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Hauskauf im Außenbereich von NRW - Schwarzbau und Baulast

28. August 2023 13:05 |
Preis: 120,00 € |

Baurecht, Architektenrecht


Beantwortet von

Guten Tag,

wir überlegen ein Einfamilienhaus in NRW am Niederrhein zu kaufen. Das Haus befindet sich im Außenbereich der Ortschaft. Es wurde 1996/97 mit Genehmigung um eine zweite Wohneinheit ausgebaut. Damit erstreckt sich das Gebäude nun über zwei Flurstücke. Allerdings sind dort auch ungenehmigte Ausbauten vorgenommen worden. Das Dachgeschoss der Erweiterung wurde ungenehmigt ausgebaut, inklusive des Einbaus einer „normalen" Treppe. Laut Bauantrag war nur eine Einschubtreppe in den Speicher vorgesehen. Entstanden sind dort neben dem Flur drei weitere Räume und ein Badezimmer. Es erfolgte kein Ausbau von Dachgiebeln. Fenster und Heizungen wurden eingebaut, die Mindestanforderungen bzgl. Deckenhöhe und Grundfläche laut Bauordnung dürften auch erfüllt sein. Eine zusätzliche Garage wurde außerdem gebaut und ein bereits bestehender und genehmigter Wintergarten wurde erweitert, obwohl diese Erweiterung auf den Bauzeichnungen als Freisitz ausgewiesen wurde. Zu letzterem haben wir allerdings keine Unterlagen, dass der Wintergarten zuvor schon existiert hat. Auf den Grundrissen, die zur Erweiterung eingereicht worden sind, ist nur eine Garage neben dem Freisitz eingezeichnet. Daher nehmen wir an, dass ggf. der gesamte Umbau zum Wintergarten nicht genehmigt war.

Erschwerend kommt noch hinzu, dass die Immobilie seit dem genehmigten Ausbau mit einer Baulast belastet ist, die im Wortlaut sagt:

„Die in dem vorhandenen Wohnhaus einzurichtende/anzubauende zweite Wohnung wird nach § 35 Abs. 4 Nr. 5 in Verbindung mit Abs.4 Satz 3 BauGB unter der Voraussetzung genehmigt, daß sie nur von dem Eigentümer der bereits vorhandenen Wohnung auf Flurstück [XXX] und seiner Familie selbst genutzt werden darf. Mit der Genehmigung der zweiten Wohnung ist die Anzahl der gesetzlich zulässigen Wohneinheiten ausgeschöpft. Die Einrichtung einer weiteren Wohneinheit ist auf Dauer ausgeschlossen. Auch bei Veräußerung einer der beiden Wohnungen - insbesondere nach Bildung von Wohnungseigentum – hat keiner der Eigentümer einen Anspruch auf eine erneute Einrichtung einer weiteren Wohneinheit."

Dennoch überlegen wir das Haus zu kaufen. Da im Außenbereich strengere Regeln gelten, stellen sich uns folgende Fragen:

Schließt diese Formulierung der Baulast eine Vermietung einer der Wohneinheiten an Familienfremde gänzlich aus? Gibt es die Möglichkeit die Baulast löschen zu lassen oder ist dies mit Bezug auf den Außenbereich (nahezu) unmöglich?

Wie stehen unsere Chancen bzw. Möglichkeiten diese ungenehmigten Ausbauten nachträglich genehmigen zu lassen? Und kann die Bauaufsichtsbehörde neben dem Rückbau zusätzlich Strafzahlungen verlangen, obwohl wir den Ausbau selbst nicht getätigt haben? Gibt es für diese Fälle Obergrenzen, was den Strafbetrag angeht?

Falls die Behörde einen Rückbau verlangt, inwieweit ist das bei einem ausgebauten Dachgeschoss überhaupt möglich (Wände einreißen/Treppe zurückbauen)? Oder reicht es, wenn die geschaffenen Räumlichkeiten nur zu Lager-, aber nicht zu Wohnzwecken genutzt werden? Könnte dementsprechend der Ausbau sogar legal sein, sofern die besagten Räume nicht zu Wohnzwecken genutzt werden (in der Annahme das Brandschutzvorschriften etc. beim Ausbau beachtet wurden)? Müsste in dem Fall "nur" eine Nutzungsänderung beantragt werden, wenn wir sie zu Wohnzwecken nutzen wollen?

