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Gewerbemietvertrag - fristlose Kündigung wegen Verletzung Persönlichkeitsrechte

6. November 2023 08:11 |
Preis: 75,00 € |

Mietrecht, Wohnungseigentum


Beantwortet von

Schönen guten Tag,

kurz zum Hintergrund. Im Jahr 2020 haben wir eine GmbH gegründet und einen Gewerbemietvertrag mit 5 Jahren Laufzeit von 2021 bis 2025 abgeschlossen. In dem Mietvertrag ist die GmbH Mieter I und ich als Privatperson Mieter II.
Aus finanziellen und privaten Gründen wurde die GmbH aufgegeben und befindet sich seit Anfang 23 in Liquidation.
Dem Vermieter wurde Ende 22 ein Schreiben zugesendet, dass das Mietverhältnis nur noch alleinig von Mieter II getragen wird. Dem hat der Vermieter im Juni 23 zugestimmt. Die Miete/Nebenkosten wurde ab Januar 23 von Mieter II bezahlt.

Nun der konkrete Fall, bei dem ich Unterstützung benötige. Die angemieteten Gewerberäume wurde Anfang 23 nach und nach geräumt, da das Inventar im Rahmen der Liquidation verkauft wurde. Die Räume sind mit Heizkörpern (Öl-Zentralheizung) ausgestattet und wurden auf Frostschutz eingestellt. Der Vermieter hat im Zeitraum Januar bis März zweimal die Räume betreten und die Heizkörper teils auf Stufe 2 verstellt. Dieses Vorgehen hat der Vermieter per Email eingeräumt. Zudem hatte der Vermieter im Jahr 22 eine mitarbeitende Person unseres Unternehmens gebeten ihn als Zeuge zu begleiten, da er in einer Mietwohnung etwas nachschauen müsste (keine Gefahr im Verzug).

Im Juni 23 ist der Vermieter mit einem Handwerker ohne vorherige Ankündigung in die Räume eingetreten (Zweit-Schlüssel beim Vermieter vorhanden, darüber habe ich Kenntnisse) und hat nach eigenen Angaben mit dem Handwerker geprüft ob eine verstopfte Abwasserleitung von den Gewerberäumen oder von der darüberliegenden Wohnung gereinigt werden kann. Somit liegt keine Gefahr im Verzug vor und ich habe den Mietvertrag fristlos gekündigt (persönlich übergeben und bestätigt). Zu dem Zeitpunkt waren noch Gegenstände der Firma in den Gewerberäumen vorhanden.
Der Vermieter hat sich einer Übergabe der Räume verweigert (mehrmals aufgefordert). Die Abnahme wurde dann im Beisein eines Zeugens durchgeführt. Das Abnahmeprotokoll sowie die Schlüssel wurden dem Vermieter per Gerichtsvollzieher wirksam zugestellt.
Dieser fristlosen Kündigung hat der Anwalt des Vermieters widersprochen mit dem Hinweis auf Gefahr im Verzug und auf einen Formfehler. Die Kündigung wurde nur von mir als Mieter II ausgesprochen, da ich angenommen hatte, dass die Änderung des Mietverhältnisses von Ende 22 so tragfähig sei. Der Anwalt des Vermieters hat in seinem Schreiben direkt einen Vergleichsvorschlag über eine Abstandszahlung, Übernahme seiner Kosten, Reparaturen gemacht.

Im August 23 haben wir (Mieter I und Mieter II) erneut fristlos gekündigt, da wir Ende August 23 Kenntnis erlangt haben, dass der Vermieter mit einer unbekannten Person Ende Juli / Anfang August 23 in den Räumen im Rahmen der Ablesung der Heizkörper betreten hat. Zu dem Zeitpunkt waren die Räumlichkeiten leer. Die Kündigung hat der Vermieter und der Anwalt vorab per Email erhalten und im Original wurde diese durch den Gerichtsvollzieher wirksam zugestellt. Die ausstehende Miete zwischen Juni und August wurde mit der fristlosen Kündigung beglichen, dabei wurde das Guthaben aus der Nebenkostenabrechnung 22 mit verrechnet.

