Sehr geehrter Ratsuchender,
vielen Dank für Ihre Anfrage, die ich auf Grundlage Ihrer Angaben wie folgt beantworte:
Es handelt sich hier offenbar um einen Überbau, da der Anbau ganz oder teilweise auf dem Nachbargrundstück steht. Eine Eintragung einer Baulast ist für den Bestand des Anbaues nicht erforderlich. Eine Duldungspflicht des Nachbareigentümers ergibt sich aus § 912 BGB
.
Etwas anderes gilt nur, wenn der Überbau böswillig (vorsätzlich oder grob fahrlässig) erfolgte. Dann kann der mit dem Überbau belasteten Grundstückseigentümer Beseitigung des Überbaus nach § 1004 BGB
verlangen. Die Kosten der Beseitigung des Überbauers hat der Grundstückseigentümer (Überbauer) zu tragen. Weiterhin könnte er die Herausgabe der überbauten Fläche nach § 985 BGB
verlangen.
Maßgeblich für den Beseitigungsanspruch nach §§ 1004 Abs. 2
i.V.m. 912 BGB
ist, dass der Nachbareigentümer nicht zur Duldung des Überbaus verpflichtet sind. Soweit eine solche Verpflichtung besteht, steht ihm kein Beseitigungsanspruch, sondern „nur" eine Überbaurente gegen Sie als Überbauer nach §§ 912 Abs. 2
, 913 BGB
zu.
Da hier eine langjährige Duldung des Überbaus und auch eine Zustimmung des Voreigentümers zum Überbau vorliegt, besteht kein Beseitigungsanspruch bzw. ist dieser verwirkt.
Daher sollten Sie Ihren Nachbarn auf den zulässigen Überbau hinweisen, der eine Baulast zum Bestandsschutz des Anbaues nicht erfordert. Allenfalls eine Überbaurente für den fremd genutzten Grundstücksanteil könnte auf Sie zukommen.
Ich hoffe Ihnen eine ersten Überblick verschafft zu haben. Soweit die Situation nicht eindeutig zu klären ist, empfehle ich einen Kollegen vor Ort zu beauftragen.
Mit besten Grüßen
§ 912 Überbau. Duldungspflicht
( 1 ) Hat der Eigentümer eines Gründstücks bei der Errichtung eines Gebäudes über die Grenze gebaut, ohne dass ihm Vorsatz ODER grobe Fahrlässigkeit zur Last fällt, so hat der Nachbar den Überbau zu dulden, es sei denn, dass er vor oder sofort nach der Grenzüberschreitung Widerspruch erhoben hat.
( 2 ) Der Nachbar ist durch eine Geldrente zu entschädigen. Für die Höhe der Rente ist die Zeit der Grenzüberschreitung maßgebend.
Diese Antwort ist vom 24.07.2011 und möglicherweise veraltet. Stellen Sie jetzt Ihre aktuelle Frage und bekommen Sie eine rechtsverbindliche Antwort von einem Rechtsanwalt.
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Sehr geehrter RA,
vielen Dank für die Antwort. Was heisst: Überbau ? Der Anbau steht in ca. 2,5o Meter Höhe
und ca. 10 Meter Länge direkt auf der Grundstücksgrenze.
Danke für diese Antwort.
Vielen Dank für Ihre Nachfrage, die zur Klarstellung wichtig ist.
Ich hatte angenommen, dass der Anbau teilweise oder ganz auf dem Nachbargrundstück steht, was nicht der Fall ist. Der Anbau ist demnach auf Ihrem Grundstück aber an der Grundstücksgrenze.
Die bauliche Grenzbebauung, die im Bereich der Abstandsfläche liegt, ist dann nicht zu beanstanden bzw. unangreifbar, wenn hierfür Bestandsschutz besteht.
Hierfür ist eine Baugenehmigung aus früheren Zeiten ausreichend, wobei für die Umnutzung als Wohnraum eine Nutzungsänderung erforderlich gewesen ist.
Liegt eine Baugenehmigung vor oder ist der Anbau nach dem Bebauungsplan nicht zu beanstanden, kann durch die Bauaufsichtsbehörde keine Beseitigung gefordert werden. Jedenfalls kann der Nachbar eine Beseitigung selbst nicht einfordern.
Soweit es sich bei dem frührern Stall um ein
bestandsgeschütztes Gebäude handelt, wäre zu ermitteln, ob die Änderung in Wohnraum ordnungsgemäß beantragt oder genehmigt wurde. Der Bestandsschutz für das Stallgebäude wird sich wahrscheinlich nicht auch auf ein Umnutzung als Wohngebäude erstrecken.
Daher sollten Sie oder über einen Architekten Einsicht in die Bauakte nehmen um den aktuellen Verfahrensstand festzustellen. Ggfs. ist ein Antrag auf Nutzungsänderung zu stellen.
Ich hoffe ich konnte Ihnen weiterhelfen und stehe bei Nachfragen per Email gerne zur Verfügung.
Mit besten Grüßen