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Kaufzusage per Email - Rücktritt durch Käufer

12. Mai 2020 17:10 |
Preis: 55,00 € |

Hauskauf, Immobilien, Grundstücke


Beantwortet von


in unter 2 Stunden

Zusammenfassung

Muss ich eine "Reservierungsgebühr" zahlen, nachdem ich meine Kaufabsicht für eine Immobilie zurückgezogen habe, obwohl es keine schriftliche Reservierungsvereinbarung oder einen Vorvertrag gibt?

Nein, Sie müssen die "Reservierungsgebühr" nicht zahlen. Es fehlt eine vertragliche Grundlage für diese Gebühr und ein Kaufvertrag für die Immobilie ist nicht zustande gekommen. Ein Rücktritt vor dem Abschluss des Kaufvertrages ist grundsätzlich jederzeit möglich. Ein Anspruch auf Schadensersatz wegen des Abbruchs von Vertragsverhandlungen kann unter bestimmten Voraussetzungen vorliegen.

Guten Tag,

ich habe vor zwei Monaten eine Wohnung zum Kauf gefunden. Nach Besichtigung und Gesprächen mit dem Makler und Besitzer habe ich dann per Email bestätigt, dass ich die Immobilie gerne kaufen möchte.

Daraufhin habe ich alle Unterlagen für den Kreditantrag erhalten - sowie einen Roh-Entwurf des Kaufvertrags. Im Laufe des Prozesses hat der Verkäufer die Vorabzahlung einer quasi "Reservierungsgebühr" (so hat er es genannt) verlangt. Dabei handelte es sich konkret um Kosten und Aufwände für die Vertragsgestaltung.

Aufgrund von Corona hat sich der Prozess der Kreditzusage verzögert. Ich habe dem Verkäufer kommuniziert, dass ich die Gebühr erst nach fixer Kreditzusage zahlen würde - dem hat er zugestimmt.

Leider habe ich eine Absage für die Finanzierung erhalten, da die Immobilie eine stark vom Kaufpreis abweichende Bewertung erhalten hat. Dementsprechend wollte und habe ich dem Verkäufer eine Absage erteilen müssen.

Nun fordert der Verkäufer aufgrund des Rücktritts von der Kaufabsicht die Zahlung der quasi "Reservierungsgebühr".

Ich kann den Ärger um die Absage natürlich nachvollziehen und wäre zur Zahlung einer überschaubaren "Entschädigung" bereit, allerdings stelle ich mir Frage, ob ich grundsätzlich zahlen müsste.

Eine schriftliche Reservierungsvereinbarung oder einen Vorvertrag gibt es nicht. Ein Notar-Termin war noch nicht vereinbart.

Freue mich über eine Hilfestellung zu meiner Frage.

12. Mai 2020 | 18:11

Antwort

von


(517)
Harmsstraße 83
24114 Kiel
Tel: 0431 88 70 49 75
Web: https://www.frag-einen-anwalt.de/anwalt/Rechtsanwalt-Sascha-Lembcke-__l104631.html
E-Mail:

Sehr geehrte/r Fragesteller/in,

Ihre Anfrage möchte ich Ihnen auf Grundlage der angegebenen Informationen wie folgt beantworten:

Eine Reservierungsgebühr oder dergleichen schulden Sie dem Verkäufer meines Erachtens hier nicht.

Es fehlt schon die vertragliche Grundlage.

Ein Kaufvertrag über die Immobilie ist nicht zustande gekommen und bedürfte zu seiner Wirksamkeit der notariellen Form.

Gleiches gilt auch für den Vorvertrag über den Kauf einer Immobilie. Auch dieser bedarf wegen der Schutzinteressen grundsätzlich der notariellen Form zu seiner Wirksamkeit.

Demzufolge ist auch nicht mittels der Zusage via Email ein Vorvertrag oder ähnliches Zustande gekommen.

Darüber hinaus hat der Verkäufer hier auch keinen Anspruch auf eine Reservierungsgebühr, ebenso wenig der Makler, denn dazu bedürfte es einer Vereinbarung über diese und zudem müsste diese Vereinbarung überhaupt wirksam sein, was bei sog. Reservierungsgebühren im Maklerbereich ohnehin fraglich ist.

