Da die Miteigentümerin unseres Zweifamilienhauses ohne Hinterlassung von direkten Nachkommen verstorben ist, haben wir gemäß Bauvertrag von 1978 das Erwerbsrecht an Ihrer Wohnung und Gemeinschaftsanteilen erhalten, so dass nach dem Zukauf das ganze Haus uns gehören würde. Laut Bauvertrag ist die Wohnung zum "amtlichen Schätzwert" an uns zu veräußern. Dies ist jedoch leider kein rechtsgültiger Begriff. Dennoch haben wir ein Gutachten der Wohnung vom zuständigen Gutachterausschuss der Gemeinde erstellen lassen, da dies vermutlich dazumal mit dem "amtlichen Schätzwert" gemeint war.
Wir rechnen damit, dass der Schätzwert aus dem Gutachten vom Verkäufer nicht akzeptiert wird. Bei einer gerichtlichen Einigung trägt bekanntlich der Verlierer die Gerichtskosten etc.
Nun zur Frage: Wenn wir ein Kaufangebot stellen, dass höher liegt als der Schätzwert aus dem Gutachten, erhöht sich dann auch der Streitwert vor Gericht, welcher entscheidet wer den Prozess gewonnen oder verloren hat?
Beispiel:
Der Schätzwert des Gutachterausschusses liegt bei 200000,
Wir machen ein Kaufangebot von 250000.
Dieses wird vom Verkäufer abgelehnt und es kommt zu einer gerichtlichen Auseinandersetzung.
Das Gericht legt den Wert auf 230000 fest. Wer trägt nun die Gerichtskosten?
1. Wir, weil der vor Gericht ermittelte Wert höher liegt als der Wert aus unserem Gutachten?
2. Der Verkäufer, weil unser Kaufangebot höher liegt als der vom Gericht festgelegte Wert?
Ihre Anfrage möchte ich Ihnen auf Grundlage der angegebenen Informationen verbindlich wie folgt beantworten:
Der Streitwert wird letztlich vom Gericht festgesetzt.
Da Sie dem Verkäufer ein Kaufpreis in Höhe von € 250.000,00 angeboten haben, der laut Sachverhaltsschilderung über dem "amtlichen Schätzwert" liegt (Gutachtenwert € 200.000,00 und gerichtliche Einschätzung € 230.000,00), hätte der Verkäufer diesen Kaufpreis akzeptieren müssen. Eine Ablehung bzgl. der Ausübung des Vorkaufsrechts im vorliegenden Fall geht damit zu seinen Lasten.
Im Gerichtsverfahren unterliegt der Verkäufer nach vorgegebener Sachverhaltsschilderung, da er die Wohnung laut Vertrag mindestens bei einem Kaufangebot Ihrerseits in Höhe von € 230.000,00 (Feststellung des Gerichts) an Sie verkaufen muss. Konsequenterweise hat der Verkäufer sodann auch, sofern die Parteien vor Gericht nichts gegenteiliges vereinbaren, die Gerichtskosten zu tragen.
Ich hoffe, Ihre Frage verständlich beantwortet zu haben und bedanke mich für das entgegengebrachte Vertrauen. Bei Unklarheiten können Sie die kostenlose Nachfragefunktion benutzen.