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Liefer-und Zahlungsbedingungen für Erneuerung einer komplexen Heizungsanlage

| 30. Juli 2022 01:44 |
Preis: 75,00 € |

Vertragsrecht


Beantwortet von

Rechtsanwalt C. Norbert Neumann

Zusammenfassung

Klauseln in AGB, die ein Preiserhöhung für Warenlieferungen nach einer Bindungsfrist von weniger als 4 Monaten zulassen, sind unwirksam (§ 309 Nr. 1 BGB). Ob Anzahlungsklauseln zulässig sind, hängt davon ab, ob der Loeferant ein berechtigtes Sicherungsinteresse hat.

Guten Tag, wir möchten im Rahmen einer energetischen Teilsanierung in unserem Zweifamilienhaus die bestehende Gas-Brennwertheizung durch eine Luft-Wasser-Wärmepumpe ersetzen, mit allen erforderlichen Systemkomponenten (Bruttopreis des Angebotes 47.536€), die dann noch mit den ebenfalls schon bestehenden Systemkomponenten Kachelofen und Warmwasser-Solaranlage und einer ebenfalls neu geplanten Photovoltaikanlage (10 kWp) eines anderen Lieferanten (Pachtmodell) zu integrieren ist. Die technischen Gegebenheiten konnten in einem ausführlichen Vor-Ort-Gespräch mit dem zuständigen Heizungsexperten, der die jetzige Anlage aufgrund langjähriger Wartungsverträge gut kennt, einvernehmlich geklärt werden. Das jetzt hierzu vorgelegte Angebot (kein KV!) enthält aber unter den "Liefer- und Zahlungsbedingungen" u. a. 3 Punkte, bei denen ich rechtliche Bedenken habe und die geprüft werden sollen:
1."Lieferzeiten: Die Lieferzeiten sind kurzfristig oder nach Herstellerangaben"; hier ist allseits bekannt, dass die Systemhersteller im Moment große Lieferschwierigkeiten haben und bis zu 6 Monate Lieferzeit normal sind. Dem steht entgegen:
2."Preisbindung: Die Preisbindung des Angebotes beträgt 3 Monate". Und dann? Hier sind doch nach 3 Monaten wahrscheinlichen Preissteigerungen Tür und Tor geöffnet?
3."Zahlungsbedingungen": Hier sind aus meiner Sicht völlig unübliche Rabatte und Skonti aufgelistet:
"50 % der Angebotssumme bei der Auftragserteilung, Restzahlung am Tage der Abnahme mit 2% Skonto"; oder Rabatte: "Bei 60 % Anzahlung 3 % Rabatt, bei 80 % Anzahlung 4 % Rabatt, bei 90 % An-
zahlung 5 % Rabatt"
Diese Abschläge stellen erhebliche (Lock)Verzinsungen im hohen zweistelligen Bereich dar, ist so etwas seriös? Oder nur mit gleichzeitiger Vertragserfüllungsbürgschaft der Firma, die ansonsten hier in der Region einen sehr guten fachlichen und wirtschaftlichen Ruf hat, aber was heißt das schon in diesen bewegten Zeiten? Hinzu kommt, dass durch kurzfristige Änderungen der Förderbestimmungen durch die Bundesregierung seit 28.7. eine Antrags-Frist für den Austausch der Gasheizung in eine WP bis zum 14.8. gilt, danach wird die BAFA- Förderung von 35 % auf 30 % der Bruttoinvestition gekürzt, als ziemlicher Zeitdruck.
Neben der Prüfung der rechtlichen Aspekte bitte ich um eine Einschätzung, wie hier von meiner Seite verfahren werden sollte, ggf. unter Hinnahme einer Förderkürzung.

Sehr geehrter Fragesteller,

Ihre Anfrage möchte ich Ihnen auf Grundlage der angegebenen Informationen verbindlich wie folgt beantworten:

1.

Zeitlich limitierte Preisbindungsklauseln sind grundsätzlich zulässig.

