Hausschwamm nach Hauskauf / Arglist bei bekannten Feuchtigkeitsschäden?
20. Februar 2021 15:50
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Preis:
50,00 €
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Beantwortet von
in unter 2 Stunden
Zusammenfassung
Es geht um verdeckte Mängel und Arglist beim Immobilienkauf.
Sehr geehrte Damen und Herren,
nach einem Wohnungskauf treten in kurzer Zeit mehrere Sachmängel im Haus auf: Eine defekte Heizungsanlage, Kellerfeuchtigkeit, zuletzt ein ausgedehnter Hausschwamm-Befall. In dem Kaufvertrag wird erklärt, dass "versteckte Sachmängel nicht bekannt sind" (s.u.). Rechnungen über ältere Reparaturen lassen allerdings darauf schließen, dass zumindest Feuchtigkeitsschäden im Dach durchaus bekannt gewesen sein könnten.
Hierzu hat nach unserer Kenntnis das OLG Koblenz im Urteil vom 16.09.2014 – 3 U 438/14 - Folgendes ausgeführt:
Zitat:
Eine Arglisthaftung wegen der Täuschung durch Verschweigen offenbarungspflichtiger Mängel setzt voraus, dass dem Verkäufer Fehler bekannt waren oder er sie zumindest für möglich hielt und er billigend in Kauf nahm, dass dem Käufer diese Fehler nicht bekannt waren und er bei deren Offenlegung den Kaufvertrag nicht oder nicht mit dem vereinbarten Inhalt geschlossen hätte.
Das Tatbestandsmerkmal der Arglist erfasst damit nicht nur ein Verhalten des Veräußerers, das von betrügerischer Absicht getragen ist, sondern auch solche Verhaltensweisen, die auf bedingten Vorsatz im Sinne eines „Fürmöglichhaltens" und „Inkaufnehmens" reduziert sind und mit denen kein moralisches Unwerturteil verbunden sein muss (...)
Unter Umständen kann es so unsere Info sogar reichen, wenn in dem Notarvertrag solche ins Blaue hinein getroffene Zusicherungen enthalten sind, dass Mängel nicht bekannt seien, woraus wir entsprechende Untersuchungen hätten schließen dürfen, siehe Urteil des OLG Frankfurt am Main vom 10.02.2006 - 21 U 57/05 - mit weiteren Nachweisen, abrufbar unter https://openjur.de/u/297475.html ?
Die Frage ist, also ob hier a) Arglist beklagt werden könnte, b) nachweisbar wäre c) die Sache juristisch verfolgenswert wäre mit Aussicht auf Erfolg.
Betreffender Auszug aus dem Kaufvertrag (~S.11-12):
„Der Verkäufer haftet nach alledem nicht für … sämtliche heute bestehenden oder in Entstehung begriffenen Sachmängel, einschließlich Hausschwamm, Holzkrankheiten, wie z.B. Trockenfäule und Ungezieferbefall. Er erklärt jedoch, dass ihm versteckte Sachmängel nicht bekannt sind. Die Sachmängelhaftung des Verkäufers wird demnach ausgeschlossen, soweit dieser Vertrag nicht einzelne abweichende Regelungen oder Garantien enthält; darüber hinaus wird die Irrtumsanfechtung für Eigenschaften der geschuldeten Beschaffenheit ausgeschlossen."
GESAMTER VERLAUF:
• Im 06/2018 erfolgte die Kontaktaufnahme mit dem Makler über einer der einschlägigen Portale
• Laut Gebäudebeschreibung im Exposé ist „das Dachgeschoss nicht ausgebaut und kann aus baurechtlichen Gründen aktuell auch nicht ausgebaut werden […] Die Fassade des Hauses und das Treppenhaus wurden aktuell renoviert. Das Gebäude ist in einem gepflegten Zustand und ist mit einer umfangreichen Instandhaltungsrücklage ausgestattet."
