Lohnsteuer / DBA / Finanzamt macht Fehler

Question

Angenommen, es ereignet sich folgender Sachverhalt:    Person A hat einen Arbeitsplatz im EU-Land X, aber seinen Wohnsitz und gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland. In D. hat der A keine Einkünfte.Er ist eigentlich in D. auch vollumfänglich steuerpflichtig und kein Grenzgänger o.ä.     Das ausländische Finanzamt vom Land X  ist zur Erhebung der dortigen Einkommensteuer berechtigt. A zahlt dort regulär Lohnsteuer, sein AG führt diese ganz normal automatisch dort ab. A. glaubt deshalb als steuerrechtlicher Laie, dass er in D. eigentlich überhaupt nicht mehr steuerpflichtig sei.  Jedes Jahr meldet A jedoch auch dem deutschen FA seines Wohnortes seine Einkünfte aus dem Land X und reicht zusätzlich eine deutsche Steuererklärung ein mit dem Hinweis, dass er die Steuern im Land X entrichtet hat und weist dies nach mit dem Steuerbescheid des Landes X.   Das deutsche FA nickt dieses jeweils ab und möchte von A keine Steuern &lpar;der Sachbearbeiter im deutschen FA hat aufgrund mangelnder Rechtskenntnis zuwenig Ahnung von DBA-Fällen&rpar;.     Aufgrund einer Regelung im DBA bzw. im EStG könnte D. jedoch auch Steuern von Person A verlangen &lpar;z.B. Differenzbesteuerung o. ä.&rpar;, der Sachbearbeiter im deutschen FA macht aber eben aus Unkenntnis dieser Rechtslage den ständigen Fehler zu glauben dass A recht hat, unternimmt nichts weiter, und erteilt Steuerbescheide mit Ergebnis &#8222;0" und nichts weiter passiert.   Auch erteilt das deutsche FA dem A. immer eine Bescheinigung für die ausländische Behörde, dass er in D. über keine weiteren Einkünfte verfügt. Diese Bescheinigung benötigt der A. für das Land X jedes Jahr zwecks dortiger Lohnsteuererklärung.    A hat irgendwann keine Lust mehr die deutsche Steuererklärung zusätzlich zu seiner ausländischen auszufüllen und teilt aufgrund ungenügender Rechtskenntnis seinem deutschen FA in einem formlosen Schreiben mit, dass er glaubt, dass aufgrund des DBA das Besteuerungsrecht ja sowieso nur dem ausländischen Staat zufällt und er in D keine Steuern zahlen müsse. Er bittet deshalb darum von der lästigen Pflicht zur Abgabe einer separaten Steuererklärung in D befreit zu werden &#8222;da dabei eh nie etwas herumkommt seit Jahren".    Der Sachbearbeiter des deutschen FA sieht dies genauso, macht nun den Fehler dem ganzen zuzustimmen und teilt dem A schriftlich mit, dass er dessem Antrag zustimmt und er &#8222;die deutsche Steuerabmeldung" des A durchführen wird, obwohl er ihn eigentlich auffordern müsste, seine ausländischen Einkünfte anzugeben zwecks Differenzbesteuerung o. ä.    Der A. hält dies für einen normalen Verwaltungsvorgang und sieht sich dadurch in seiner laienhaften/falschen Rechtsauffassung erneut bestätigt.    Die Jahre gehen ins Land, A zahlt im Ausland weiterhin Steuern und macht dort ganz normal jeweils seine jährlichen Steuererklärungen.   