Sehr geehrte/r Fragesteller/in,
Ihre Anfrage möchte ich Ihnen auf Grundlage der angegebenen Informationen wie folgt beantworten:
Ist der Anwalt beauftragt, einen Mietvertrag oder einen Mietaufhebungsvertrag abzuschließen, so erhält er hierfür eine Geschäftsgebühr nach Nr. 2300 VV, da die Mitwirkung bei der Gestaltung eines Vertrags nach Vorbem. 2.3 Abs. 2 VV eine Geschäftstätigkeit darstellt.
Die Höhe der Geschäftsgebühr beläuft sich auf 0,5 bis 2,5, wobei die Geschäftsgebühr bei Vertragsgestaltungen wegen des Umfangs und der Schwierigkeit sowie der Bedeutung und nicht zuletzt wegen des besonderen Haftungsrisikos der Sache in der Regel im oberen Bereich angesiedelt werden dürfte. Insoweit erscheint mir eine Gebühr mit dem Faktor 1,8 nicht überzogen.
Bezüglich des Gegenstandswerts der anwaltlichen Tätigkeit gilt, dass die Tätigkeit auf Abschluss eines Aufhebungsvertrags nicht Gegenstand eines Rechtsstreits sein kann. Demzufolge ist nicht § 23 Abs. 1 S. 3 RVG
einschlägig, der auf § 41 GKG
verweist, sondern vielmehr § 23 Abs. 3 RVG
, der die entsprechenden Vorschriften der GNotKG für anwendbar erklärt.
Hier ist danach § 99 GNotKG
einschlägig, und zwar dessen Abs. 1 (LG Köln AGS 2002, 64
u. 2002, 2310 = JurBüro 2001, 643
; AG Charlottenburg JurBüro 2001, 86
; JurBüro 2003, 424
= MM 2003, 341
; OLG Stuttgart JurBüro 1990, 501
= Justiz 1990, 54 für Vorvertrag --- für ehemals § 25 KostO
- ersetzt durch § 99 GNotKG
).
Gemäß § 99 GNotKG
gilt:
(1) 1Der Geschäftswert bei der Beurkundung eines Miet- oder Pachtvertrags ist der Wert aller Leistungen des Mieters oder Pächters während der gesamten Vertragszeit. 2Bei Miet- oder Pachtverträgen von unbestimmter Vertragsdauer ist der auf die ersten fünf Jahre entfallende Wert der Leistungen maßgebend; ist jedoch die Auflösung des Vertrags erst zu einem späteren Zeitpunkt zulässig, ist dieser maßgebend. 3In keinem Fall darf der Geschäftswert den auf die ersten 20 Jahre entfallenden Wert übersteigen.
Da vorliegend ein Mietverhältnis mit unbestimmter Vertragsdauer vorliegt, ist gemäß Abs. 1 Satz 2 der auf die ersten 5 Jahre entfallende Wert zu berücksichtigen, sprich 5 Jahresmieten.
Bei der zugrunde zu legenden Miete sind anders als beim Räumungsstreitwert (§ 41 Abs. 1 S. 2 GKG
) auch Betriebskosten und sonstige Nebenleistungen zu berücksichtigen. Demzufolge ist die angesetzte Bruttomiete zutreffend. Da der Aufhebungsvertrag auch die Klärung der Mietminderung betrifft, ist die urspünglich "falsche" Miethöhe bei der Berechnung des Gegenstandswertes zu berücksichtigen, da diese Thema der streitigen Auseinandersetzung war, ungeachtet des Ergebnisses der Minderung.
Das keine Einigungsgebühr in Ansatz gebracht wurde , ist ebenfalls zutreffend. Zwar enthält jeder Vertrag auch eine Einigung. Die Einigungsgebühr nach Nr. 1000 VV setzt jedoch voraus, dass zuvor Streit oder Ungewissheit über ein Rechtsverhältnis bestand und dieser Streit oder diese Ungewissheit durch die Einigung beseitigt worden ist. Bei bloßem Abschluss eines Mietaufhebungsvertrages besteht jedoch kein Streit, auch wenn einzelne Aspekte streitig und damit im Vertrag geregelt sind.
Insoweit komme ich zu dem Ergebnis, dass die Abrechnung des Kollegen insgesamt zutreffend ist, sprich streitige Bruttomiete x 12 Monate x 5 Jahre zzgl. Umzugskostenpauschale bildet den Gegenstandswert auf Basis einer 1,8 Geschäftsgebühr ohne Einigungsgebühr.
Ich hoffe, Ihre Frage verständlich beantwortet zu haben und bedanke mich für das entgegengebrachte Vertrauen. Bei Unklarheiten können Sie die kostenlose Nachfragefunktion benutzen.
Mit freundlichen Grüßen
Antwort
vonRechtsanwalt Sascha Lembcke
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Rechtsanwalt Sascha Lembcke
Gegenstand der anwaltlichen Tätigkeit war doch zunächst die angedrohte Beendigung des Mietverhältnisses. Das könnte doch durchaus Gegenstand eines Rechtsstreits sein, oder nicht?
Mit freundlichen Grüßen
Vielen Dank für die Nachfrage, welche ich gerne beantworten möchte.
Wie Sie bereits ausführen, handelte es sich lediglich um eine angedrohte Kündigung, mit dem anschließenden Auftrag im Rahmen eines Mietaufhebungsvertrages zu verandeln bzw. zu entwerfen.
Nur die bloße Androhung einer Kündigung begründet noch keinen Rechtsstreit, da gegen derlei Drohungen keine eigentliche Rechtschutzmöglichkeit vorliegt. Erst die Kündigung wäre direkt justiziabel.
Leider ändert dies auch nicht meine persönliche und die rechtliche Einschätzung (siehe auch eine ältere Entscheidung des AG Charlottenburg, Urteil vom 9.4.03 – 202 C 541/02
- jedoch bezogen auf die ältere KostO § 25
, Vorgänger des § 99 GNotKG
).
Mit freundlichen Grüßen
RA Sascha Lembcke