum Umsätze generiert hat und praktisch ausschließlich Aufträge für FIRMA-XY erbracht wurden, bestand das Risiko, dass dies als Scheinselbstständigkeit eingestuft werden könnte. Um Missverständnisse oder rechtliche Probleme zu vermeiden, möchten wir das Arbeitsverhältnis rückwirkend wieder in eine reguläre Anstellung ändern. Auf diese Weise ist klar geregelt, dass ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis vorliegt und keine Gefahr der Scheinselbstständigkeit entsteht.

Wäre die Begründung stabil für Rückfragen? Oder geht das besser/sicherer?
Was für Strafen sind zu erwarten?

Vielen Dank!

22. September 2025 | 17:09

Antwort

von


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Sehr geehrter Fragesteller,

gerne beantworte ich Ihre Fragen auf Grundlage des geschilderten Sachverhalts wie folgt:

Vielen Dank für Ihre Anfrage. Nachfolgend erhalten Sie eine fundierte Einordnung und eine praxistaugliche Vorgehensempfehlung unter Angabe der maßgeblichen Normen und aktueller Hinweise der Sozialversicherungsträger sowie einschlägiger Rechtsprechung.

Ausgangslage und Zielrichtung
Ihre Ehefrau wurde im Februar 2025 aus einem Minijob abgemeldet und nahm eine selbstständige Tätigkeit auf. Der Umsatz lag in acht Monaten bei nur etwa 100 €, laufende Kosten bei 160 € monatlich; die Krankenkasse fordert rückwirkend Beiträge. Sie erwägen, die Selbständigkeit rückgängig zu machen, rückwirkend (wieder) eine Beschäftigung anzunehmen und die Familienversicherung greifen zu lassen. Maßgeblich ist dabei nicht die formale Bezeichnung, sondern die tatsächlichen Verhältnisse; eine „Umdeklaration" wirkt für die Sozialversicherung nicht automatisch. Das hat das Bundessozialgericht mehrfach betont: Die Parteien können die Zuordnung zu Beschäftigung oder Selbständigkeit nicht mit bindender Wirkung „vereinbaren"; entscheidend ist das Gesamtbild der tatsächlichen Tätigkeit.

Familienversicherung trotz (Neben-)Selbständigkeit
Familienversicherung nach § 10 SGB V ist ausgeschlossen bei hauptberuflicher Selbständigkeit; bei nebenberuflicher Selbständigkeit ist sie möglich, wenn das „regelmäßige Gesamteinkommen" die Grenze nicht übersteigt. Für 2025 beträgt die allgemeine Einkommensgrenze 1/7 der Bezugsgröße und liegt bei 535 € monatlich. Bei nebenberuflich Selbständigen zählt der Gewinn nach Abzug der Betriebsausgaben. Zudem wird bei der Abgrenzung „hauptberuflich/nebenerwerblich" als starkes Indiz herangezogen, ob die Tätigkeit regelmäßig mehr als 20 Wochenstunden erfordert; bei bis zu 20 Wochenstunden ist Hauptberuflichkeit regelmäßig zu verneinen (Ausnahmen bei Lebensunterhalt überwiegend aus der Selbständigkeit). Diese Kriterien sind in den Grundsätzlichen Hinweisen des GKV-Spitzenverbandes niedergelegt und werden von den Kassen angewandt. Bei Ihnen sprechen sowohl die fehlenden Gewinne (bzw. Verluste) als auch der vermutete geringe Zeitaufwand gegen eine Hauptberuflichkeit, sodass eine rückwirkende Familienversicherung ab Februar 2025 grundsätzlich möglich erscheint, sofern keine anderen Ausschlussgründe vorliegen.

Wichtig: Die handels-/gewerberechtliche „Umschreibung in ein Nebengewerbe" ist für die GKV-Bewertung unbeachtlich; die Kasse prüft eigenständig nach den sozialversicherungsrechtlichen Kriterien (Zeitaufwand, Einkommenshöhe, Lebensunterhalt, keine Gründungszuschüsse etc.). Die Barmer stellt diese Abgrenzungsmerkmale – u. a. 20-Stunden-Indiz – plastisch dar. Für die Einkommensgrenze verweist der Verband der Ersatzkassen auf 535 € (2025).

