Sehr geehrter Fragesteller,
Ihre Anfrage möchte ich Ihnen auf Grundlage der angegebenen Informationen verbindlich wie folgt beantworten:
1. Ist der Nacherbenvermerk im Grundbuch bzw. die Anhörung der Nacherben überhaupt notwendig?
Eine Anhörung der Vorerben ist nur dann notwendig, wenn im Grundbuch ein Nacherbenvermerk eingetragen ist.
Gem. § 51 GBO
ist bei der Eintragung eines Vorerben zugleich das Recht des Nacherben und, soweit der Vorerbe von den Beschränkungen seines Verfügungsrechts befreit ist, auch die Befreiung von Amts wegen einzutragen.
Falls diese (wovon ich ausgehe) bis zur Auflassung des Grundstücks eingetragen wird, ist laut Beschluss des OLG Bamberg vom 22.01.2015, Az.: 3 W 3/15
, eine Anhörung von Nacherben notwendig. Damit diese sichergehen können, dass es sich bei der Veräußerung um einen angemessenen Preis und keine gemischte Schenkung handelt. Da befreiter Vorerbe zwar das Grundstück gem. § 2113 Abs. 1 BGB
veräußern darf, allerdings nicht gem. Abs. 2 verschenken.
2. Kann nicht direkt eine Auffassungsvormerkung für den Erwerber eintragen werden?
Ohne vorherige Anhörung der Nacherben wird sich das Grundbuchamt weigern eine Auflassungsvormerkung einzutragen.
3 .Besteht hier für den Erwerber oder die Bank ein Risiko bzw. ein Hindernis zur Eigentumsüberschreibung?
Ja, wie bereits oben ausgeführt.
4. Da der Verkauf über einen Makler läuft und ein marktüblicher Preis aufgerufen wird sowie der Erwerber nicht mit B verwandt ist, sollte es doch keine Hindernisse geben?
Nichtsdestotrotz muss den Nacherben rechtliches Gehör gewährt werden.
Abschließend erlaube ich mir ein Zitat aus dem oben benannten Beschluss:
"... , dass ein erhöhter Aufwand zu betreiben ist, kann nicht zur Verkürzung von verfassungsmäßigen Rechten führen".
Fazit: Grundsätzlich wäre eine Veräußerung und Auflassung des Grundstücks aufgrund der Stellung als befreiter Vorerbe möglich. Allerdings wird das Grundbuchamt das Grundstück vor der Anhörung der Nacherben nicht auflassen.
Abschließend möchte ich Sie darauf hinweisen, dass es sich bei dieser Antwort, basierend auf Ihren Angaben, lediglich um eine erste rechtliche Einschätzung des Sachverhaltes handelt. Diese kann eine umfassende Begutachtung nicht ersetzen. Durch Hinzufügen oder Weglassen relevanter Informationen kann die rechtliche Beurteilung völlig anders ausfallen.
Ich hoffe, Ihre Frage verständlich beantwortet zu haben und bedanke mich für das entgegengebrachte Vertrauen. Bei Unklarheiten können Sie die kostenlose Nachfragefunktion benutzen.
Mit freundlichen Grüßen
Antwort
vonRechtsanwalt Evgen Stadnik
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Rechtsanwalt Evgen Stadnik
Vielen Dank für Ihre sehr ausführliche und aufschlussreiche Antwort. Zwei Punkte sind mir jedoch unklar. Ich wäre Ihnen äußerst dankbar, wenn Sie hierzu noch kurz Stellung beziehen könnten.
Zu 1) + 2) Müssen die Nacherben somit zur Auffassungsvormerkung im Juni (Wirksamkeitsvermerk) UND zur Eigentumsüberschreibung im November (Löschung des Nacherbenvermerks) angehört werden?
Da die Nacherben im Testament als "Abkömmlinge und zwar nach Stämmen entsprechend der Regelung bei gesetzlichen Erbfolge" bezeichnet werden und der Nacherbenfall erst mit dem Tode der Vorerbin eintritt (noch nicht geschehen), sind die Nacherben doch unbekannt. Ergo der Rechtspfleger hat einen Pfleger zu bestellen. Korrekt?
Sehr geehrter Fragesteller,
vielen Dank für die Nachfrage.
Ich muss meine Ausführungen entsprechend berichtigen. Eine Anhörung der Nacherben ist bei Beantragung der Löschung vom Nacherbenvermerk erforderlich. Eine Auflassungsvormerkung dürfte ohne Probleme eingetragen werden.
Fehlende Anhörung hindert lediglich den Verkäufer daran das Grundstück wirksam (gutgläubig) zu erwerben und aufzulassen. Daher besteht für den Erwerber lediglich das Risiko, dass die Auflassung durch die Ermittlung der Nacherben in die länge gezogen wird.
Insofern muss die Anhörung beim Antrag auf Löschung des Nacherbenvermerks statt finden.
Das Nachlassgericht müsste Anhand des Testaments die Nacherben ermitteln. Dies gehört unter anderem zu Aufgaben des Nachlassgerichts. Da diese nicht bekannt sind, ist in der Tat ein Pfleger zu bestellen.
Ich hoffe Ihre Frage nunmehr zufriedenstellend beantwortet zu haben.
Mit freundlichen Grüßen
Evgen Stadnik
Rechtsanwalt