Nun hat sich der Anwalt des Vermieters erneut gemeldet und uns eine fristlose Kündigung wegen Ausbleibender Mietzahlung seit zwei Monaten zugesendet. Darin werden wir ebenfalls aufgefordert Reparaturen vorzunehmen, die Kosten des Anwalts zu übernehmen und die Schadensersatzansprüche bis Ende der regulären Mietzeit Ende 25 sind auch aufgeführt.

Nun meine konkreten Fragen zu dem vorliegenden Fall:
1) Ist unsere aktuelle fristlose Kündigung vom August haltbar und rechtlich wirksam?
2) Wenn dies der Fall ist, was genau antworten wir dem Anwalt?
3) Bislang haben wir gegen den Vermieter und den zwei unbekannten Personen noch keine Strafanzeige nach §123 StGB "Hausfriedensbuch" erstattet. Sollen wir (Mieter I und Mieter II) dies noch tun?

Vielen Dank, dass Sie sich Zeit für mich nehmen. Ich freue mich auf Ihre Antwort und Ihre Unterstützung.
Viele Grüße.

6. November 2023 | 09:44

Antwort

von


(2736)
Brandsweg 20
26131 Oldenburg
Tel: 0441-7779786
Web: https://www.jan-wilking.de
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Sehr geehrter Fragesteller,

Ihre Anfrage möchte ich Ihnen auf Grundlage der angegebenen Informationen verbindlich wie folgt beantworten:

1) Bezüglich Ihrer ersten Frage: Die Wirksamkeit Ihrer fristlosen Kündigung hängt von verschiedenen Faktoren ab. Grundsätzlich ist eine fristlose Kündigung nur bei Vorliegen eines wichtigen Grundes möglich. Ein solcher könnte in Ihrem Fall das unbefugte Betreten der Räumlichkeiten durch den Vermieter sein. Allerdings ist hierbei zu beachten, dass die Kündigung unverzüglich nach Kenntnis des Kündigungsgrundes ausgesprochen werden muss. Zudem ist in der Regel eine vorherige Abmahnung erforderlich. Ob diese Voraussetzungen in Ihrem Fall gegeben sind, kann ich aufgrund der von Ihnen bereitgestellten Informationen nicht abschließend beurteilen. Zudem könnte es problematisch sein, dass die Kündigung nicht von beiden Mietern ausgesprochen wurde. Hier könnte es auf die genaue Formulierung im Mietvertrag bzw. der Änderung des Mietvertrages auf Mieter II ankommen.
Die zweite fristlose Kündigung Ende August dürfte aber wirksam sein. Die erste (ggf. unwirksame) Kündigung kann zumindest als Abmahnung angesehen werden, wenn dort die Gründe (unbefugtes Betreten) genannt sind und der Vermieter dieses vertragswidrige Verhalten dennoch fortgesetzt hat. Hier stellt sich auch nicht das Problem der Vertragsänderung auf Mieter II, da ja sicherheitshalber durch beide Mieter gemeinsam gekündigt wurde.

2) Bezüglich Ihrer zweiten Frage: Ich empfehle Ihnen, dem Anwalt des Vermieters schriftlich mitzuteilen, dass Sie die Kündigung und die geltend gemachten Forderungen zurückweisen. Begründen Sie dies mit den von Ihnen dargelegten Gründen für die fristlose Kündigung. Es könnte auch sinnvoll sein, im Sinne der Chancengleichheit einen auf Mietrecht spezialisierten Anwalt vor Ort zu konsultieren, um sicherzustellen, dass Ihre Rechte gewahrt bleiben.

3) Bezüglich Ihrer dritten Frage: Eine Strafanzeige wegen Hausfriedensbruch könnte in Ihrem Fall durchaus angebracht sein, insbesondere wenn Sie Beweise für das unbefugte Betreten der Räumlichkeiten durch den Vermieter haben. Allerdings sollten Sie auch hierbei die Hilfe eines Anwalts in Anspruch nehmen, um sicherzustellen, dass Sie alle notwendigen Schritte korrekt durchführen und dass dieses nicht zwingend notwendige Vorgehen in Einklang mit dessen Verteidigungsstrategie steht.