Das ungenehmigt ausgebaute Dachgeschoss verfügt zwar über ein Badezimmer, aber über keine Küche. Damit kann es in der Theorie nicht als 3. Wohneinheit betrachtet werden. Damit würde die Baulast der nachträglichen Genehmigung des Dachgeschosses nicht im Wege stehen, richtig?

Die schwarz-gebaute Garage würden wir ohnehin zurückbauen wollen. Laut Landesbauordnung §62, Absatz 3, Satz 1, ist die Beseitigung von Anlagen nach Absatz 1 verfahrensfrei, allerdings stehen in Absatz 1 Garagen bis 30 m², außer im Außenbereich. Brauchen wir daher also eine Genehmigung, um die schwarz gebaute Garage abreißen zu dürfen? Funktioniert das überhaupt, wenn der ursprüngliche Bau derselben schon nicht genehmigt war?

Wie sieht es mit dem Überbauten Freisitz aus? Generell war ein Wintergarten (theoretisch) genehmigt, nur nicht in der nun vorliegenden Größe. Welche Maßnahmen stehen uns hierfür offen?

Vielen Dank!

28. August 2023 | 16:07

Antwort

von


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Sehr geehrte Fragestellerin,

Ihre Anfrage möchte ich Ihnen auf Grundlage der angegebenen Informationen verbindlich wie folgt beantworten:

Ihre Aussichten sind leider als schlecht zu bezeichnen.

Der Bestandsschutz für das Haus ist weggefallen durch die Nutzungsaufgabe durch die in der Baulast benannten Person sowie massive Änderungen am Gebäude selbst.

Die Baulast schließt es aus, dass das Gebäude von anderen Personen als den in der Baulast genannten genutzt wird.

Eine Baulast kann gelöscht werden, wenn kein öffentliches Interesse mehr an ihr besteht. Das ist hier aber nicht der Fall, weil die in der Baulast genannte Gesetzesbestimmung weiterhin Beachtung fordert.

Nach einem Grundstückserwerb müssen Sie mit einer Beseitigungsanordnung der Bauaufsichtsbehörde rechnen, mindestens aber mit einer Nutzungsuntersagung. Dagegen droht Ihnen kein Bußgeld, weil der Verstoß gegen die Landesbauordnung nicht von Ihnen begangen wurde.

Die baulichen Anlagen wären vollständig - rückstandsfrei - auf Ihre Kosten zu beseitigen. Es gibt, da es sich um den besonders geschützten Außenbereich handelt, der nach der Konzeption des Gesetzes grundsätzlich von Bebauung freizuhalten ist, keinen Anspruch, dass die vorhandenen Anlagen unverändert oder verändert weitergenutzt werden dürfen, wenn kein neuer Privilegierungstatbestand nach § 35 Abs. 1 des Baugesetzbuches (BauGB) greift.

Wenn das Gebäude nicht höher als 7 m ist, kann es verfahrensfrei abgerissen werden.

Ich hoffe, Ihre Frage verständlich beantwortet zu haben, und bedanke mich für das entgegengebrachte Vertrauen. Bei Unklarheiten können Sie die kostenlose Nachfragefunktion benutzen.

Mit freundlichen Grüßen


Rechtsanwalt Gero Geißlreiter
Fachanwalt für Verwaltungsrecht

Rückfrage vom Fragesteller 29. August 2023 | 10:32

Guten Tag Herr Geißlreiter,

vielen Dank für Ihre Antwort. Ein paar Rückfragen dazu: Inwiefern ist es denn zu einer Nutzungsaufgabe gekommen? Das Haus war bisher ein Wohnhaus und bleibt ein Wohnhaus. Es wurde noch bis letztes Jahr bewohnt und steht nur für kurze Zeit leer. Müsste es damit nicht nur zu einer Nutzungsunterbrechung und keiner -aufgabe kommen?

Und zur Klarstellung, der Bestandsschutz ist wegen der nicht genehmigten Ausbauten weggefallen (Dachgeschoss, Garage, Wintergarten), aber nicht wegen des genehmigten Ausbaus, richtig?

Antwort auf die Rückfrage vom Anwalt 29. August 2023 | 12:23

Sehr geehrte Fragestellerin,

das Wohnhaus durfte nur von bestimmten Personen bewohnt werden. Das tun diese nicht mehr. Es reicht gerade nicht aus, dass dort irgendein Mensch dauerhaft wohnt.

Ja, genau. Wer eine genehmigte bauliche Anlage wesentlich umgestaltet, gefährdet deren Bestandsschutz. Der Innenausbau spielt dabei eine eher untergeordnete Rolle.

Beste Grüße von Gero Geißlreiter, Rechtsanwalt

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