Sehr geehrter Fragesteller,
vielen Dank für Ihre Anfrage. Zunächst möchte ich Sie darauf hinweisen, dass dieses Forum eine ausführliche und persönliche Rechtsberatung nicht ersetzen kann, sondern vor allem dafür gedacht ist, eine erste rechtliche Einschätzung zu ermöglichen. Durch Hinzufügen oder Weglassen relevanter Informationen könnte die rechtliche Beurteilung Ihres Anliegens anders ausfallen. Ihre Fragen beantworte ich hinsichtlich Ihrer Angaben und unter Berücksichtigung Ihres Einsatzes folgendermaßen.
…würde mich jetzt interessieren, inwieweit hier die am 17 Juni 2011 zum ersten mal positiv angenommenen Resolution im UN Menschenrechtsrat sich der alten aus dem Jahre 2008 sich unterscheidet und wie die Befugnisse und Sanktionsmöglichkeiten und insgesamt die Möglichkeiten dieser Resolution aussehen ?
1. Inhalt:
Die „Erklärung der Vereinten Nationen über die sexuelle Orientierung und geschlechtliche Identität" (2008) und „Gemeinsame Erklärung über die Beendigung von Gewaltakten und ähnlichen Menschenrechtsverletzungen aufgrund der sexuellen Orientierung und geschlechtlichen Identität" (2011) sind inhaltlich ähnlich. So werden die vorangegangen Erklärungen (2006, 2008) ausdrücklich einbezogen, vgl. Ziffer 1 und 3 der Resulotion
In beiden Erklärungen zeigt man sich über die vorherrschenden Menschenrechtsverletzungen aufgrund sexueller Orientierung oder geschlechtlicher Identität besorgt und lobt die bereits vorhandene Aufmerksamkeit in einigen Staaten diesbezüglich. Außerdem sehen sich die Staaten in der Verantwortung Menschenrechtsverletzungen gegen Ausgrenzung und Diskriminierung in jeglicher zu beenden.
In der angenommen Resolution bestimmt man den Hohen Kommissar für Menschenrechte für zuständig und sichert Förderung und Unterstützung bei der Sondierung von Möglichkeiten, Öffentlichkeitsarbeit, konstruktiven Dialog um das Verständnis und das Bewusstsein für die Abschaffung und Beendigung von Gewaltakten wegen sexueller Orientierung und geschlechtlichen Identität in den Staaten zu bilden und weiter auszubauen. Außerdem werden in Ziffer 10 die Mitgliedstaaten dazu aufgefordert, entsprechende Schritte zur Beendigung von Gewalt, strafrechtlichen Sanktionen gegen Personen wegen sex. Oreintierung oder geschlechtlicher Identität.
In der Erklärung von 2008 wurden die Staaten konkreter aufgefordert die Menschenrechtsverletzungen wegen sex. O.+geschl. Identität zu unterbinden, aufzuklären, rechtliche Schritte einzuleiten, siehe Ziffer 10-13.
2. Bindung:
Resolutionen des UN-Menschenrechtsrates sind nicht völkerrechtlich bindend (nur die des UN-Sicherheitsrates). Bindungswirkung haben diese Resolutionen für die Staaten, welche unterzeichnet haben. Durch die mehrheitliche Annahme am 17.06.2011 mit 23/19 im UN-Menschenrechtsrat wird die Resolution zumindest ein politisches Instrument weitere Maßnahmen zur Beendigung der Menschenrechtsverletzungen wegen sex. Or. + geschl. Identität anzustoßen und zu fördern. So hat das per Resolution zuständige Hohe Kommissariat eine Studie angefordert, welche weltweit die Menschenrechtsverletzungen aus der Resolution untersuchen und aufzeigen soll.
Auch ohne völkerrechtliche Bindung kann eine mehrheitlich angenommene Erklärung zum Völkergewohnheitsrecht werden, welches dann eine Bindungswirkung entfaltet.
3. Historische Bedeutung:
Es ist die Erste Resolution zu diesem Thema, welche überhaupt angenommen wurde.