• Eine Besichtigung des Dachstuhles ist auch auf explizite Nachfrage nicht möglich, dies wurde mehreren Parteien unabhängig voneinander bei Besichtigungen so kommuniziert
• Der Makler sorgt nach der Besichtigung per Mail für Zeitdruck: „ich würde Ihnen empfehlen die Wohnung kurzfristig zu reservieren. Wir werden zum 01.07 die Preise erhöhen müssen ferner sind zwei weitere Interessenten an der Wohnung interessiert.", Anfragen bezüglich Preisverhandlungen werden abgelehnt.
• Am 29.6.18 schreibt der Makler auf Nachfrage per Mail: „Die Heizungsanlage ist nicht neu. Sie ist aber abgenommen und voll funktionsfähig. Sicherlich muss Sie in den nächsten 5-10 Jahren erneuert werden. Dafür zahlt der Eigentümer unter anderem die 46.000 € auf das Wohngeldkonto."
• Am 24.8.18 sichert der Makler erneut die Angaben des Gutachtens zu, und dass für die Instandsetzungen ausreichend Kapital zur Verfügung stünde. Diese Email ging in CC: an die Hausverwaltung XX (eine Tochtergesellschaft des Verkäufers XX) welche also über die Angaben informiert wurde und Möglichkeit gehabt hätte, diese zu korrigieren:
„Wie ich Ihnen bereits gestern in unserem Gespräch erläutert habe gibt es für das Haus ein Gutachten dieses liegt Ihnen vor. ( in der Anlage nochmals anbei )
Laut Gutachten Seite 5
Der Keller unterhalb des Gebäude ist trocken und in einem akzeptablen Zustand. Die Unterkellerung des Hofes ist ungenutzt. In diesen Bereich dringt Feuchtigkeit über die darüber gelegene Hofdecke ein. Das Wasser unter dem Hofkeller versickert im unbefestigten Boden, hat jedoch zu einer starken Korrosion der Stahlträger der Kappendecke geführt. Hier sollte die Versiegelung im Hof ertüchtigt und die Stahlträger durch einen Statiker auf Tragfähigkeit überprüft werden. Gegebenenfalls sind Träger nach Entrostung zusätzlich zu unterstützen.
Im Gutachten sind die Kosten für die Instandsetzung des Innenhofes genau aufgeschlüsselt. Sie belaufen sich auf insgesamt ca.18.000 €
Der Verkäufer wird spätestens zu 01.10.2018 auf das Hausgeldkonto 46.000 € einbezahlen.( dies ist auch in Ihrem Kaufvertrag verbrieft). Damit wären alle noch offenen Positionen des Gutachtens abgedeckt. Sollte sich die neue
Eigentümergemeinschaft also entschließen den Hof sanieren zu wollen, steht hierfür mehr als ausreichendes Kapital zur Verfügung.
• Bei der ersten Eigentümerhauptversammlung am 1.11.2018 stellte sich heraus, dass aktuell nur 1 von 2 Heizungsanlagen funktionsfähig ist und entweder die zweite durch Austausch der Heizungsumwälzpumpe und des Druckausdehnungsgefäßes umgehend repariert werden müsse, da sonst das Risiko hoch sei, dass durch Ausfall der zweiten Anlage keine Heizmöglichkeit im Winter zur Verfügung stehe, oder die gesamte Anlage ausgetauscht werden müsse. Dies widersprach also den vorherigen Angaben des Maklers, sie sei abgenommen und voll funktionsfähig. Laut WEG-Protokoll sei laut Hausmeister eine der beiden Heizungsanlagen schon seit einigen Heizperioden ausgefallen. Außerdem wurde berichtet, dass der Keller nicht wie zuvor geäußert trocken sei, sondern feuchte Kellerwände aufweise. Dies war der Hausverwaltung/dem Verkäufer zum Zeitpunkt der Zusicherungen durch den Makler also bekannt. Es müsse ein feuchteschutztechnischer Bericht erstellt werden mit Sanierungsempfehlung.
