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Mischnutzung - Umlage Kaltwasserzähler / Heizkostesverteiler

| 29. September 2025 13:53 |
Preis: 50,00 € |

Mietrecht, Wohnungseigentum


Beantwortet von


in unter 2 Stunden

In den veranschlagten Häusern gibt es 33 Nutzereinheiten, davon 16 Mietwohnungen und 17 Gewerbeflächen. Einige der Gewerbeflächen haben mehrere Kaltwasserzähler, die Mietwohnungen jeweils einen, insgesamt kommt man auf 46 Kaltwasserzähler. In der Betriebskostenabrechnung werden die Gesamtkosten für diese 46 Kaltwasserzähler (Wartung/Gerätepreis/Auslesung) dann einfach gleichermäßig auf 33 Nutzer verteilt.
Gleiches geschieht mit den Heizkostenverteilern (HKV), manche Gewerbefläche hat 30 HKV und manche Mietwohnung nur 4 oder je nach Größe 8 HKV. Dennoch werden die Kosten aller HKV gleichmäßig auf 33 Nutzer verteilt.

Meine Frage: Müssen die Kosten der Kaltwasserzähler und der HKV nicht dem jeweiligen Nutzer zugeordnet und berechnet werden?

29. September 2025 | 14:39

Antwort

von


(1230)
Golmsdorfer Str. 11
07749 Jena
Tel: 036412692037
Web: https://www.jena-rechtsberatung.de
E-Mail:

Sehr geehrter Fragesteller,

Ihre Anfrage möchte ich Ihnen auf Grundlage der angegebenen Informationen verbindlich wie folgt beantworten:

Sie sind Nutzer einer von 33 Einheiten (16 Mietwohnungen, 17 Gewerbeflächen) in einer gemischt genutzten Immobilie. Die Kosten für die Ausstattung zur Verbrauchserfassung (insgesamt 46 Kaltwasserzähler und eine hohe, variable Anzahl an Heizkostenverteilern) werden in der Betriebskostenabrechnung nicht nach der Anzahl der jeweiligen Geräte pro Nutzer oder nach einem anderen verursachungsgerechten Maßstab, sondern pauschal zu gleichen Teilen auf die 33 Nutzeinheiten verteilt. Sie stellen die berechtigte Frage, ob diese Vorgehensweise rechtmäßig ist.

Die von Ihnen beschriebene Umlagepraxis ist nach meiner festen Überzeugung rechtlich unzulässig und eine entsprechende Betriebskostenabrechnung wäre mit hoher Wahrscheinlichkeit erfolgreich anfechtbar. Die Ungültigkeit ergibt sich aus den allgemeinen Grundsätzen des Betriebskostenrechts sowie den speziellen, zwingenden Vorschriften der Heizkostenverordnung.

Die Umlage von Betriebskosten richtet sich nach den §§ 556 ff. des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) in Verbindung mit der Betriebskostenverordnung (BetrKV). Der Vermieter ist grundsätzlich verpflichtet, die Betriebskosten nach einem gerechten und nachvollziehbaren Maßstab zu verteilen. Der gesetzliche Regelfall, sofern vertraglich nichts anderes vereinbart ist, ist die Umlage nach dem Anteil der Wohnfläche (§ 556a Abs. 1 S. 1 BGB).

Ein anderer Verteilerschlüssel, wie hier die Umlage "pro Nutzeinheit", kann zwar vertraglich vereinbart werden. Jedoch unterliegt auch ein vereinbarter Schlüssel einer Billigkeitskontrolle. Er darf nicht zu einer offensichtlich ungerechten und willkürlichen Kostenbelastung führen. Der Bundesgerichtshof (BGH) hat wiederholt entschieden, dass ein Umlageschlüssel dann unbillig ist, wenn er zu einer sachlich nicht mehr zu rechtfertigenden Ungleichbehandlung der Mieter führt.