Allerdings sind bei Warenlieferungsverträgen, die zwischen einem Unternehmer und einem Verbraucher abgeschlossen werden, Klauseln in Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) unzulässig, die eine Erhöhung des Entgelts für die Ware vorsehen, wenn die Ware nach Vertragsschluss innerhalb von vier Monaten geliefert werden soll (§ 309 Nr. 1 BGB).

Die Vereinbarung eines festen Liedertermins ist nicht erforderlich. Die Vorschrift ist auch anwendbar, wenn die Leistungszeit vertraglich nicht bestimmt ist.

Die Rechtsfolge eines Verstioßes gegen § 309 Nr. 1 BGB ist es, dass die limitierte Preisbindungsklausel unwirksam ist. Der Unternehmer ist dann dauerhaft an den vereinbarten Angebotspreis gebunden.

2.

Nach dem gesetzlichen Leitbild ist bei einem gegenseitig verpflichtenden Kaufvertrag der Kaufpreis Zug um Zug bei Übergabe der Ware zu zahlen (§§ 320, 322 BGB).

Allgemeine Geschäftsbedingungen, die vom gesetzlichen Leitbild abweichen, dürfen den Kunden nicht unangemessen entgegen den Geboten von Treu und Glauben benachteiligen (§ 307 BGB).

Nach der Rechtsprechung sind Anzahlungsklauseln zulässig, wenn für sie ein sachlich berechtigter Grund gegeben ist und keine überwiegenden Belange des Kunden entgegenstehen (BGH, NJW 2010, S. 1449; NJW 2016, S. 2414). Es wurde entschieden, dass Anzahlungsklauseln in Kaufverträgen über Kaminbausätze, oder Möbel und Elektrogeräte unzukässig sind (OLG Stuttgart, Betriebsberater 1987, S. 2395; BGH, NJW 1999, S. 2180; OLG Dresden, OLG-NL 1998, S. 193).

Das Vorliegen sachlich berechtigter Gründe für die Vereinbarung einer Vorleistungspflicht wird etwa angenommen, wenn aufgrund tatsächlicher Umstände die Erhebung des Entgelts bei oder nach Leistungserbringung erheblich erschwert ist, wie dies zum Beispiel für die Lösung von Fahrkarten oder Eintrittskarten zutrifft (vgl. BT-Drucks. 7/3919, S. 28) oder die Herstellung eines vom Unternehmer anzufertigenden Werkes erhebliche finanzielle Aufwendungen, z. B. bei der Materialbeschaffung verlangt, so daß ihm eine selbständige Finanzierung nicht zumutbar ist. Ein sachlich berechtigter Grund kann dann angenommen werden, wenn es sich bei den vom Unternehmen angebotenen Anlagen um Sonderanfertigungen handelt, die nicht serienmäßig angefertigt werden und ein kostenintensives Anfertigen von Einzelstücken bedingten (Oberlandesgericht Dresden, Urteil vom 14.05.1998 - Aktenzeichen 21 U 3679/97).

Wie es sich vorliegend verhält, geht aus dem in Ihrer Frage mitgeteilten Sachverhalt im Einzelnen nicht hervor. Wie Sie aber im Hinblick auf die zu erwartenden langen Lieferzeiten (bis zu sechs Monate) ausführen, ist die zu liefernde Anlage offenbar nicht im Lager vorrätig, sondern muss individuell angefertigt werden. Der Preis der Anlage ist auch erheblich. Hier dürfte es dem Unternehmer nicht zuzumuten sein, mit den Material- und Fertigungskosten der Anlage in Vorleistung zu gehen, ohne sich gegen das Risiko einer unberechtigten Nichtabnahme oder Nichtzahlung seitens des Kunden bei Lieferung abzusichern.

Vor diesem Hintergrund dürfte die Anzahlungsklausel in den AGB wohl zulässig sein. Dies hängt aber von den genauen Umständen der Fertigung der Anlage ab.

Im Regelfall wird in den Lieferbedingungen eine Anzahlung von 50% des Preises verlangt. Darüber hinausgehende Anzahlungen sind nicht verpflichtend, und der Kunde kann sich dagegen entscheiden.