Bitte beachten Sie, dass dies nur eine erste rechtliche Einschätzung ist und eine vollständige rechtliche Beratung nicht ersetzen kann. Es ist dringend zu empfehlen, einen Anwalt zu konsultieren, um Ihre Situation vollständig zu bewerten und sicherzustellen, dass Ihre Rechte gewahrt bleiben.


Ich hoffe, Ihre Frage verständlich beantwortet zu haben und bedanke mich für das entgegengebrachte Vertrauen. Bei Unklarheiten können Sie die kostenlose Nachfragefunktion benutzen.

Mit freundlichen Grüßen


Rechtsanwalt Jan Wilking

Rückfrage vom Fragesteller 6. November 2023 | 14:57

Schönen guten Tag,
vielen Dank für Ihre schnelle und kompetente Antwort.
Ja, wir hatten den Vermieter bereits im Frühjahr schriftlich abgemahnt, dass er die Räume ohne unsere Zustimmung nicht betreten darf. Dazu kam dann die erste fristlose Kündigung von nur Mieter II.
Die aktuelle fristlose Kündigung wurde innerhalb der gesetzlichen Frist nach Erlangung der Kenntnis, dass der Vermieter die Räume erneut betreten hat, wirksam per Gerichtsvollzieher zugestellt. Diese fristlose Kündigung ist formell korrekt von Mieter I und Mieter II ausgestellt.

Ihren Rat bezüglich der Kontaktierung eines Fachanwalts vor Ort werde ich in Erwägung ziehen.
Dennoch möchte ich noch eine abschließende Frage und um Ihre geschätzte Meinung bitten.
Die Räumlichkeiten waren zum Zeitpunkt der aktuellen fristlosen Kündigung bereits leerstehend. Im privaten Mietrecht konnte ich lesen, dass eine leerstehende Wohnung nicht unbedingt zu einer fristlosen Kündigung führen kann. Verhält sich dies bei einem Gewerbemietvertrag anders? Kann der Leerstand bei einer eventuellen zivilrechtlichen Verhandlung vor Gericht zu meinen Ungunsten ausgelegt werden? Falls ja, haben Sie mir hierzu ein Aktenzeichen als Referenz?

Vielen Dank nochmals für Ihre tollen Antworten.
Viele Grüße.

Antwort auf die Rückfrage vom Anwalt 6. November 2023 | 15:23

Vielen Dank für Ihre Nachfrage.

Im Gewerbemietrecht ist der Leerstand der Räumlichkeiten grundsätzlich kein Kündigungsgrund. Der Vermieter hat keinen Anspruch darauf, dass die Räumlichkeiten tatsächlich genutzt werden. Entscheidend ist vielmehr, dass der Mieter seine vertraglichen Pflichten, insbesondere die Zahlung der Miete, erfüllt.
Allerdings kann der Leerstand in bestimmten Fällen zu einer außerordentlichen Kündigung berechtigen, wenn dadurch die Substanz des Gebäudes gefährdet wird (z. B. durch fehlende Beheizung in der kalten Jahreszeit) oder wenn der Mieter trotz Leerstands die Betriebskosten nicht mehr zahlt.
In Ihrem Fall haben Sie jedoch angegeben, dass Sie die Miete bis zur fristlosen Kündigung gezahlt haben. Daher sehe ich keinen Grund, warum der Leerstand zu Ihren Ungunsten ausgelegt werden sollte.
Oder bezieht sich Ihre Nachfrage darauf, ob das unbefugte Betreten eines Mietobjekts keine fristlose Kündigung rechtfertigt, wenn es bereits leer steht? Hierüber kann man grundsätzlich streiten. Aufgrund der Vorgeschichte mit dem bereits abgemahnten Verhalten in der Vergangenheit war hier aus meiner Sicht aber auch das Betreten der leerstehenden Räume ohne vorherige Nachfrage ein solcher Vertrauensbruch, dass dies einen wichtigen Grund für eine fristlose Kündigung darstellt, trotz Leerstand.

Mit besten Grüßen

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