Beim Kauf einer GmbH per Share-Deal können Steuer- und Beitragsschulden aus der Vergangenheit eine erhebliche Haftungsquelle für den neuen Inhaber sein, insbesondere wenn der Vorbesitzer Steuern hinterzogen oder Sozialversicherungsbeiträge vorenthalten hat. Tatsächlich besteht bei der Übernahme einer GmbH meist keine direkte Durchgriffshaftung für das Privatvermögen des Erwerbers – allerdings gibt es wichtige Ausnahmen und erhebliche Risiken, auf die geachtet werden sollte.
Haftungsrisiken beim Share-Deal
Grundsätzlich haftet die GmbH selbst für Steuern und Sozialabgaben, nicht deren Gesellschafter mit ihrem Privatvermögen. Nach einem Share-Deal geht die Gesellschaft mitsamt aller Gehälter und „Altlasten" auf die Gesellschafter über, das heißt, bestehende Steuer- und Sozialabgabenschulden bleiben in der GmbH und können von deren neuem Vermögen bedient werden. Das Finanzamt oder die Sozialversicherung kann sich daher zunächst an die GmbH wenden.
Eine persönliche Haftung (Durchgriffshaftung auf das Privatvermögen) des neuen Inhabers kommt in der Regel nur in folgenden Fällen in Betracht, etwa:
Wenn nach der Erwerbsschuld Steuern mit Sicherheit nicht beglichen werden.
Bei besonders schwerwiegenden Verstößen gegen steuerliche Pflichten oder Leistungsverweigerungen.
Bei einer sogenannten „Existenzvernichtungshaftung" (dh der neue Gesellschafter „plündert" die GmbH und entzieht ihr systematisch Mittel).
Die Vorbesitzer können ebenfalls haftbar gemacht werden, insbesondere wenn diese während ihrer Geschäftsführer-Tätigkeit Steuerhinterziehung oder Beitragsvorenthaltung begonnen haben. In solchen Fällen kann das Finanzamt die früheren Geschäftsführer und Gesellschafter privat belangen.
Gestaltungsmöglichkeiten zur Haftungsbegrenzung
Um die eigene Haftung zu begrenzen und zu vermeiden, sollten folgende Maßnahmen ergriffen werden:
Due Diligence Prüfung: Vor dem Kauf eine umfassende steuerliche und rechtliche Prüfung durchführen, um „Altlasten" zu identifizieren. Nachträgliche Ansprüche können im Übrigen auf die erworbene GmbH geltend gemacht werden.
Freistellungsklauseln im Kaufvertrag: Der Kaufvertrag sollte eine umfassende Freistellung für sämtliche Steuern, Abgaben und Sozialversicherungsbeiträge enthalten, die vor dem Kauf entstanden sind. Die Vorbesitzer begründen sich, für alle vor dem Stichtag entstandenen Schulden aufzukommen.
Garantie- und Haftungsklauseln: Der Vorbesitzer sollte sicherstellen, dass keine unversteuerten Einnahmen oder nicht abgeführte Lohnzahlungen vorliegen; ggf. Schadenersatz bei Verletzung dieser Zusicherungen.
Rückstellung im Kaufpreis: Ein Teil des Kaufpreises kann als Sicherheit eingehalten werden, bis alle steuerlichen Risiken geklärt sind.
Es gilt jedoch: Auch gut formulierte Verträge bieten keinen absoluten Schutz davor, dass die GmbH selbst für die Altlasten haftet; Dies kann sich auf den Wert und die Liquidität der Gesellschaft auswirken. Das Finanzamt und die Sozialversicherung wenden sich primär an die GmbH, aber im Innenverhältnis können Sie sich per Vertrag gegenüber den Vorbesitzern absichern.
