Sehr geehrter Fragesteller,
der völkerrechtliche Status der Bundesrepublik Deutschland ist umstritten und es werden dazu eine Vielzahl von Theorien vertreten. Die nachfolgenden Ausführungen basieren auf der herrschenden Meinung in Literatur und Rechtsprechung. In eckigen Klammern habe ich einige besonders zweifelhafte Aspekte der herrschenden Meinung hervorgehoben.
Die Kapitulation der Wehrmacht am 7. und 8. Mai hatte lediglich militärische Bedeutung, sie hatte keinen Einfluss auf den rechtlichen Status des Deutschen Reiches. Am 5. Juni 1945 erklärten Vertreter der Alliierten, das Deutsche Reich habe keine Regierung und daher würden sie die Regierungsgewalt im Deutschen Reich übernehmen.
[Völkerrechtlich ein bis dahin einmaliger Vorgang. Die Alliierten hatten zuvor selbst die letzte Reichsregierung verhaften lassen.]
Im Auftrag der drei Westalliierten entwarf der Parlamentarische Rat (Ministerpräsidenten der deutschen Länder der westlichen Besatzungszonen) das Grundgesetz, welches durch die Länderkammern angenommen und anschließend durch die Alliierten genehmigt wurde. Es wird angenommen, dass dieses Grundgesetz durch die allgemeine Akzeptanz und dauerhafte Anwendung den Rang einer Verfassung erreicht hat.
[Eine Verfassung muss sich aber das Volk geben, dazu ist eine Volksabstimmung erforderlich. Auch die Genehmigungsbedürftigkeit durch die Westalliierten spricht dagegen, dass es sich dabei um eine Verfassung handelt.]
Im im April 1949 verkündeten Besatzungsstatut schränkten die Westalliierten die Souveränität der BRD wesentlich ein, so durften etwa Verfassungsänderungen nur mit Zustimmung der Alliierten erfolgen. In den Pariser Verträgen 1955 wurde diese Einschränkungen aufgehoben, die Alliierten behielten sich aber noch das Recht vor, an der Gestaltung einer eventuellen Wiedervereinigung mit der DDR oder dem Abschluss eines Friedensvertrages mitzuwirken. Diese letzten Einschränkungen wurden erst im Zuge der Wiedervereinigung im Rahmen des 2+4-Vertrages aufgehoben.
[Es wurde aber bisher kein Friedensvertrag abgeschlossen, bei der Gestaltung eines solchen wäre die BRD immer noch nicht frei.]
Nach herrschender Ansicht hat die BRD spätestens nach der Wiedervereinigung die volle Souveränität erlangt. Die BRD wird auch von anderen Staaten als souverän anerkannt. In der völkerrechtlichen Praxis bezweifelt heute niemand, dass sie BRD ein souveräner Staat ist.
Mit freundlichen Grüßen
Vielen Dank, ich finde es gut, dass sie auf die Fragen eingegangen sind, allerdings wirkt mir ihre antwort etwas zaghaft, sie stellen Beispiele auf, wie es sein kann, kommen dann zu dem Schluss, dass Deutschland souverän ist und vökkerrechtlich in der UNO anerkannt ist.
Die Palästinenser brauchen bspw. für ihre Staatsaufrufung idealerweise die Zustimmung im Sicherheitsrat, hat es das bei der BRD auch mal gegeben ?
Was ist Völkerrecht überhaupt ?
Können sie dazu nicht auch die passenden Paragraphen und Vorschriften erwähnen, daraus müsse sich ja ableiten lassen, ob Deutschland also die BRD nun ein echter Staat ist.
Vielen Dank für Ihre Nachfrage.
Es gibt keine Vorschrift, die ausdrücklich besagt, dass die Bundesrepublik Deutschland ein souveräner Staat ist. Souveränität kann sich auch nicht aus Rechtsvorschriften ergeben, sie ist entweder tatsächlich vorhanden oder nicht. Ein Staat, der frei von äußeren Einflüssen über seine Politik entscheiden kann, ist souverän. Kann er dies nicht, so ändert daran auch eine gegenteilige Erklärung nichts.
Das gesamte Grundgesetz geht jedoch von der Souveränität der BRD aus. So heißt es etwa im Art. 20 GG
:
„(1) Die Bundesrepublik Deutschland ist ein demokratischer und sozialer Bundesstaat.
(2) Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus. Sie wird vom Volke in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung ausgeübt."
Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus, fremder Einfluss ist nicht vorgesehen.
Auch das Bundesverfassungsgericht geht von der Souveränität der BRD aus:
„Deutschland hat durch den Wegfall der Verantwortung der vier Mächte in bezug auf Berlin und Deutschland als ganzes sowie der damit zusammenhängenden Vereinbarungen, Beschlüsse und Praktiken die volle Souveränität über seine inneren und äußeren Angelegenheiten wiedererlangt ."
(Beschluss vom 28. Januar 1998, 2 BvR 1981/97
)
Auch alle anderen Staaten, die diplomatische Beziehungen zur BRD unterhalten, gehen davon aus, dass die BRD ein souveräner Staat ist. Das ergibt sich schon daraus, dass diese ohne Vorbehalte bezüglich der Souveränität Verträge mit der BRD abschließen.
Völkerrecht regelt die Rechtsbeziehungen zwischen Völkerrechtssubjekten, also vor allem zwischen Staaten.
Einer Abstimmung im Sicherheitsrat bedarf es nicht, da die BRD ja ohnehin von allen Staaten anerkannt wird. Eine solche Abstimmung bringt nur denen etwas, die sich um die Anerkennung bemühen, wie die Palästinenser.