Klare Benennung der Gewalt und Diskriminierung aufgrund sexueller Orientierung und geschlechtlicher Identität als Menschenrechtsverletzung, insbesondere vor dem Hintergrund, dass es Staaten gibt, welche gleichgeschlechtliche Handlungen unter Strafe stellen, vereinzelt sogar mit Todesstrafe.
4. Fazit:
Die Resolution ist das erste ernstzunehmende politische Instrument auf internationaler Ebene, inwieweit dies ausgebaut wird, kann momentan noch nicht abgeschätzt werden.
Orginaltext, Erklärung 2008:
http://www.netherlandsmission.org/article.asp?articleref=AR00000530EN
Orignaltext, Erklärung 2011:
http://geneva.usmission.gov/2011/03/22/lgbtrights/
Ich hoffe Ihnen eine erste rechtliche Orientierung gegeben zu haben.
Beste Grüße
Anja Merkel, LL.M.
Rechtsanwältin
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Vielen Dank,
sie sagen selber, dass diese Resolution in Gewohnheitsrecht ausarten kann und sowieso für die Unterzeichnerstaaten gültig ist.
Hat so eine Resolution nun gewissermaßen Ewigkeitscharakter oder kann so eine Resolution durch eine Gegenresolution oder eine Resolution zur Abschaffung dieser, nun wieder außer Kraft gesetzt werden ?
Wie sieht es zudem aus, wenn die Unterzeichnerstaaten dieser Resolution ihre Meinung der Homofreundlichkeit mal ändern, kann die UNO dann rechtlich gegen diese Staaten vorgehen ?
Steht der UNO überhaupt ein Weg zur Verfügung, Staaten zu ahnden, die Minderheiten, also Schwule und Lesben bestrafen, etwa durch UN Emabargos oder ähnliches ?
Hat so eine Resolution nun gewissermaßen Ewigkeitscharakter oder kann so eine Resolution durch eine Gegenresolution oder eine Resolution zur Abschaffung dieser, nun wieder außer Kraft gesetzt werden ?
Eine solche Resolution ohne echte völkerrechtliche verbindung, also eine Erklärung, besteht grundsätzlich so lang, so lang die Staaten dies erklären wollen. Änderungen müssen ebenfalls durch eine Resolution festgelegt werden.
Wie sieht es zudem aus, wenn die Unterzeichnerstaaten dieser Resolution ihre Meinung der Homofreundlichkeit mal ändern, kann die UNO dann rechtlich gegen diese Staaten vorgehen ?
Staaten, die sich nicht an Ihre abgegebene Erklärung Ratifizierung der Resolution) halten, können ermahnt werden, bzw. im Rahmen von politischen Verhandlungen gerügt und aufgefordert werden, entsprechend der Resolution zu agieren.
Steht der UNO überhaupt ein Weg zur Verfügung, Staaten zu ahnden, die Minderheiten, also Schwule und Lesben bestrafen, etwa durch UN Emabargos oder ähnliches ?
Nein, weil die rechtliche Verbindlichkeit fehlt.
Wird die Resolution weiter ausgebaut und konkretisiert und dann in den einzelnen Rechtsordnungen der Staaten umgesetzt, so kann ein Betroffeener seine Rechte in diesem Staat geltend machen.
Theoretisch ja, praktisch nein.
Nur Staaten können Parteien vor dem IGH sein. Das bedeutet, verletzt ein Staat seine Erklärung aus der Resolution, muss ein anderer Staat ein Interesse daran haben, seine Rechte geltend zu machen. Bei der vorliegenden Resolution ist der geschützte Kreis das Individum.
Sollten also die Rechte einer Person aus der Resolution verletzt werden (in der Zukunft, da das Gewohnheitsrecht sich erst durch Verfestigung und langer Anwendungspraxis herausbildet), dann müsste diese Person ihren Heimatstaat (welcher das IGH-Statut ratifiziert haben muss) dazu bringen den verletzenden Staat (welcher ebenfalls das IGH-Statut ratifiziert haben muss)vor dem IGH zu verklagen.
In der Praxis werden solche Verletzungen durch politischen Dialog gelöst.