Bestimmte Bestimmungen im Vertrag
Freistellungsklausel für Altlasten
Gewährleistung für Ordnungsmäßigkeit der Buchhaltung und Abgaben
Schadenersatzregelungen bei Verstoß
Rückzahlungsmechanismen bei nachträglicher Feststellung von Schulden
Fazit
Eine Durchgriffshaftung für Altlasten auf das Privatvermögen des neuen GmbH-Gesellschafters besteht grundsätzlich nicht, außer in Ausnahmefällen gröberer Pflichtverletzungen nach dem Erwerb. Das Finanzamt und die Sozialversicherung wenden sich zunächst an die GmbH, bei vorsätzlichem Fehlverhalten des Vorbesitzers können diese auch auf den Vorbesitzer privat zugreifen. Vertragsrechtliche Absicherungen (Garantie- und Freistellungsklauseln) sind dringend zu empfehlen, um eigene Risiken möglichst zu minimieren.
Antwort
vonRechtsanwalt Mathias Schulze
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Hallo,
Was meinen Sie mit
"Wenn nach der Erwerbsschuld Steuern mit Sicherheit nicht beglichen werden."
Was heißt das genau?
Dann hätte ich noch eine Frage zu einem möglichen Plan B:
Wenn man im 1.ten Schritt die GmbH kauft und dann im 2.ten Schritt nach und nach alle Verträge auf eine neu gegründete GmbH umschreibt und den Betrieb schrittweise auf die neu gegründete (saubere) GmbH umstellt und die alte GmbH mit den Altlasten dann stilllegt, wäre das so legitim? Wenn das Finanzamt Steuerschulden feststellen sollte, dann ist der Betrieb ja schon längst von der alten auf die neue GmbH umgestellt und die alte GmbH bereits abgemeldet. Könnte hier das Finanzamt/Sozialversicherung dann Durchgriffshaftung auf den Käufer annehmen, wenn die stillgelegte GmbH kein Vermögen mehr zur Tilgung eventueller Altlasten der Vorbesitzer hat?
Zu Ihrer ersten Frage:
Mit der Formulierung „Wenn nach der Erwerbsschuld Steuern mit Sicherheit nicht beglichen werden" ist gemeint, dass eine persönliche Haftung des neuen Gesellschafters (also Ihnen als Käufer) grundsätzlich nur dann in Betracht kommt, wenn nach dem Erwerb der GmbH offensichtlich ist, dass die Gesellschaft ihre Steuerschulden nicht mehr begleichen kann oder will. Das kann zum Beispiel der Fall sein, wenn nach dem Kauf der GmbH das Gesellschaftsvermögen gezielt entzogen oder verschoben wird, sodass die GmbH zahlungsunfähig wird und die Steuerschulden nicht mehr aus dem Gesellschaftsvermögen beglichen werden können. In solchen Fällen kann unter bestimmten Voraussetzungen eine sogenannte „Durchgriffshaftung" oder eine Haftung wegen existenzvernichtenden Eingriffs in Betracht kommen. Das bedeutet, dass das Finanzamt oder andere Gläubiger versuchen könnten, auf das Privatvermögen des Gesellschafters oder Geschäftsführers zuzugreifen, wenn nachweisbar ist, dass dieser die Zahlungsunfähigkeit der GmbH vorsätzlich herbeigeführt hat.
Zu Ihrem „Plan B":
Wenn Sie nach dem Kauf der GmbH (mit Altlasten) eine neue, „saubere" GmbH gründen und nach und nach alle Verträge und den Geschäftsbetrieb auf diese neue GmbH übertragen, während die alte GmbH mit den Altlasten stillgelegt und abgemeldet wird, ist dies rechtlich grundsätzlich möglich. Allerdings sind dabei wichtige rechtliche Grenzen und Risiken zu beachten:
1. Haftung der alten GmbH:
Die Steuerschulden und sonstigen Altlasten verbleiben bei der alten GmbH. Das Finanzamt und die Sozialversicherungsträger können sich weiterhin an die alte GmbH halten, solange diese existiert und Vermögen hat.
