Willkommen beim Original und Testsieger.
Online seit 2004, mit über 140.000 Fragen & Antworten. 
00.000
Bewertungen
0,0/5,0
Günstige Rechtsberatung für alle.
Anwalt? Mitmachen

Lärm durch Veranstaltungen in der Nachbarschaft

24. Februar 2008 17:33 |
Preis: 50€ Historischer Preis
Hier finden Sie einen
Aktuellen Kostenvorschlag
|

Verwaltungsrecht


Zusammenfassung

Was kann ich als Nachbar gegen laute Partys in einer Veranstaltungshalle machen?

Grundsätzlich handelt es sich um eine Abwägung zwischen den Interessen des Lärmverursachers und der beeinträchtigten Anwohner. Es gilt Nachtruhe ab 22 Uhr, die bei einer Überschreitung geahndet werden kann. Kurzfristig über die Polizei. Langfristig kann im Rahmen der Abwägung zu Ihren Gunsten ein Recht auf Einschreiten der Behörden bestehen. Zivilrechtlich haben Sie einen Anspruch auf Unterlassung, solange Sie nicht zur Duldung verpflichtet sind.

Wir wohnen in Schleswig-Holstein in einem kleinen Ort mit 5.000 Einwohnern. Vor ca. 2 Jahren wurde das Gelände und Gebäude eines früheren Möbelmarktes als „Mehrzweckhalle“ umfunktioniert. Es kamen 4 Geschäfte in diesem Gebäudekomplex unter und eine Veranstaltungshalle, die vor allem für Partys und Flohmärkte genutzt wird. Der Komplex grenzt an 2 Seiten an allgemeine Wohngebiete an, die Entfernung des Gebäudes zu den Wohngebieten beträgt Luftlinie ca. 150 bis 200 Meter. Vor und um den Gebäudekomplex herum sind Parkplätze, die von den Veranstaltungsbesuchern genutzt werden bzw. die selbst für Veranstaltungen (Außenflohmärkte) genutzt werden.

Nun zu unseren Problemen:

1. Die dort stattfindenden Partys häufen sich, seit Mitte Dezember gab es regelmäßig Samstag abends Veranstaltungen, teilweise mit Live-Musik, teilweise mit DJ´s, immer jedoch so laut, dass wir in ca. 150 Metern Entfernung die Musik trotz geschlossener Fenster vernehmbar gehört haben. Offensichtlich fängt sich der Schall an unserem Haus und ist deshalb innen sehr gut zu hören. Solange wir selber noch TV schauen/reden/Musik hören etc. abends, ist das kein Problem, wenn wir aber ins Bett gehen, ist die Musik so laut, dass an Schlaf nicht zu denken ist. Unsere Frage ist jetzt: Was tun? Wie geht man dagegen vor? Ist der Veranstalter derjenige, der zur Unterlassung aufgefordert werden muss, ggf. gerichtlich, oder ist es die Gemeinde, die für einen solchen Veranstaltungsbetrieb ja eine Genehmigung wird erteilen müssen, oder? Hat man Anspruch darauf, den Inhalt der Genehmigung zur Kenntnis zu bekommen, vor allem im Hinblick auf Anzahl genehmigter Veranstaltungen, Laufstärke-Begrenzungen etc.?
Die Frage also: Welche Vorgehensweise ist am cleversten? Wie können wir erreichen, dass zumindest die Anzahl der Veranstaltungen begrenzt wird und ggf. Auflagen bzgl. Laufstärke gemacht werden. Was ist die Anspruchsgrundlage für die Erteilung einer solchen Genehmigung überhaupt und welchen Rechtsschutz haben wir dagegen? Gibt es Urteile, in denen e um vergleichbare Fälle ging, damit man ein bisschen ein Gefühl dafür bekommt, welche Chancen man vor Gericht ggf. hätte.


Gleichzeitig ziehen die Flohmärkte sehr viele Besucher an. Schön für den Veranstalter, schlecht für die Anwohner, denn Parkplätze sind nicht ausreichend vorhanden, sodass alle Wohnsiedlungen im Umkreis bei jedem Flohmarkt (ca. alle 3 bis 4 Wochen) zugeparkt werden. Zum einen hätte dadurch im Falle eines Falles die Feuerwehr und andere Notdienste kaum noch eine Chance, irgendwo hinzukommen, zum anderen stehen die Besucher auch in den Spielstraßen der jeweiligen Siedlungen, in denen Parken ja grundsätzlich verboten ist. Die Polizei schreibt gelegentlich Tickets, ansonsten wird nichts unternommen.