Trotzdem ist Ihnen zu empfehlen, den Vertrag mit dem Unternehmen nur abzuschließen, wenn es sich bereit erklärt, Ihnen eine Vertragserfüllungsbürgschaft auszureichen. Ansonsten sind Sie im Fall einer Nichterfüllung oder mangelhafter Erfüllung ungesichert und tragen außerdem das Insolvenzrisiko des Unternehmens; sollte dieses in der Zeit zwischen der Zahlung und der Lieferung insolvent werden, ist die Anzahlung in erheblicher, fünfstelliger Höhe für Sie anderenfalls verloren.

Ich hoffe, Ihre Frage verständlich beantwortet zu haben und bedanke mich für das entgegengebrachte Vertrauen. Bei Unklarheiten können Sie die kostenlose Nachfragefunktion benutzen.

Mit freundlichen Grüßen

Rückfrage vom Fragesteller 5. August 2022 | 16:28

Bei der Einschätzung einer "Sonderanfertigung" , die den Lieferanten berechtigt, eine Vorauszahlung zu verlangen, liegt offensichtlich ein Missverständnis vor. Hier geht es um Serienprodukte (Wärmepumpen), die der Hersteller in hohen Stückzahlen produziert und in "normalen" Zeiten auch sofort liefern kann. Zurzeit liegen die Dinge aber bekannterweise anders, Gaspreisexplosion und politisch gewollte Forcierung der Erneuerbaren Energien haben die Hersteller doch überrascht und übertreffen jetz ihre Fertigungskapazitäten bei weitem. In der Konsequenz kommt es zu Lieferzeiten von bis zu 6 Monaten. Der Heizungsfachbetrieb, der die Wärmepumpe bestellt, zahlt aber auch erst nach Lieferung, also in 6 Monaten. Die mit dem ganzen Umbau zusammenhängenden Arbeiten, die immerhin 50 % der Gesamtkosten ausmachen, fallen ebenfalls erst dann an, wenn die Pumpe installiert wird und die Arbeiten dann durchgeführt werden.Aus diesem Grund halte ich nach wie vor eine derart hohe Vorauszahlung für sachlich nicht gerechtfertigt, abgesehen von den Risiken einer Unternehmensinsolvenz. Bei der kaum geringeren Preisstellung für die Photovoltaikanlage (siehe Einführung) eines anderen Lieferanten ist von irgendwelchen großen Anzahlungen überhaupt keine Rede, auch hier kommt es zu Wartezeiten von 6 Monaten, also im Prinzip die gleiche Situation.Die von mir erwähnte Vertragserfüllungsbürgschaft ist natürlich juristisch nachvollziehabr, aber welcher Handwerker lässt sich darauf ein?

Antwort auf die Rückfrage vom Anwalt 5. August 2022 | 16:53

Sehr geehrter Fragesteller,

bei vorgefertigter Massenware, die nur vom Lager abgerufen werden muss, besteht nach der Rechtsprechung kein rechtliches Interesse an Vorauszahlungen.

Es ist in der Praxis keineswegs selten, dass Erfüllungsbürgschaften ausgereichtwerden. Die R + V - Versicherung reicht solche Bürgschaften beispielsweise aus. Wenn Handwerker die Möglichkeit sehen, einen lukrativen Auftrag zu erhalten, sind sie oft auch bereit, Erfüllungsbürgschaften zu stellen.

Mit freundlichen Grüßen

Bewertung des Fragestellers 6. August 2022 | 00:45

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Ausführliche Stellungnahme und Bewertung des Falles, allerdings nicht ganz zufriedenstellende Analyse in der ersten Antwort, da aus den Schilderungen des Falles eigentlich klar ersichtlich war, dass es sich um eine "Wärmepumpe" und damit um ein Aggregat handelt, das vom Hersteller in Serie gefertigt und auf Lager gelegt wird und hier nur unter den derzeitigen Umständen der Energiekrise "ausverkauft" ist wegen der explodierenden Nachfrage der Kunden und aufgrund der geplanten Zahlen der Regierung.

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