2. Durchgriffshaftung:
Grundsätzlich gilt nach § 13 Abs. 2 GmbHG, dass nur das Gesellschaftsvermögen der GmbH für deren Verbindlichkeiten haftet, nicht das Privatvermögen der Gesellschafter oder Geschäftsführer. Eine persönliche Haftung kommt nur in Ausnahmefällen in Betracht, etwa wenn Sie als Geschäftsführer nach §§ 34, 69 AO steuerliche Pflichten vorsätzlich oder grob fahrlässig verletzen.
3. Existenzvernichtender Eingriff / Firmenbestattung:
Wenn Sie die alte GmbH gezielt „leerräumen", also das Vermögen auf die neue GmbH übertragen und die alte GmbH ohne Mittel zurücklassen, um die Gläubiger (z.B. das Finanzamt) zu benachteiligen, kann dies als sogenannter existenzvernichtender Eingriff gewertet werden. In solchen Fällen kann eine persönliche Haftung des Gesellschafters oder Geschäftsführers entstehen. Das gilt insbesondere, wenn der Verdacht besteht, dass die Übertragung des Geschäftsbetriebs auf die neue GmbH nur dazu dient, die Gläubiger der alten GmbH zu benachteiligen („Firmenbestattung").
4. Haftung nach § 25 HGB:
Wenn der Geschäftsbetrieb im Ganzen auf die neue GmbH übertragen wird und die wesentlichen Betriebsgrundlagen, Kundenstamm, Personal etc. übernommen werden, kann nach § 25 HGB auch die neue GmbH für die Verbindlichkeiten der alten GmbH haften, sofern keine wirksame Haftungsfreizeichnung im Handelsregister eingetragen wird.
5. Strafrechtliche Risiken:
Ein solches Vorgehen kann unter Umständen auch strafrechtliche Konsequenzen haben, insbesondere wenn es sich um eine gezielte Gläubigerbenachteiligung handelt.
Fazit:
Das von Ihnen beschriebene Vorgehen ist rechtlich riskant. Zwar verbleiben die Altlasten grundsätzlich bei der alten GmbH, aber wenn Sie den Geschäftsbetrieb und das Vermögen auf eine neue GmbH übertragen und die alte GmbH „aushöhlen", kann das Finanzamt oder die Sozialversicherung unter bestimmten Voraussetzungen eine persönliche Haftung oder eine Haftung der neuen GmbH geltend machen. Insbesondere bei einer gezielten Gläubigerbenachteiligung (existenzvernichtender Eingriff, Firmenbestattung) drohen zivilrechtliche und strafrechtliche Konsequenzen.
Sie sollten daher sehr sorgfältig prüfen, wie die Übertragung des Geschäftsbetriebs erfolgt und ob alle rechtlichen Vorgaben eingehalten werden. Eine vertragliche Gestaltung, die eine Haftung für Altlasten ausschließt, ist im Innenverhältnis möglich, schützt aber nicht vor Ansprüchen der Gläubiger im Außenverhältnis, wenn die gesetzlichen Voraussetzungen für eine Durchgriffshaftung oder eine Haftung nach § 25 HGB vorliegen.
Freut mich das ich helfen konnte!
Ich melde mich nochmal kurz: Würden Sie mir bitte einen kleinen Gefallen tun und auf meiner Kanzleiseite bei Google eine Bewertung abgeben?
Ich bin ihnen sehr dankbar bereits hier so eine tolle Bewertung abgeben zu haben.
Bei Google hätte es für mich den Effekt, dass ich dann dort leichter auffindbarer für neue Kunden mit meiner auch ganz neuen Kanzlei Seite werden würde. Sie helfen mir damit also sehr!
Mit den Bewertungen hier klappt das leider nicht und da liegt auch der Unterschied und Grund weshalb ich Sie hier nochmal frage. Einfach auf den Link klicken, dann links auf Rezensionen und dann können Sie selbst eine abgeben.
Viele Grüße Schulze
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Fall es Sie interessiert:
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