Rückwirkende „Umstellung" auf Beschäftigung
Soll stattdessen (oder ergänzend) rückwirkend ein Beschäftigungsverhältnis angenommen werden, ist der richtige Weg das Statusfeststellungsverfahren nach § 7a SGB IV bei der DRV Bund (Clearingstelle). Es klärt, ob in der Vergangenheit Beschäftigung vorlag. Wird Beschäftigung bejaht, sind Gesamtsozialversicherungsbeiträge nachzuzahlen; rein nachträgliche Vertragsänderungen ersetzen die Statusprüfung nicht.

Finanzielle Folgen bei rückwirkender Beschäftigung
Wird eine frühere Beschäftigung festgestellt, drohen Beitragsnachforderungen bis zu vier Jahre zurück; bei vorsätzlich vorenthaltenen Beiträgen beträgt die Verjährungsfrist 30 Jahre (§ 25 SGB IV). Zusätzlich fallen Säumniszuschläge von 1 % je angefangenem Monat der Säumnis (§ 24 Abs. 1 SGB IV) an. Die Träger können Säumniszuschläge in bestimmten Konstellationen ganz oder teilweise erlassen; die DRV hat hierzu ein Rundschreiben veröffentlicht.

Ordnungswidrigkeiten/Bußgelder
Unabhängig davon können Verstöße gegen Meldepflichten (§ 28a SGB IV) eine Ordnungswidrigkeit nach § 111 SGB IV darstellen; der Bußgeldrahmen reicht – je nach Tatbestand – bis 25.000 € bzw. 50.000 €. In der Praxis wird bei frühzeitiger Selbstanzeige und Nachentrichtung regelmäßig deutlich milder geahndet; Dreh- und Angelpunkt ist die kooperative Korrektur.

Zur von Ihnen vorgeschlagenen Begründung („Scheinselbstständigkeit drohte")
Die Argumentation ist in der Richtung richtig, aber sie sollte auf die anerkannten Abgrenzungsmerkmale abstellen und nicht lediglich auf „ein Auftraggeber". Das Kriterium „nur ein Auftraggeber" ist allein nicht entscheidend; maßgeblich sind Weisungsgebundenheit, Eingliederung in Arbeitsabläufe, feste Arbeitszeiten/Arbeitsort, Berichtspflichten, Nutzung der Betriebsmittel des Auftraggebers etc., die im Gesamtbild überwiegen müssen. Eine Begründung für die Kasse/DRV sollte daher konkret diese Merkmale und die tatsächliche Durchführung schildern. Die DRV führt die Kriterien und Beispiele in ihren Informationsseiten und Rundschreiben aus.

Pragmatische Vorgehensempfehlung

1. Vorrangig Familienversicherung prüfen und rückwirkend beantragen: Reichen Sie bei der Krankenkasse eine EÜR (Februar 2025 bis heute), eine kurze Stundenaufschreibung (unter 20 Std./Woche), Nachweise zu fehlenden Gründungszuschüssen und eine Darstellung des Lebensunterhalts ein. Verweisen Sie auf § 10 SGB V und die 535-€-Grenze (2025) sowie auf die GKV-Hinweise zur Nebenberuflichkeit. Bei Anerkennung entfällt eine eigene freiwillige Versicherung; bereits erhobene Beiträge wären zu korrigieren.

2. Alternativ bzw. hilfsweise Statusfeststellung nach § 7a SGB IV für die Vergangenheit: Nur wenn die tatsächlichen Umstände einer Beschäftigung entsprechen (Weisungsgebundenheit/Eingliederung), beantragen Sie das Clearing. Bei positiver Feststellung zahlen Sie Beiträge nach; beantragen Sie zugleich den (Teil-)Erlass von Säumniszuschlägen und machen Sie Ihre freiwillige Korrektur geltend. Beachten Sie die Nettolohnfiktion.

3. Für die Zukunft: Reaktivierung eines echten Minijobs ist möglich und sozialversicherungsrechtlich unkritisch, wenn das Arbeitsverhältnis „fremdüblich" gestaltet und tatsächlich so gelebt wird (klare Arbeitszeiten, Vergütung, kein verdeckter Ehegattenbonus). Parallel kann ein kleines Nebengewerbe fortgeführt werden, solange es nebenberuflich bleibt und die Familienversicherungsvoraussetzungen gewahrt sind.

Ich hoffe diese Informationen helfen Ihnen weiter und stehe Ihnen für Rückfragen gerne zur Verfügung.

Mit freundlichen Grüßen

Hussein Madani
Rechtsanwalt


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