Auch durch die Äußerung:

"Ich habe dem Verkäufer kommuniziert, dass ich die Gebühr erst nach fixer Kreditzusage zahlen würde - dem hat er zugestimmt. "

ist meines Erachtens kein Anspruch auf die Reservierungsgebühr entstanden, da diese unter der Bedingung der Gewährung der Kreditzusage stand, sodass der vermeintliche Gläubiger damit rechnen musste, dass im Falle der Versagung der Kreditzusage keine Zahlung der "Gebühr" erfolgt.

Zudem ist darauf hinzuweisen, dass ein Rücktritt vor dem Abschluss des Kaufvertrages jederzeit grundsätzlich möglich ist.

So hat das OLG Saarbrücken, (Urteil v. 06.03.2014, Az.: 4 U 435/12 ) in einem mglw. vergleichbaren Sachverhalt aus Käufersicht sämtliche Ansprüche des Käufers zurück gewiesen. In dem Verfahren ging es darum, dass ein Kaufinteressent bereits im Vorfeld des Notartermins arrangierte Darlehensverträge rückabwickeln musste, wobei ihm die Bank über 9000 Euro in Rechnung stellte. Da der Notartermin vom Verkäufer vorher abgesagt wurde, verlangte sie die Summe als Schadensersatz vom Verkäufer, welches das OLG ablehnte.

Schließlich gibt es den Grundsatz der Vertragsfreiheit, wonach man Verträge abschließen kann, aber nicht muss – wer dennoch schon vor Vertragsabschluss Aufwendungen tätigt, handelt auf eigenes Risiko.

Ein Anspruch auf Schadensersatz wegen des Abbruchs von Vertragsverhandlungen nach den §§ 280 I, 241 II, 311 II Nr. 1 BGB ist aber ausnahmsweise möglich, wenn der Vertragspartner aufgrund der Vertragsverhandlungen sicher annehmen konnte, dass es zum Vertragsschluss kommen wird und er im Vertrauen darauf Aufwendungen getätigt hat – die andere Partei aber später ohne triftigen Grund doch keinen Vertrag mehr abschließen wollte.

Hier läge bereits ein trifftiger Grund mit Blick auf die fehlenden Finanzierungszusage, welche kommuniziert wurde, vor, sodass der Abbruch der Verhandlungen nicht völlig plötzlich und ohne Grund erscheint.

Ferner müsste dem Verkäufer dann auch überhaupt ein Schaden entstanden sein. Eine sog. Reservierungsgebühr kann aber nicht ein Schaden des Verkäufers sein, da diese allenfalls beim Makler anfallen kann und nicht beim Verkäufer.

Des Weiteren ist aus den vorliegenden Informationen nicht ersichtlich, dass der Verkäufer bereits kostenintensive Aufwendungen getätigt hat und unmittelbar abschließend darauf vertrauen durfte, dass hier auch ein Kaufvertrag Zustande kommt.

Wenngleich zwar das Urteil des OLG nicht absolut passt, zeigt es aber die Tatsache auf, dass Käufer als auch Verkäufer nur in engen Ausnahmefällen Schadensersatz für !! vergebliche Aufwendungen !! in Bezug auf den Kaufvertragsabschluss verlangen können. Eine Reservierungsgebühr fällt jedoch meines Erachtens noch nicht einmal in den Bereich einer vergeblichen Aufwendung, da diese nicht beim Verkäufer angefallen sein kann, da dieser ohnehin Auftraggeber des Maklers ist, sodass diese allenfalls dort angefallen sein könnte. Jedoch fehlt es hier vorliegend an einer wirksamen Vereinbarung mit dem Makler. Zudem wäre eine solche Vereinbarung nur begrenzt zulässig.

Fazit:
Meines Erachtens besteht hinsichtlich der behaupteten Forderung kein Rechtsgrund, sodass Sie die Forderung als unbegründet zurückweisen können und die Erfolgsaussichten für deren Geltendmachung sehr bis kaum gering sein dürften.

Ich hoffe, Ihre Frage verständlich beantwortet zu haben und bedanke mich für das entgegengebrachte Vertrauen. Bei Unklarheiten können Sie die kostenlose Nachfragefunktion benutzen.

Mit freundlichen Grüßen
Rechtsanwalt Sascha Lembcke


Rechtsanwalt Sascha Lembcke

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