Sehr geehrter Fragesteller,
gerne beantworte ich Ihre Fragen wie folgt:
Wenn ein Insolvenzgrund, d.h. bei natürlichen Personen Zahlungsunfähigkeit, § 17 InsO
, vorliegt, so steht der Weg für die Beantragung eines Verbraucherinsolvenzverfahrens frei, vgl. § 304 InsO
. Die Eigenschaft als Gesellschafter stellt grundsätzlich keine selbständige wirtschaftliche Tätigkeit dar. Dies ist nur in engen Ausnahmefällen anders zu sehen. Hierunter fällt beispielsweise der persönlich haftende Gesellschafter einer OHG oder der Mehrheitsgesellschafter einer Kapitalgesellschaft, der auch selbst die Geschäfte führt und daher bei wirtschaftlicher Betrachtung selbständig tätig ist. Dies ist in Ihrem Fall allein aufgrund der Eigenschaft als Mehrheitsgesellschafter nicht gegeben. Sie fallen daher unter die Regelung für Verbraucher und können einen Verbraucherinsolvenzantrag mit den entsprechenden Voraussetzungen (Schuldenbereinigungsversuch) stellen und diesen mit einem Antrag auf Restschuldbefreiung, nach den §§ 286 ff. InsO
verbinden. Ein Restschuldbefreiungsverfahren können übrigens auch selbständig tätige natürliche Personen beantragen, da es allen natürlichen Personen offensteht. Sie durchlaufen zuvor allerdings ein Regelinsolvenzverfahren.
Während des Restschuldbefreiungsverfahrens können Sie natürlich eine Tätigkeit ausführen. Nach den Obliegenheiten des § 295 InsO
müssen Sie sogar eine angemessene Erwerbstätigkeit ausüben. Allerdings ist Ihr komplettes Vermögen Gegenstand des vorgeschalteten Insolvenzverfahrens. Nach § 35 InsO
erfasst die Insolvenzmasse das gesamte Vermögen das dem Schuldner bei Eröffnung gehört und das er während des Verfahrens erlangt. In der Insolvenz eines Gesellschafters ist dessen Anteil Massebestandteil. Mangels abweichender Vereinbarung scheidet der insolvente Gesellschafter aus der Gesellschaft aus. Sein Abfindungsanspruch ist ebenfalls massezugehörig. Wenn Sie im Rahmen des Restschuldbefreiungsverfahrens an der Stiftung begünstigt werden, so ist dies nicht insolvenzbefangen. Das Restschuldbefreiungsverfahren beginnt nach Aufhebung des vorgeschalteten Insolvenzverfahrens. Während der Laufzeit des Restschuldbefreiungsverfahrens müssen Sie Vermögen das Sie von Todes wegen erwerben zur Hälfte herausgeben. Im Übrigen müssen Sie nur das von der Abtretung nach § 287 InsO
erfasste Einkommen herausgeben. Wenn also eine – wie auch immer geartete „Begünstigung“ nach Abschluss des Insolvenzverfahrens eintritt, sei es auch im Rahmen eines Restschuldbefreiungsverfahrens, ist dies grundsätzlich nicht insolvenzbefangen.
Vielen Dank für Ihre Antwort
Nochmal eine Nachfrage:
Verstehe ich Sie richtig, dass eine Begünstigung im Rahmen einer Stiftung im vorgeschalteten Insolvenzverfahren insolvenzbefangen und im nachgeschalteten Restschuldbefreiungsverfahren nicht insolvenzbefangen ist, da im letzteren Fall die Begünstigung kein Einkommen im Sinne des §287 InsO
ist?
Ist es richtig, dass das Vermögen der Stiftung und etwaige Gewinne nicht insolvenzbefangen sind, wenn ich (ehrenamtlicher) Vorstand dieser (Familien)Stiftung bin?
Sind meine über 100 Mitgesellschafter des geschlossenen Immobilienfonds erst dann meine Gläubiger im Sinne der InsO, wenn sie selbst die Darlehensrückstände gezahlt haben und aufgrund dessen Regressansprüche gegen mich geltend machen können? (Bei einer Privatinsolvenz darf ich ja nicht mehr als 20 Gläubiger haben).Also, wann ist ein Gläubiger ein Gläubiger im Sinne der InsO?
Ich hoffe, dass Sie mir diese Fragen im Rahmen der Nachfrage beantworten können.
Vielen Dank
Sehr geehrter Fragesteller,
wenn das Restschuldbefreiungsverfahren läuft ist das Insolvenzverfahren aufgehoben. Im Restschuldbefreiungsverfahren sind die der Abtretung unterliegenden Einkünfte abzuführen. Ansonsten sind nur Erbschaften zur Hälfte ihres Wertes herauszugeben.
Das Stiftungsvermögen ist grundsätzlich der Stiftung zuzurechnen. Daher ist es nicht Ihr Vermögen. Ein Insolvenzverfahren hindert Sie nicht ehrenamtliche Tätigkeiten auszuüben.
Ein Insolvenzgläubiger ist nach § 38 InsO
derjenige, der vor der Eröffnung einen begründeten Anspruch gegen den Insolvenzschuldner hat. Der Anspruch braucht noch nicht durchsetzbar zu sein, aber die Grundlage des Schuldgrundes muss bestehen. Insofern dürften die Mitgesellschafter als Gläubiger zu bezeichnen sein.
Noch einmal: Nach § 304 InsO
findet das Verbraucherinsolvenzverfahren Anwendung für natürliche Personen die keine selbständige wirtschaftliche Tätigkeit ausüben oder ausgeübt haben.Eine bloße Gesellschafterstellung ist keine selbständige wirtschaftliche Tätigkeit. Hat in der Vergangenheit eine selbständige Tätigkeit stattgefunden, so ist das Verbraucherinsolvenzverfahren einschlägig wenn die Vermögensverhältnisse überschaubar sind und keine Forderungen aus Arbeitsverhältnissen bestehen. Überschaubar sind die Vermögensverhältnisse insb. dann, wenn weniger als 20 Gläubiger vorliegen. Dies ergibt sich aus § 304 InsO
.
Die Frage ob Verbraucherinsolvenz oder Regelinsolvenz hat aber nichts mit der Zulässigkeit eines Restschuldbefreiungsverfahrens zu tun. Jede natürliche Person, ob selbständig oder nicht, kann ein Restschuldbefreiungsverfahren durchlaufen, vgl. § 286 InsO
.