Die Kosten für die Anmietung, Wartung und Eichung von Kaltwasserzählern gehören gemäß § 2 Nr. 2 BetrKV zu den umlagefähigen Kosten der Wasserversorgung.

Der von Ihrem Vermieter gewählte Maßstab – die gleichmäßige Verteilung der Gesamtkosten aller 46 Zähler auf 33 Nutzer – ist grob unbillig und verstößt gegen das Verursachungsprinzip.

Eine Gewerbeeinheit, die aufgrund ihrer Beschaffenheit oder betrieblichen Notwendigkeit mehrere Wasserzähler benötigt (z. B. für Teeküchen, separate WC-Anlagen, Produktionsbereiche), verursacht höhere Gerätekosten als eine Mietwohnung mit nur einem Zähler. Die Mieter der Wohnungen würden durch die pauschale Umlage gezwungen, die Kosten für Zähler mitzufinanzieren, die ausschließlich dem Gewerbebetrieb dienen und mit ihrer eigenen Nutzung in keinerlei Zusammenhang stehen.

Die Kosten für die Kaltwasserzähler sind, soweit sie sich einer einzelnen Mieteinheit direkt zuordnen lassen (z. B. Gerätemiete pro Zähler), auch direkt dieser Einheit zuzuordnen. Dies stellt die gerechteste und juristisch einzig saubere Methode dar. Die Kosten für den einzelnen Zähler in Ihrer Wohnung sind Ihnen zuzuordnen; die Kosten für die fünf Zähler einer Gewerbeeinheit sind dieser Gewerbeeinheit zuzuordnen. Eine Umlage dieser direkt zurechenbaren Kosten über einen allgemeinen Schlüssel ist unzulässig.

Für die Verteilung von Heiz- und Warmwasserkosten gelten nicht nur die allgemeinen Regeln des BGB, sondern vorrangig die Heizkostenverordnung (HeizkostenV). Deren Vorschriften sind gemäß § 2 HeizkostenV zwingendes Recht und können durch vertragliche Vereinbarungen nicht zum Nachteil des Mieters abbedungen werden.

Gemäß § 7 Abs. 2 HeizkostenV sind die Kosten der Ausstattung zur Verbrauchserfassung (also Miete, Wartung, Ablesung der HKV) Teil der umzulegenden Heizkosten. Diese Kosten sind nach § 7 Abs. 1 S. 1 HeizkostenV grundsätzlich im selben Verhältnis wie die Grundkosten (also zu 30-50 % der Gesamtheizkosten) auf die Nutzer zu verteilen. Der Maßstab für die Verteilung der Grundkosten ist in der Regel die Wohn- oder Nutzfläche.

Abermals: Auch hier gilt der Grundsatz der Billigkeit und das Verbot der sachfremden Kostenbelastung, insbesondere in einem gemischt genutzten Objekt.

Wenn eine Gewerbefläche 30 HKV hat und eine Wohnung nur 4, ist offensichtlich, dass die Ausstattungskosten für das Gewerbe ein Vielfaches der Kosten für die Wohnung betragen. Eine gleichmäßige Verteilung pro Nutzeinheit würde dazu führen, dass der Wohnungsmieter einen erheblichen Teil der Kosten für die Ausstattung des Gewerbes mitträgt. Dies ist eine unzulässige Quersubventionierung.

Der BGH hat in ständiger Rechtsprechung (z. B. Urteil vom 08.03.2006, Az. VIII ZR 78/05) klargestellt, dass bei gemischt genutzten Immobilien ein Vorwegabzug der auf das Gewerbe entfallenden Kosten zwingend erforderlich ist, wenn andernfalls eine erhebliche Mehrbelastung der Wohnraummieter die Folge wäre. Dies gilt nicht nur für die reinen Verbrauchskosten, sondern dem Grunde nach auch für die Ausstattungskosten, wenn hier eine erhebliche Diskrepanz vorliegt.

