Sehr geehrter Fragensteller,
anhand des geschilderten Sachverhalts und Ihres Einsatzes kann ich Ihre Fragen im Rahmen einer Erstberatung wie folgt beantworten:
Zum Anwaltswechsel:
Es herrscht für Sie weiterhin die freie Anwaltswahl.
Die Staatskasse wird jedoch die Gebühren für zwei Rechtsanwälte nur übernehmen, wenn ein solcher Wechsel unbedingt erforderlich wäre (zum Beispiel: Tod des beigeordneten Anwalts); sofern Sie lediglich mit der Dienstleistung des Rechtsanwalts nicht zufrieden sind, wird dies für eine doppelte Kostenübernahme nicht ausreichend sein.
Gleichwohl können Sie selbstverständlich Ihrem Rechtsanwalt mit sofortiger Wirkung das Mandat entziehen und einen anderen Rechtsanwalt beauftragen. Dieser wiederum kann sich gegenüber der Rechtsantragstelle als neuer Rechtsanwalt anzeigen und um seine Beiordnung bitten. Sofern die Beiordnung des früheren Anwaltes noch nicht erfolgt war ist dies grundsätzlich kein Problem.
Beachten Sie aber: die Wirkung des § 122 Abs. 1 Nummer 3 ZPO
(beigeordneter Rechtsanwalt kann keine Gebühren gegenüber Mandanten geltend machen) greift hier hinsichtlich des ersten Rechtsanwaltes dann nicht.
Sie müssten dann also damit rechnen, dass Sie mit Vergütungsansprüchen ihres ersten Anwalts konfrontiert werden.
Die Vertagung des Gerichtstermins können Sie ebenfalls beantragen. Üblicherweise wird einer solchen Bitte auch entsprochen, wenn eine entsprechende Begründung beigefügt wird.
Einen Anspruch auf Vertagung sehe ich jedoch nicht - dies insbesondere, falls es sich um einen Prozess handelt, bei dem die Vertretung durch einen Rechtsanwalt nicht vorgeschrieben ist.
Zur Tätigkeit eines Rechtsanwalts im Allgemeinen:
Ein Rechtsanwalt ist ein unabhängiges Organ der Rechtspflege. Er übt seinen Beruf frei, selbstbestimmt und unreglementiert aus (§ 1 Abs. 1 der Berufsordnung -BORA-).
Sofern Ihr jetziger Rechtsanwalt aus Ihrer Sicht fehlerhaft arbeitet, können und sollten Sie diesen darauf hinweisen.
Die eigentliche Ausübung seiner Tätigkeit muss jedoch freilich dem Rechtsanwalt selbst überlassen bleiben.
Zur Verschwiegenheitsverpflichtung ein Auszug aus der Bundesrechtsanwaltsordnung (BRAO):
"§ 43a Grundpflichten des Rechtsanwalts
(2) Der Rechtsanwalt ist zur Verschwiegenheit verpflichtet. Diese Pflicht bezieht sich auf alles, was ihm in Ausübung seines Berufes bekanntgeworden ist. Dies gilt nicht für Tatsachen, die offenkundig sind oder ihrer Bedeutung nach keiner Geheimhaltung bedürfen."
Sofern Ihre persönlichen Daten auch anderen Rechtsanwälten bekannt geworden sind, stellt dies aus meiner Sicht zumindest insoweit kein Problem dar, als diese ebenfalls der Verschwiegenheitspflicht unterliegen.
Es ist jedoch insoweit stets eine Gratwanderung, denn es steht der Tatbestand der Verletzung von Privatgeheimnissen im Raum, § 203 Abs. 1 Nummer 3 StGB
. Soweit ersichtlich ist nach zivilrechtlicher Rechtsprechung jedoch hier in jedem Fall zu unterscheiden, ob die bekannt gewordenen Daten an einen externen Anwalt (oder gar einen Dritten) gelangen, oder ob dieser der gleichen Sozietät angehört. In letzterem Falle dürfte kein Problem bestehen.
