Sehr geehrter Fragesteller,
Ihre Anfrage möchte ich Ihnen auf Grundlage der angegebenen Informationen verbindlich wie folgt beantworten:
a) Sind die handschriftlichen engen Vorgaben in §29 (Farbvorgabe, Qualitätsvorgabe) wirksam?
Die handschriftliche Klausel in §29, wonach „Renovierungen beim Auszug in jetziger Farbe (weiß, Bad gelb weiß) in guter Qualität (Naßabrieb 1 und Deckkraft 1) auszuführen" sind, ist als sogenannte Farbwahlklausel und Endrenovierungsklausel zu bewerten. Nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung (vgl. BGH, Urteil vom 9.6.2010 – VIII ZR 294/09) sind Formularklauseln, die dem Mieter vorschreiben, die Wohnung in einer bestimmten Farbe (z.B. weiß) zurückzugeben, unwirksam. Ebenso sind Endrenovierungsklauseln, die unabhängig vom tatsächlichen Zustand der Wohnung beim Auszug eine Renovierung verlangen, unwirksam (siehe auch BGH WuM 2003, 436; Landgericht Berlin WuM 1993, 261).
Die Vorgabe einer bestimmten Qualität (Naßabrieb 1, Deckkraft 1) ist ebenfalls problematisch, da sie den Mieter über das übliche Maß hinaus belastet und die Gestaltungsfreiheit einschränkt. Auch dies wird von der Rechtsprechung als unzulässig angesehen, wenn es sich um eine vom Vermieter gestellte Formularklausel handelt.
Etwas anderes könnte nur dann gelten, wenn die handschriftliche Vereinbarung individuell ausgehandelt wurde, also tatsächlich zwischen den Parteien im Einzelnen besprochen und verhandelt wurde. In der Praxis ist dies jedoch selten der Fall, insbesondere wenn der übrige Vertrag ein Formularmietvertrag ist und die handschriftliche Ergänzung lediglich eine Ergänzung des Formulars darstellt.
Fazit: Die handschriftlichen Vorgaben in §29 sind als Formularklausel unwirksam.
b) Wird durch die Unwirksamkeit von §29 auch §11 (Schönheitsreparaturen) unwirksam?
Nach der Rechtsprechung des BGH kann eine unzulässige Endrenovierungsklausel oder eine unzulässige Farbwahlklausel im Summierungseffekt auch die Übertragung der laufenden Schönheitsreparaturen auf den Mieter insgesamt unwirksam machen (siehe BGH, Urteil vom 14.5.2003 – VIII ZR 308/02). Das bedeutet: Wenn im Vertrag sowohl eine unwirksame Endrenovierungsklausel als auch eine unwirksame Farbwahlklausel enthalten sind, kann dies dazu führen, dass die gesamte Regelung zu den Schönheitsreparaturen (also auch §11) unwirksam ist.
Fazit: Es spricht viel dafür, dass durch die Unwirksamkeit der handschriftlichen Vorgaben in §29 auch die Übertragung der Schönheitsreparaturen in §11 unwirksam wird.
c) Kann man die Klausel so auslegen, dass nur dann renoviert werden muss, wenn der Zustand es erfordert, und dann in der ursprünglichen Farbe?
Die Formulierung in §11 („soweit und sobald sie durch den Mietgebrauch erforderlich sind") entspricht grundsätzlich der Rechtsprechung, wonach Schönheitsreparaturen nur bei tatsächlichem Renovierungsbedarf geschuldet sind. Die handschriftliche Ergänzung in §29 („Renovierungen sind beim Auszug in jetziger Farbe durchzuführen") könnte – im Sinne einer geltungserhaltenden Reduktion – so ausgelegt werden, dass nur dann renoviert werden muss, wenn dies nach §11 erforderlich ist, und dann in der ursprünglichen Farbe.
Allerdings ist nach der Rechtsprechung auch eine solche Farbbindung (z.B. „weiß") unzulässig, selbst wenn sie an einen tatsächlichen Renovierungsbedarf anknüpft. Der Mieter darf bei Auszug nicht auf eine bestimmte Farbwahl festgelegt werden, sondern muss nur in einer neutralen, für Nachmieter akzeptablen Farbe renovieren, sofern überhaupt eine Renovierungspflicht besteht.
Fazit: Auch bei dieser Auslegung bleibt die Farbbindung unwirksam. Es bleibt bei der gesetzlichen Regelung: Der Mieter muss nur dann renovieren, wenn es erforderlich ist, und ist in der Farbwahl nicht auf „weiß" oder eine bestimmte Qualität beschränkt.
Zusammenfassende Antwort:
1. Die handschriftlichen Vorgaben in §29 (Farbvorgabe, Qualitätsvorgabe, Endrenovierung) sind als Formularklausel unwirksam.
2. Aufgrund des Summierungseffekts ist auch die Übertragung der Schönheitsreparaturen auf den Mieter in §11 unwirksam.
3. Der Mieter muss daher bei Auszug grundsätzlich nur besenrein übergeben und selbst verursachte Schäden beseitigen. Eine Verpflichtung zur Renovierung oder zur Rückgabe in einer bestimmten Farbe besteht nicht.
Ich hoffe, Ihre Frage verständlich beantwortet zu haben und bedanke mich für das entgegengebrachte Vertrauen. Bei Unklarheiten können Sie die kostenlose Nachfragefunktion benutzen.
Mit freundlichen Grüßen
Antwort
vonRechtsanwalt Deniz Altundag
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