Sehr geehrte/r Fragesteller/in,
Bund und Länder müssen sich nach dem Bundesstaatsprinzip bundestreu verhalten. Das bedeutet, daß sich sowohl die Länder bundesfreundlich als auch der Bund länderfreundlich verhalten muß. Es handelt sich dabei um einen ungeschriebenen Grundsatz des Verfassungsrechts (Bundesverfassungsgericht, Urteil vom 28.02.1961 - 2 BvG 1, 2/60, BVerfGE 12, 205
, 254). Daraus folgt, daß der Bund die Belange und Interessen der Länder berücksichtigen muß und deren Existenz und Handlungsfähigkeit nicht gefährden darf.
Zu beachten ist jedoch der politische Spielraum der Bundesregierung und des Bundesgesetzgebers, dem die ausschließliche Gesetzgebung über den Grenzschutz obliegt (Art. 73 Abs. 1 Nr. 5
Grundgesetz). Ob vor diesem Hintergrund die eigenstaatliche Handlungsfähigkeit Bayerns tatsächlich als aktuell gefährdet zu bezeichnen ist, erscheint höchst zweifelhaft.
Eine Chance Bayerns, sich vor dem Bundesverfassungsgericht durchzusetzen, sehe ich daher als nicht gegeben an. Selbst wenn jedoch Bayern mit einer Verfassungsklage obsiegen würde, könnte nur der Bund verpflichtet werden, grenzpolizeiliche Maßnahmen zu ergreifen. Eine Grenzüberwachung durch bayrische Behörden ohne das Einvernehmen des Bundes wäre nicht möglich.
Ich hoffe, Ihnen mit diesen Auskünften gedient zu haben und weise darauf hin, daß diese auf Ihren Angaben beruhen. Bereits geringfügige Abweichungen des Sachverhalts können zu einer anderen rechtlichen Bewertung führen.
Nutzen Sie im Zweifelsfall gern die kostenlose Nachfragefunktion!
Mit freundlichen Grüßen
Vasel
Rechtsanwalt
Danke
Soweit ich sie verstehe kann Bayern zwar klagen aber muss sich dann auf die Bundespolizei verlassen, selber darf Bayern auch aufgrund der damaligen Vereinbarung zwischen Bayern und dem Bund nicbt tätig werden, offenbar wurde die bayerische Grenzpolizei mitsamt der Vereinbarung schon in den 70er Jahren gekündigt
Sehe ich das richtig ??
Ferner hätte ich gerne gewusst, was sie mit ungeschriebenen Gesetz meinen
Sie nennen ein Urteil
Aufgrund wessen Artikel wird die eigenstaatliche Handlungsfähigkeit abgeleitet ?
Zu guter letzt fand ich noch im Spiegel ein Interview mit dem Staatsrechtler Degenhart von Sarovic
http://m.spiegel.de/politik/deutschland/a-1057969.html
Dort betont er, dass er gute Chancen sieht
Warum sehen sie das anders ?
Haben die Bundesländer nicht das Recht vom Bund originäre Aufgabeb wie den Grenzschutz einzufordern ?
Sehr geehrte/r Fragesteller/in,
Ihre Nachfragen beantworte ich wie folgt:
1. Ja, die bayrische Grenzpolizei gibt es nicht mehr, und sie kann ohne das Einvernehmen des Bundes auch nicht wieder installiert werden.
2. Der Grundsatz der Bundestreue ergibt sich daraus, daß in Art. 20 Abs. 1
Grundgesetz u. a. festgelegt ist, daß die Bundesrepublik Deutschland ein Bundesstaat ist und diese Staatsform aufgrund von Art. 79 Abs. 3
Grundgesetz nicht geändert werden kann („Ewigkeitsgarantie"). Aus dem Bundesstaatsprinzip folgt u. a. nach dem zitierten Urteil des Bundesverfassungsgerichts der Grundsatz der Bundestreue (der Urteilswortlaut ist im Internet zu finden).
3. Herr Prof. Degenhart hat in dem Interview wörtlich auf die Frage nach den Erfolgsaussichten einer Klage gesagt: „Das kann man nicht sagen, weil es keinen Präzedenzfall gibt." Er hält eine Klage zwar für „plausibel", von guten Chancen hat er aber nicht gesprochen.
Da die Grenzsicherung laut Grundgesetz Bundesangelegenheit ist und der politische Entscheidungsspielraum der Bundesregierung und des Bundesgesetzgeber hier verfassungsrechtlich nur begrenzt wäre, wenn die eigenstaatliche Handlungsfähigkeit Bayerns tatsächlich gefährdet wäre, halte ich eine Klage nicht für aussichtsreich. Da seit der Ankündigung bereits einige Monate vergangen sind, scheint die bayrische Landesregierung im übrigen auch Zweifel bekommen zu haben.
4. Ausweislich des Grundgesetzes (Art. 73 Abs. 1 Nr. 5
Grundgesetz) ist der Grenzschutz Bundesaufgabe. Ein Recht der Länder, diese „einzufordern", besteht nicht, ebensowenig wie die Länder eigene Armeen unterhalten oder eigene Währungen oder Briefmarken herausgeben dürfen.
Mit freundlichen Grüßen
Vasel
Rechtsanwalt