Sollten Sie den Fall vollständig aufgeklärt haben wollen, so ist für einen Verstoß gegen Berufsrecht die Rechtsanwaltskammer, für Verstöße gegen das geltende Strafrecht die Staatsanwaltschaft zuständig.
Zur Versendung von Schriftstücken:
Es ist einem Rechtsanwalt zuzumuten, dass dieser Ausgangspost, die für seinen Mandanten bestimmt ist in einer für den Postboten leserlichen Art und Weise dem Mandanten zukommen lässt. Hierfür kann der Rechtsanwalt eine Post- und Telekommunikationsauslagenpauschale verlangen.
Hinsichtlich der Unverzüglichkeit der Weiterleitung bzw. Bearbeitung von Schreiben gibt es keine Grundregel. Der Rechtsanwalt übt wie bereits erwähnt seinen Beruf frei und ohne Weisungsgebundenheit aus. Sollte es sich um die Fertigung von Schriftsätzen, welche fristwahrend bei Gericht oder dem Gegner eingehen müssen handeln, so ist der Rechtsanwalt selbstverständlich verpflichtet, diese fristgerecht einzureichen.
Sollte er diese Pflicht schuldhaft verletzen machte sich u.U. schadensersatzpflichtig.
Eine anwaltliche Verpflichtung, dem Mandanten auf dessen Verlangen stets Entwurfsschreiben vorab zukommen zu lassen sehe ich nicht.
Es ist in vielen Fällen ratsam, namentlich wenn es um die Zusammenfassung eines Sachverhaltes geht, den der Mandant besser kennt als der Anwalt, diesem einen Entwurf des Schreibens vorab zur Kenntnisnahme und mit der Bitte um Ergänzung zukommen zu lassen.
Wann und ob dies jedoch im jeweiligen Einzelfall vorzunehmen ist liegt im Ermessen des Anwalts.
Alles andere würde den Rechtsanwalt faktisch lediglich zu einem „ verlängerten Arm" des Mandanten machen - dies ist ein Rechtsanwalt jedoch nicht (s.o.).
Zum gegnerischen Schreiben:
Einzelheiten zu Ihrem Fall kann ich ohne Akteneinsicht nicht erörtern.
Grundsätzlich gilt: sollte Sachvortrag der Gegenseite nach ihrer Auffassung nicht zutreffen, so haben sie diesen substantiiert zu bestreiten. Die Beweislast liegt grundsätzlich bei der Partei, die sich auf sie begünstigende streitige Tatsachen stützt.
Zudem kann grundsätzlich jede Person, die nicht Partei des Rechtsstreits ist, Zeuge in einem Zivilverfahren sein. Die Beherrschung der deutschen Sprache ist hierfür nicht nötig. Erforderlichenfalls ist ein Dolmetscher hinzuzuziehen.
Einen Zeugen können Sie nicht wegen Befangenheit ablehnen.
Ein Zeuge hat tatsächliche Vorkommnisse wahrheitsgemäß auszusagen. Sollte der Zeuge aufgrund seiner Aussagen oder sonstiger Umstände nach Überzeugung des Gerichts nicht glaubwürdig sein, so wird die Aussage nicht geeignet sein, den erforderlichen Beweis zu führen.
Ein weiterer Grund, warum ein Zeuge grundsätzlich auszusagen hat, und nicht wegen Befangenheit abgelehnt werden kann, ist die Strafbarkeit der uneidlichen Falschaussage (§ 153 StGB
).
Ich hoffe, ich konnte Ihnen mit meinen Antworten fürs Erste weiterhelfen.
Mit freundlichen Grüßen
Florian Weiss
Rechtsanwalt
_________
Allgemeiner Hinweis:
Für die Vergütung einer außergerichtlichen Tätigkeit verlangt § 4
Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG), dass der vom Auftraggeber an den Anwalt zu zahlende Betrag in einem angemessenen Verhältnis zu Leistung, Verantwortung und Haftungsrisiko des Anwaltes stehen muss. Als Richt-wert kann insoweit für eine Erstberatung der Betrag von € 250,00 netto herangezogen werden ( § 34 Abs. 1, S. 3
, 3. Hbs. RVG).
Vielen Dank!
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