Die Frage hier: Hat man einen auch wirklich durchsetzbaren Anspruch, dass die Wohnsiedlungen zumindest sicherheitsrelevant freigehalten werden, sodass Feuerwehr etc. durchkommen. Kann man den Veranstalter verpflichten, ausreichend Parkflächen zur Verfügung zu stellen? Was wäre hier die Anspruchsgrundlage für das Vorgehen?

Sehr geehrter Fragesteller,

vorab möchte ich Sie darauf hinweisen, dass dieses Forum lediglich dazu dient, einen ersten Überblick zu Ihrer Frage zu erhalten und eine umfassend Beratung vor Ort nicht ersetzen kann.

Durch Hinzufügen oder Weglassen weiterer Sachverhaltsangaben Ihrerseits kann die rechtliche Beurteilung anders ausfallen.

Ihre Frage beantworte ich wie folgt:

1)
Wenn die Gemeinde die Veranstaltungshalle betreibt und die Veranstaltungen durch Private durchgeführt werden, ist es grundsätzlich so, dass die Gemeinde eine entsprechende Genehmigung für die Veranstaltung -ggf. unter bestimmten Auflagen- erteilt.
Oberster Grundsatz bei einer solchen Entscheidung ist immer eine interessengerechte Abwägung zwischen dem Lärmverursacher und dem beeinträchtigten Bürger.
Die Gemeinde hat grundsätzlich auch die Einhaltung der Auflagen zu überwachen.
Als Rechtsgrundlage kommt hier vornehmlich das Immissionsschutzgesetz des jeweiligen Landes zur Anwendung.
Grundsätzlich gilt nach diesen Gesetzen, dass die Nachtruhe ab 22 Uhr beginnt.
Ab diesem Zeitpunkt stellen Überschreitungen der zulässigen Lärmgrenzwerte eine Ordnungswidrigkeit dar, deren Verfolgung Sie beanspruchen können.
Damit wäre eine kurzfristige Reaktionsmöglichkeit die Einschaltung der Polizei.
Der ungestörten Nachtruhe gebührt ab dem o.g. Zeitpunkt grundsätzlich der Vorrang.
Bei der vorzunehmenden Interessenabwägung ist im Allgemeinen die Verursachung von Lärm durch Veranstaltungen, die als "sozial üblich" einzustufen sind, hinzunehmen.
Es kommt weiter auf Dauer und Häufigkeit der Veranstaltungen an.
Bei der Beurteilung wird in der Regel auch die so genannte Freizeitlärm-Richtlinie herangezogen, welche auch Regelungen bezüglich hinzunehmender Richtwerte vorgibt.

Sollte eine solche Interessenabwägung im Ergebnis dazu führen, dass Ihre Interessen als beeinträchtigte Nachbarn überwiegen, so haben Sie gegen die Behörde als Betreiber der Halle grundsätzlich einen Anspruch auf Einschreiten auf dem Verwaltungsrechtsweg.
In einer dann zu treffenden Entscheidung wird unter anderem auch thematisiert werden, wie häufig solche Veranstaltungen in Zukunft jährlich stattfinden dürfen und welche Maßnahmen zur Vorsorge gegen Lärmbelästigung ggf. zu treffen sind.

Bezüglich eines Vorgehens auf diesem Wege rate ich Ihnen jedoch an, zunächst einen Kollegen vor Ort aufzusuchen, der nach genauer Prüfung der Sachlage unter anderem durch Akteneinsicht die genauere Vorgehensweise mit Ihnen besprechen wird.

Gegen den Veranstalter selbst besteht die grundsätzliche Möglichkeit, im Wege des Zivilrechtsschutzes vorzugehen. Die Anspruchsgrundlage ist hier § 906 BGB i.V.m. § 1004 BGB .
Der Veranstalter ist nämlich der unmittelbare Störer.
Es handelt sich um einen Unterlassungsanspruch, der jedoch nur durchsetzbar ist, wenn keine Duldungspflicht besteht.
Für die Beurteilung, ob eine solche besteht, wären genaue Messungen des jeweiligen Lärmpegels im Rahmen eines Gutachtens notwendig.
Ebenfalls eine Rolle spielen hier Dauer und Häufigkeit solcher Veranstaltungen.
Zusammenfassend lässt sich zu einem zivilrechtlichen Anspruch sagen:
Unwesentliche Beeinträchtigungen sind zu dulden.
Eine wesentliche Beeinträchtigung ist nur dann zu dulden, wenn sie ortsüblich ist und nicht durch wirtschaftlich vertretbare Maßnahmen verhindert werden kann.
Alle anderen Immissionen können abgewehrt werden.
Ob ein solcher Anspruch letztlich gegeben ist, ist stets eine Frage des Einzelfalles.
Dem entsprechen ist es auch problematisch, entsprechende Rechtsprechung zu zitieren, die genau Ihren Fall trifft.

