Sehr geehrte/r Fragesteller/in,
aufgrund des von Ihnen geschilderten Sachverhaltes und unter Berücksichtigung Ihres Einsatzes beantworte ich Ihre Frage wie folgt:
Ich möchte vorausschicken, dass eine Beantwortung Ihrer Frage durch die knappe Schilderung und in Unkenntnis des "Beschlusses" lediglich allgemein erfolgen kann. Das Hinzufügen oder Weglassen relevanter Informationen kann die rechtliche Einschätzung völlig anders ausfallen lassen.
Die Verhandlungsfähigkeit des Beschuldigten ist die Fähigkeit, in oder außerhalb der Verhandlung seine Interessen vernünftig wahrzunehmen, die Verteidigung in verständiger und verständlicher Weise zu führen, Prozesserklärungen abzugeben und entgegenzunehmen. Eine psychische Erkrankung läßt die Verhandlungsfähigkeit aber nicht zwingend entfallen.
Grundsätzlich sind Beschlüsse des Gerichts mit der Beschwerde anzugreifen.
Entscheidungen des Gerichts, wie die Einholung eines Gutachtens bezüglich der geistigen Gesundheit des Beschuldigten/Angeklagten, gehen der Urteilsfällung voraus.
Gemäß § 305 StPO
unterliegen jedoch solche Entscheidungen des erkennenden Gerichts, die der Urteilsfällung vorausgehen, nicht dem Rechtsbehelf der Beschwerde, es sei denn es besteht eine entsprechende Ausnahme (§ 305 Satz 2 StPO
).
Zwar enthält § 305 Satz 2 StPO
keine abschließende Aufzählung der Ausnahmen, jedoch ist die Anordnung der psychiatrischen Untersuchung des Angeklagten ohne Unterbringung nicht mit der Beschwerde anzugreifen (OLG Düsseldorf VRS 1999, 123).
Fraglich wäre, ob das Gutachten mit Rechtsbehelfen gegen das gesamte Urteil anzugreifen ist. Dies kann aber ohne Kenntnis des Beschlusses, der Hauptverhandlung und des Urteils nicht beurteilt werden.
Abschließend möchte ich Sie darauf hinweisen, dass die Antwort lediglich einer erste rechtliche Einschätzung darstellt und keinesfalls eine umfassende rechtliche Beratung und Sachverhaltsanalyse durch einen Rechtsanwalt ersetzen kann.
Mit freundlichen Grüßen
Maik Elster
Rechtsanwalt
vielen Dank für die Antwort, erlauben Sie mir eine kurze Ergänzung:
der Beschluss ist ergangen, nachdem dem Gericht die Unterlagen bezüglich der Verhandlungsunfähigkeit vorgelegt wurden. Dieser lautet kurz knapp und bündig: zur frage der verhandlungsfähigkeit wird ein gutachten angeordnet, als gutachter wird bestellt XY, und fertig.
WOHLGEMERKT, bereits ein AMTSÄRTZLICHES Gutachten hat dies deutlich verneint !
die Nachfrage wäre: was wäre zu empfehlen, für das weitere Vorgehen? ein "weiteres" Gutachten beauftragen? Der Beschluss ist ja bereits ergangen und die beschwerdefristen sind abgelaufen.
Vielen Dank
Sehr geehrte/r Fragesteller/in,
vielen Dank für Ihre Nachfrage.
Wie bereits in der ersten Antwort dargestellt, gibt es keine Möglichkeit gegen das richterlich angeordnete Gutachten einzeln vorzugehen.
Inwieweit es sinnvoll ist, ein privates Gutachten einzuholen ist fraglich, erscheint jedoch wenig sinnvoll. Ein Beweisantrag hinsichtlich der Feststellung der Tatsache, dass der Angeklagte verhandlungsunfähig ist, würde wahrscheinlich wegen schon vorliegender Erwiesenheit der Tatsache durch das Gericht abgelehnt werden (§ 244 Abs. 3 Satz 2 StPO
).
Die Einschätzung welches Vorgehen in der momentanen Situation ratsam ist, kann nicht in Unkenntnis der Aussagen und Begleitumstände der Erstellung der genannten Gutachten erfolgen. Auch kommt es bei der Beurteilung eines weiteren Vorgehens im Strafprozess entscheidend auf den gesamten Verfahrensablauf an, welcher in diesem Rahmen in keinster Weise beurteilt werden kann. Diese Plattform kann auf keinen Fall eine vollumfängliche rechtliche Beratung durch einen Rechtsanwalt, welcher sich umfassend in den Fall eingearbeitet und eine Verteidigungsstrategie entworfen hat, ersetzen.
Ich rate Ihnen daher einen Rechtsanwalt mit der Wahrung der Interessen des Angeklagten zu beauftragen, soweit dies noch nicht erfolgt ist.
Mit freundlichen Grüßen
Maik Elster
Rechtsanwalt