Sehr geehrter Fragesteller,
Ihre Anfrage möchte ich Ihnen auf Grundlage der angegebenen Informationen verbindlich wie folgt beantworten:
Richtig ist, dass ein einheitliches Bauvorhaben, das insgesamt genehmigungspflichtig ist, nicht aufgespalten werden kann in genehmigungsbedürftige und verfahrensfreie einzelne Baumaßnahmen. Ist eine Baumaßnahme eines größeren Bauvorhabens genehmigungspflichtig, so ist das gesamte Bauvorhaben genehmigungspflichtig. Folglich unterliegt auch eine Änderung der Planung in Hinblick auf die Grundstücksränder der Genehmigungspflicht.
Eine Nachtragsgenehmigung (= Tekturgenehmigung) kann die ursprüngliche Genehmigung ergänzen, sie darf aber das Vorhaben nicht in seinem Wesen verändern, es darf kein Aliud entstehen (also etwas deutlich anderes). Ist das Bauvorhaben noch nicht umgesetzt oder noch im Genehmigungsstadium, genügt die Tektur bei unbedeutenden Änderungen wie den Ihrigen. Die Baurechtsbehörde hat Unrecht. Die Befassung hausinterner Dienststelen und von Fachbehörden im Tekturverfahren ist kein Argument gegen die Tektur.
Ich rate also zur Tektur.
Ich hoffe, Ihre Frage verständlich beantwortet zu haben, und bedanke mich für das entgegengebrachte Vertrauen. Bei Unklarheiten können Sie die kostenlose Nachfragefunktion benutzen.
Mit freundlichen Grüßen
Antwort
vonNotar und Rechtsanwalt Gero Geißlreiter
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Rechtsanwalt Gero Geißlreiter
Fachanwalt für Verwaltungsrecht
Vielen Dank für die sehr rasche Antwort. Wie kann unterschieden werden, welche Änderungen hiervon betroffen wären ? So ist bspw ein einzelner Randstein meiner Terrasse verfahrensfrei, da jedoch im Zusammenhang des Hausbaus erstellt dann nicht mehr ? Das würde jegliche Anpassung an reale Gegebenheiten lähmen. Welche zeitliche Fristen sind bei der Tektur realistisch? Die L-Steine hätten wir gerne direkt gesetzt, da der benötigte Kran hierfür bald demontiert wird. Könnte die Tektur eingereicht und direkt mit der Umsetzung begonnen werden ?
Grundsätzlich zu Ihrer Frage "So ist bspw ein einzelner Randstein meiner Terrasse verfahrensfrei, da jedoch im Zusammenhang des Hausbaus erstellt dann nicht mehr?" Genau so ist es im Prinzip, wobei ein einzelner Randstein natürlich keine relevante Baumaßnahme im Sinne der Landesbauordnung (LBO) ist. Alle einzelnen Baumaßnahmen im Zusammenhang mit einer genehmigungsbedürftigen Baumaßnahme bilden zusammen das insgesamt genehmigungsbedürftige Bauvorhaben.
Nach Fertigstellung des Bauvorhabens ist keine Tektur mehr möglich. Dann muss für eine neue Maßnahme wieder neu geprüft werden: baugenehmigungsbedürftig oder verfahrensfrei? Wenn Sie also das Bauvorhaben mit Ausnahme der Grundstücksgrenzgestaltung fertigstellen, können Sie - nach einer gewissen Wartezeit, um sich nicht dem Vorwurf des Rechtsmissbrauchs auszusetzen - ein verfahrensfreies Bauvorhaben i.S.d. Anlage zu § 50 LBO auch verfahrensfrei umsetzen.
Vor einem verbreiteten Missverständnis ist allerdings zu warnen: Verfahrensfreiheit bedeutet nicht Regellosigkeit. Sie bedeutet nur, dass kein behördliches Verfahren zu durchlaufen ist. Die materiellrechtlichen Anforderungen an das Bauvorhaben gelten ungeachtet einer Verfahrensfreiheit.
Die Umsetzung des Nachtragsbauvorhabens bedarf der Nachtragsgenehmigung. Eine vorläufige oder vorzeitige Bauausführung ist rechtlich nicht möglich und geschieht auf eigenes Risiko. So ist die Rechtslage. Natürlich darf ich Ihnen nicht dazu raten, es darauf ankommen zu lassen, wenn kein Risiko besteht, dass die Behörde es vor Erteilung der Nachtragsgenehmigung zur Kenntnis nehmen wird (und es vielleicht sogar dulden wird, wenn sie es wahrnimmt und die Nachtragsgenehmigung unproblematisch und kurzfristig zu erwarten ist).
Beste Grüße von Gero Geißlreiter, Rechtsanwalt