2)
Ihre Beschreibung der Zustände bei den jeweiligen Flohmärkten lässt darauf schließen, dass hier jeweils eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit vorliegen dürfte, insb. wenn durch die Parksituation zum Beispiel Rettungskräfte im Einsatz behindern würde.
Einen Anspruch auf Einschreiten im öffentlichen Recht haben Sie jedoch regelmäßig nur, wenn Sie selbst mit einem so genannten subjektiv-öffentlichen Recht beeinträchtigt sind.
Das reine Falschparken anderer Fahrzeuge stellt ein derartiges Recht in der Regel noch nicht dar.
Hier bleibt Ihnen die Möglichkeit, die Ordnungsbehörden regelmäßig auf die Zustände aufmerksam zu machen.
Der jeweilige Veranstalter des Flomarktes ist zudem grundsätzlich als Veranlasser einer möglichen hierdurch bestehenden Gefahr anzusehen.
Auch hier könnte problematisch und eher zweifelhaft sein, ob Sie einen durchsetzbaren Anspruch auf Änderung der Parksituation hätten
Eine nähere Prüfung wäre aber auch hier durch einen Kollegen vor Ort nach genauer Sachverhaltskenntnis durchzuführen.

Ich hoffe, Ihnen einen ersten hilfreichen Überblick zu Ihrem Rechtsproblem gegeben zu haben und verbleibe

mit freundlichen Grüßen

Monika C. Mack
- Rechtsanwältin &
Dipl.Verwaltungswirtin (FH) -

Rückfrage vom Fragesteller 24. Februar 2008 | 20:12

Danke für die rasche Antwort, Frau Mack,

zum Nachtrag noch die Anmerkung, dass die Gemeinde die Halle nicht betreibt, sondern ein Privatunternehmen. Trotzdem wird ja die Gemeinde eine Genehmigung erteilen müssen, denn es kann ja sicherlich nicht jeder abends eine öffentliche Party veranstalten, Alkohol ausscheinken etc., ohne dass die Gemeinde das genehmigt ... Ändert das die Einschätzung, wenn Betreiber ein Privater ist?

MfG

Antwort auf die Rückfrage vom Anwalt 24. Februar 2008 | 20:30

Sehr geehrter Fragesteller,

vielen Dank für Ihre Nachfrage, die ich gerne wie folgt beantworte:

die Tatsache, dass ein Privatunternehmen die Halle betreibt, ändert nichts Grundsätzliches an den Ausführungen in meiner Antwort.
Die inhaltliche Prüfung bei einer möglichen Beschreitung des Zivilrechtswegs gegen den Veranstalter bezüglich eines möglichen Abwehr- / Unterlassungsanspruchs erfolgt in jedem Fall nach den von mir dargestellten Grundsätzen.

Ein Vorgehen gegen erteilte Genehmigungen auf dem Verwaltungsrechtsweg wird in diesem Fall u.U. schwieriger, da Sie -wie bereits erwähnt- grundsätzlich eines subjektiv-öffentlichen Rechts bedürfen, das sich aus der Verletzung einer nachbarschützenden Vorschrift ergeben kann.

Ich hoffe, Ihnen damit Ihre Nachfrage zu Ihrer Zufriedenheit beantwortet zu haben.

Mit freundlichen Grüßen

Monika C. Mack
- Rechtsanwältin &
Dipl.Verwaltungswirtin (FH) -

FRAGESTELLER 1. Oktober 2025 /5,0
Durchschnittliche Anwaltsbewertungen:
4,8 von 5 Sternen
(basierend auf 118797 Bewertungen)
Aktuelle Bewertungen
4,8/5,0
Die Antwort wirkte umfassend und war leicht verständlich. ...
FRAGESTELLER
5,0/5,0
TipTop Antwort mit entsprechender Vorgehensweise, vielen Dank, gerne wieder ...
FRAGESTELLER
5,0/5,0
RA Ahmadi antwortet sehr schnell und sehr ausführlich. Seine Erklärungen sind sehr verständlich. Gerne wieder! ...
FRAGESTELLER