Die juristisch sauberste und fairste Methode wäre auch hier die direkte Zuordnung der Gerätekosten. Die Kosten für die 30 HKV werden der Gewerbeeinheit belastet, die Kosten für die 4 HKV der entsprechenden Wohnung. Sollte eine solche direkte Zuordnung (z. B. bei einem pauschalen Wartungsvertrag) nicht möglich sein, wäre eine Verteilung nach der Anzahl der installierten HKV pro Einheit eine denkbare, aber bereits weniger genaue Alternative. Die pauschale Verteilung nach Nutzeinheiten ist definitiv die falscheste und unzulässige Methode.

Ergebnis: Die von der Hausverwaltung praktizierte Umlage der Kosten für Kaltwasserzähler und Heizkostenverteiler pauschal pro Nutzeinheit ist rechtswidrig. Sie verstößt gegen den Grundsatz der verursachungsgerechten Kostenverteilung und ist insbesondere im Kontext der gemischten Nutzung unbillig und benachteiligend für die Wohnungsmieter. Die Abrechnung ist in diesen Punkten formell und materiell fehlerhaft.

Ich rate Ihnen dringend zu folgendem Vorgehen:

Schriftlicher Widerspruch: Legen Sie unverzüglich schriftlich (per Einschreiben) Widerspruch gegen die Betriebskostenabrechnung ein. Der Widerspruch muss innerhalb von 12 Monaten nach Zugang der Abrechnung erfolgen (§ 556 Abs. 3 S. 5 BGB), sollte aber zur Vermeidung von Rechtsnachteilen so früh wie möglich eingelegt werden. Begründen Sie Ihren Widerspruch damit, dass die Umlage der Kosten für die Messausstattung grob unbillig ist und dem Verursachungsprinzip widerspricht.

Zahlung unter Vorbehalt: Sollte sich aus der Abrechnung eine Nachzahlung ergeben, leisten Sie diese ausschließlich "unter dem Vorbehalt der Rückforderung und ohne Anerkennung einer Rechtspflicht". Dies stellen Sie in Ihrem Widerspruchsschreiben klar. So vermeiden Sie einen Zahlungsverzug, verlieren aber nicht Ihre Rechte.

Anforderung einer korrigierten Abrechnung: Fordern Sie den Vermieter im Widerspruchsschreiben auf, eine korrigierte Abrechnung vorzulegen, in der die Kosten für die Messausstattung verursachungsgerecht, d.h. durch direkte Zuordnung, verteilt werden.

Belegeinsicht: Fordern Sie gleichzeitig Ihr Recht auf Belegeinsicht (§ 259 BGB) in alle relevanten Rechnungen und Verträge (z.B. die Miet- und Wartungsverträge für die Zähler und HKV), um die genauen Kosten pro Gerät nachvollziehen zu können.

Anwaltliche Vertretung: Sollte der Vermieter nicht einlenken, stehe ich Ihnen für die weitere, auch gerichtliche, Durchsetzung Ihrer Ansprüche zur Verfügung. In der Regel führt bereits ein fundiertes anwaltliches Schreiben zum Einlenken der Gegenseite.


Ich hoffe, Ihre Frage verständlich beantwortet zu haben und bedanke mich für das entgegengebrachte Vertrauen. Bei Unklarheiten können Sie die kostenlose Nachfragefunktion benutzen.

Mit freundlichen Grüßen


Rechtsanwalt Steffan Schwerin

Bewertung des Fragestellers 29. September 2025 | 15:08

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Jetzt mal ganz unsachlich: WOW - ich habe hier schon einige Rechtsfragen gestellt aber noch nie eine so umfangreiche, detailierte und gleichzeitig so verständliche Antwort erhalten. Zudem auch noch Hilfesstellung zum weiteren Vorgehen. Also - allererste Sahne - wie wir Rheinländer sagen und vielen Dank!

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BEWERTUNG VOM FRAGESTELLER 29. September 2025
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