Das deutsche FA hat ihn mitlerweile &#8222;vergessen".    Der A wechselt nun nach einigen Jahren zu einem anderen Arbeitgeber ins EU-Land Y und glaubt, er sollte diese Veränderung dem deutschen FA vielleicht erneut melden, da die letzte Korrespondenz sich ja nur auf seinen AG in Land X bezog. Das neue Land Y hat laut DBA das Besteuerungsrecht, nimmt aber überhaupt keine Steuern vom A., weil er dort keinen Wohnsitz hat &lpar;das Land Y erhebt generell nur von dort ansässigen Personen Lohnsteuer&rpar;. Sein Lohn bleibt damit gänzlich steuerfrei in Y.  D. könnte aber aufgrund des DBA bzw. EStG Steuern von A erheben.    A. will nichts riskieren und teilt dem deutschen Finanzamt nun erneut per eingeschriebenem Brief mit, dass er pflichtgemäss mitteilen möchte dass er einen neuen AG im EU-Ausland, dem neuen Land Y, hat und er glaubt, dass weiterhin nunmehr nur der neue Staat Y ihn besteuern darf. Er weist das deutsche FA auf die Korrespondenz in der Vergangenheit hinsichtlich Land X hin und bittet das FA darum, ihn weiterhin von der Pflicht zur Abgabe einer Steuererklärung befreit zu lassen bzw. dass er davon ausgeht dass er weiterhin keine Steuererklärung abzugeben hat. Anderenfalls solle das FA sich bei ihm melden. Weitere künftige Veränderungen würde er wieder unaufgefordert melden.    A ist der Ansicht dass er das FA damit genügend informiert hat. Das FA meldet sich auf dieses Schreiben jahrelang nicht.     Der A geht deshalb aufgrund einer fehlenden anderslautenden Antwort des FA&#8217;s weiterhin fälschlich davon aus, dass er weiter keine Steuern zahlen muss in D.    Er hat damit quasi jahrelang &#8222;weisse Einkünfte" erzielt.    Es liegen hier also folgende Fehler vor:    -das deutsche FA fordert von A keine Steuererklärungen, obwohl A dem FA von seinen verschiedenen ausländischen AG berichtet hat    -A müsste in D eigentlich Steuern bzw. Differenzsteuern zahlen, tut dies aber nicht, da das deutsche FA ihn trotz Kenntnis über seine ausländischen Einkommen nicht darauf hinweist,    Fragen zu obigem Sachverhalt:    Wenn dem deutschen FA der Fehler seines eigenen Sachbearbeiters eines Tages auffällt:    - kann das deutsche FA den A als steuerrechtlichen Laien strafrechtlich &lpar;Steuerhinterziehung / -verkürzung etc.&rpar; belangen, obwohl dieser dem FA immer von sich aus in bester Absicht seine &lpar;wenn auch falsche&rpar;Rechtsauffassung über seine nichtvorhandene Steuerpflicht zeitnah meldete?    - kann es vom A rückwirkend Lohnsteuer fordern für viele Jahre? Welche Fristen gelten dazu?    - könnte der A. die evtl. Forderung nach Steuernachzahlung ggf. abwehren, da er vom FA im gutem Glauben gelassen wurde, dass er in D keine Steuern zu zahlen hat?    Vielen Dank für Ihre Beurteilung!     Einsatz editiert am 20.05.2019 13:00:57