• Bei der zweiten Eigentümerhauptversammlung am 17.6.19 wird von Seiten der Hausverwaltung berichtet, dass der Bezirksschornsteinfeger im Zuge der Überprüfung der Heizungsanlage 2018 seine Zweifel über die Zustimmung zum Weiterbetrieb über das Ende 2019 hinaus geäußert hat. Der Austauch der Heizung sei daher zwingend erforderlich. Es werden zwei Angebote über 32.400€ und 35.200€ vorgestellt zur Beschließung
• Der feuchteschutztechnische Bericht vom 16.5.2019 stellt in Widerspruch zu dem zuvor vorgelegten Architekten Gutachten (6/2017) massive Feuchtigkeitsschäden in Hof und Keller fest und schlägt eine Beseitigung in Höhe von 76.219,50€ (statt 18.000€) vor. Die Umsetzung mit Gesamtkosten in Höhe von 80.000€ sollte durch eine Sonderumlage finanziert und beschlossen werden.
• Die veranschlagten Sanierungskosten von Heizung und Hof überschritten nun deutlich die zuvor berichteten und durch die Instandhaltungsrücklage abzudeckenden Kosten von 46.000€.
• In der Zwischenzeit ist der im Exposé „aus baurechtlichen Gründen nicht ausbaubar" angepriesene Dachstuhl verkauft und eine Baugenehmigung erteilt worden.
• Am 17.12.2020 nun die Schreckensnachricht vom Käufer des Dachstuhles: Im Rahmen einer holztechnischen Untersuchung seien an mehreren Stellen des Daches echter Holzschwamm, teilweise mit Würfelbruch entdeckt worden. Zudem wurde Lindan festgestellt und nicht fachgerecht durchgeführte Reperaturmaßnahmen in der Vergangenheit.
• Laut des neuen Architekten sei der Hausschwamm mit bloßem Auge sichtbar gewesen und hätte im Rahmen der Begutachtung durch die vormaligen Architekten bereits entdeckt werden können.
• Das Dach weise laut Architekt an mehreren Stellen Undichtigkeiten auf, es regne an mehreren Stellen rein, unter anderem an einem Kamin. Außerdem seien die Regenrinnen seit vielen Jahren nicht gereinigt worden, so dass die Entwässerung nicht sachgemäß erfolge. Diese Undichtigkeiten hätten zu dem Hausschwammbefall geführt.
• Der Hausmeister berichtet auf explizite Nachfrage, dass in den vergangenen Jahren mehrfach dachdeckerische Maßnahmen (Dachziegel austauschen, Dachkasten austauschen) durchgeführt worden seien.
• Die vorliegenden Rechnungen vom Handwerker und Dachrinnenreiniger bestätigen den Austausch einer Fallrohrkappe am 13.5.18 und Dachkasten und Abdichtarbeiten am 10.11.2018. Dies lässt darauf schließen, dass im Mai 2018 bereits eine fehlerhafte Entwässerung über die Dachrinnen bekannt war und behoben wurde. Auch die Undichtigkeiten am Dachkasten waren wahrscheinlich schon vor der Reparatur am 10.11.18 bekannt, wobei dies in der ersten Jahreshauptversammlung am 1.11. unerwähnt blieb.
• Eine Undichtigkeit am Kamin ist bereits im damaligen Architekten Gutachten (vom 6/2017) erwähnt worden und die Instandsetzung empfohlen worden:
„Die Dacheindeckung aus Betondachziegeln ist in einem akzeptablen Zustand. Sämtliche Bleche und
Abdeckungen sind funktionsfähig, lediglich am hinteren Schornstein des Seitenflügels weist die
Schürze unterhalb der Schornsteinverwahrung Undichtigkeiten auf.
Der Holzdachstuhl erscheint trocken und in einem akzeptablen Zustand, wobei die Unterspannbahn
stellenweise beschädigt ist und ertüchtigt werden sollte. Das Dach ist ungedämmt. […] Instandsetzungsempfehlungen: Schornsteinverwahrung Die Schürze der Schornsteinverwahrung am
hinteren Schornstein des Seitenflügels ist zu ertüchtigen = 200,00 €"