Sehr geehrter Fragesteller,
Ihre Anfrage möchte ich Ihnen auf Grundlage der angegebenen Informationen verbindlich wie folgt beantworten:
1. Verjährung der Zinsen
Nach dem von Ihnen geschilderten Sachverhalt wurde die Hauptforderung bereits vollständig beglichen, ebenso zumindest ein Teil der Nebenforderungen (Mahn-, Anwalts- und Gerichtskosten). Offen ist offenbar noch ein Teil der Zinsen, die nun nach vielen Jahren vom Gläubiger geltend gemacht werden.
Grundsätzlich gilt:
Titulierte Zinsen (also solche, die im Vollstreckungsbescheid oder Urteil ausdrücklich aufgeführt sind) unterliegen gemäß § 197 Abs. 2 BGB einer Verjährungsfrist von drei Jahren. Diese Frist beginnt mit dem Schluss des Jahres, in dem die Zinsen fällig geworden sind. Die Verjährung kann jedoch durch bestimmte Maßnahmen, wie z.B. die Einleitung von Zwangsvollstreckungsmaßnahmen, gehemmt oder durch Anerkenntnis oder Vollstreckungsmaßnahmen erneut in Gang gesetzt werden (§§ 204, 212 BGB).
Wurden über einen Zeitraum von fast 15 Jahren keine Zwangsvollstreckungsmaßnahmen eingeleitet und auch kein Anerkenntnis abgegeben, sind die Zinsforderungen für die Zeiträume, die länger als drei Jahre zurückliegen, grundsätzlich verjährt. Das bedeutet, Sie können sich auf die Einrede der Verjährung berufen (§ 214 Abs. 1 BGB). Dies gilt insbesondere für Zinsen, die nach Titulierung aufgelaufen sind und für die keine Hemmung oder ein Neubeginn der Verjährung eingetreten ist.
2. Rückforderung bereits gezahlter verjährter Zinsen
Wenn Sie bereits verjährte Zinsen gezahlt haben, können Sie diese grundsätzlich nicht zurückfordern. Nach § 214 Abs. 2 BGB kann das, was in Kenntnis der Verjährung zur Erfüllung einer verjährten Forderung geleistet wurde, nicht zurückgefordert werden. Das gilt auch dann, wenn Sie irrtümlich gezahlt haben, solange Sie nicht unter Vorbehalt gezahlt haben.
3. Vorgehen und Kommunikation der Verjährungseinrede
Die Einrede der Verjährung ist gegenüber dem Gläubiger oder dessen Vertreter (z.B. dem Gerichtsvollzieher, sofern dieser als Vertreter des Gläubigers auftritt) zu erklären. Sie können dem Gerichtsvollzieher schriftlich mitteilen, dass Sie die Einrede der Verjährung hinsichtlich der Zinsen erheben und daher keine weiteren Zahlungen auf verjährte Zinsen leisten werden. Es empfiehlt sich, dies auch dem Gläubiger direkt mitzuteilen.
Das Vollstreckungsgericht ist für die Prüfung der materiellen Einwendungen (wie Verjährung) grundsätzlich nicht zuständig. Es prüft nur formale Voraussetzungen der Zwangsvollstreckung. Die Einrede der Verjährung muss also gegenüber dem Gläubiger oder dessen Bevollmächtigten erhoben werden.
4. Auskunftsanspruch über die Forderungshöhe
Sie haben einen Anspruch darauf, eine nachvollziehbare Forderungsaufstellung zu erhalten, aus der hervorgeht, welche Beträge (Hauptforderung, Zinsen, Kosten) noch offen sind. Der Gerichtsvollzieher darf die Auskunft über die genaue Forderungshöhe nicht von der Zahlung einer weiteren Rate abhängig machen. Sie können ausdrücklich eine schriftliche, detaillierte Forderungsaufstellung verlangen, bevor Sie weitere Zahlungen leisten. Dies ist auch erforderlich, um die Einrede der Verjährung gezielt auf die betroffenen Zinsbeträge zu beziehen.
5. Empfohlene Vorgehensweise
a) Fordern Sie vom Gerichtsvollzieher (GRV) und/oder dem Gläubiger eine detaillierte Forderungsaufstellung an, aus der sich die Zusammensetzung der noch offenen Forderung ergibt (Hauptforderung, Zinsen, Kosten, bereits geleistete Zahlungen).
b) Erklären Sie schriftlich gegenüber dem Gläubiger und dem Gerichtsvollzieher die Einrede der Verjährung hinsichtlich der Zinsen, die länger als drei Jahre zurückliegen und für die keine Hemmung oder kein Neubeginn der Verjährung eingetreten ist.
c) Zahlen Sie keine weiteren Raten, solange Sie keine nachvollziehbare Forderungsaufstellung erhalten haben und nicht klar ist, ob darin verjährte Zinsen enthalten sind.
d) Weisen Sie den Gerichtsvollzieher darauf hin, dass Sie die Einrede der Verjährung erhoben haben und daher keine Zahlungen auf verjährte Zinsen leisten werden.
e) Sollte der Gläubiger oder der Gerichtsvollzieher dennoch auf Zahlung bestehen, können Sie sich auf die Einrede der Verjährung berufen und ggf. eine gerichtliche Klärung herbeiführen.
Ich hoffe, Ihre Frage verständlich beantwortet zu haben und bedanke mich für das entgegengebrachte Vertrauen. Bei Unklarheiten können Sie die kostenlose Nachfragefunktion benutzen.
Mit freundlichen Grüßen
Antwort
vonRechtsanwalt Daniel Hesterberg
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