Rechtsanwalt Franz Meyer · Accepted Answer

Antwort vom Rechtsanwalt: Sehr geehrter Fragesteller,    Ihre Anfrage möchte ich Ihnen auf Grundlage der angegebenen Informationen und des Ersteinsatzes für eine Ersteinschätzung wie folgt beantworten:    1. Hinsichtlich der Einkünfte des A im Land X liegt keine Steuerhinterziehung vor. Da dieser Staat von seinem Besteuerungsrecht Gebrauch gemacht hat, hat Deutschland nur das Recht, auf das weitere in Deutschland steuerpflichtige Einkommen den Progressionsvorbehalt anzuwenden. Die ausländischen Einkünfte bleiben dabei in Deutschland aber steuerfrei. Der Progressionsvorbehalt führt nur dann zu einer Steuererhöhung, wenn weitere im Inland steuerpflichtigen Einkünfte vorliegen was aber nicht der Fall ist.     Hinsichtlich der Einkünfte des A im Land Y ist die Lage nicht so eindeutig. Da das Land Y von seinem Besteuerungsrecht keinen Gebrauch macht,  ist insoweit &#167; 50 d Absatz 8 Einkommensteuergesetz einschlägig. Hiernach wird die Freistellung nach einem DBA nur gewährt, soweit der Steuerpflichtige nachweist, dass der andere Staat auf dieses Besteuerungsrecht verzichtet hat. Die bloße tatsächliche Nichtbesteuerung - wie hier - als solche genügt hierfür grundsätzlich nicht.   Daher und deshalb weil der Nachweis des Verzichts nicht erbracht worden ist, ist der ausländische Arbeitslohn nach dem Welteinkommensprinzip zu versteuern.    A war grundsätzlich gem. &#167; 25 EStG verpflichtet, eine Einkommensteuererklärung abzugeben. Das Finanzamt hat ihn von dieser Erklärungspflicht nicht befreit, da es das entsprechende Schreiben des A unbeantwortet gelassen hat. Schweigen gilt auch dann nicht als Zustimmung, wenn A diese dem Finanzamt bei Untätig-Werden unterstellt.     Damit liegt der objektive Tatbestand einer Steuerhinterziehung vor, weil A pflichtwidrig keine Einkommensteuererklärung abgegeben und dadurch Steuern hinterzogen hat.    Die entscheidende Frage ist, ob A auch den Vorsatz hatte, die Steuern zu hinterziehen.     Wenn A tatsächlich aufgrund des Verhaltens des Finanzamts davon ausgegangen ist, dass die Einkünfte in Deutschland nicht steuerpflichtig sind,  fehlt dieser für die Annahme einer Steuerhinterziehung erforderliche Vorsatz.    Bei dem Vorsatz handelt es sich um eine innere Tatsache, die nur anhand von Indizien festgestellt werden kann.     Hierbei ist das Verhalten des Finanzamts und des A in der Vergangenheit zu berücksichtigen. Das Finanzamt ist augenscheinlich davon ausgegangen, dass der Arbeitslohn wegen der DBA in Deutschland nicht der Besteuerung unterliegt. Daraus könnte A möglicher Weise schließen, dass die Einkünfte aus X und Y nicht der Besteuerung unterliegen.    Hinsichtlich der Einkünfte aus X hat A eine Bestätigung für Lohnsteuerzwecke angefordert, für die Einkünfte aus Y wohl nicht. Außerdem stellt sich die Frage, ob der Arbeitgeber im Land X einen Lohnsteuerabzug vorgenommen hat.     Wenn X hinsichtlich der Einkünfte aus Y keine Bestätigung für Lohnsteuzwecke,  gleichwohl aber eine "Nicht-Veranlagungsbescheinigung" angefordert hat, stellt sich für das Finanzamt evtl. die Frage, ob A entgegen seinen Angaben nicht doch mit einer Steuerpflicht rechnete.   Wenn der Arbeitgeber in Y keinen Lohnsteuerabzug vorgenommen hat, war die Situation mit der des Landes X auch insoweit nicht vergleichbar. Auf diese Unterschiede hat A das Finanzamt nicht hingewiesen. Davon konnte es auch keine Kenntnis haben.    Es kann daher nicht ausgeschlossen werden, dass das Finanzamt von einer Steuerhinterziehung oder von einer leichtfertigen Steuerverkürzung ausgeht.     2. Es gibt Verjährungsfristen, die im steuerlichen Verfahrensrecht Festsetzungsfristen genannt werden. Geregelt ist das in &#167; 169 Abs. 2 der Abgabenordnung.    Danach beträgt die Festsetzungsfrist generell 4 Jahre. Wenn eine Steuererklärung abzugeben ist - wie hier - beginnt sie gem. &#167; 170 Absatz 2 Nr. 1 AO mit Ablauf des Jahres, in dem die Steuererklärung abgegeben wird, spätestens aber mit Ablauf des 3.  Jahres, das auf das Jahr folgt, in den die Steuer entstanden ist. Die Steuer entsteht immer mit Ablauf des jeweiligen Jahres. Spätestens 7 Jahre später - 3 Jahre Anlaufhemmung &plus; 4 Jahre Festsetzungsfrist-  verjährt die Forderung des Finanzamts daher.    Die Festsetzungsfrist verlängert sich auf 5 Jahre bei leichtfertiger Steuerverkürzung und 10 Jahre bei Steuerhinterziehung. Damit  beträgt die Verjährungsfrist dann insgesamt 8 bzw. 13 Jahre seit Entstehung der Steuer.    3. Grundsätzlich besteht die Möglichkeit, eine Steuer aus persönlichen Billigkeitsgründen zu erlassen. Alleine der gute Glaube an eine fehlende Steuerpflicht reicht hierfür nicht aus. Im übrigen hat A die Verhaltensweise des Finanzamts mit zu vertreten, weil er aufgrund des fehlenden Lohnsteuerabzugs davon ausgehen konnte, dass die Einkünfte in Y tatsächlich nicht besteuert werden, und das dem Finanzamt nicht mitgeteilt hat. In der Laiensphäre geht man eher davon, dass es keine "weißen" Einkünfte gibt.     Ich hoffe, Ihre Frage verständlich beantwortet zu haben und bedanke mich für das entgegengebrachte Vertrauen. Bei Unklarheiten können Sie die kostenlose Nachfragefunktion benutzen.    Mit freundlichen Grüßen  Franz Meyer  Rechtsanwalt  Steuerrecht    Steuerstrafrecht

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