Sehr geehrter Fragesteller,
Ihre Frage möchte ich auf Grund der von Ihnen gemachten Angaben wie folgt beantworten:
Es ist sowohl im privaten als auch im öffentlichen Wegerecht anerkannt, dass Überwegungsrechte auch historisch, mithin durch Gewohnheitsrecht, begründet sein können. Ein Gewohnheitsrecht ist dann anzunehmen, wenn innerhalb eines autonomen Verbandes, nämlich innerhalb eines engeren Kreises von Betroffenen eine langdauernde, gleichmäßige, tatsächliche Übung besteht, die von der Überzeugung getragen wird, zu dem Verhalten rechtlich verpflichtet zu sein (RGZ 76, 113
; Rinke in Kodal/Krämer, Straßenrecht, 6. Aufl. 1999, S. 104). Wird ein bestimmter Weg über ein Privatgrundstück mithin seit langer Zeit als Zuwegung zwischen der öffentlichen Straße und einem Hinterliegergrundstück benutzt, dann kann das zur Bildung eines örtlich geltenden Gewohnheitsrechts führen, das objektives Recht darstellt und an das die Anwohner gebunden sind, wie dies zutreffend in dem Urteil des AG Norderstedt vom 27. 8. 1993, 44 C 210/92, Bl. 6 ausgeführt wird.
Aus diesem Grund liegt es nahe, ein Wegerecht aus Gewohnheitsrecht anzunehmen, wenn die Nutzung dieses Weges bereits seit den 60er, und auch schon davor auf diese Art und Weise erfolgte.
Erfolgt die Benutzung aufgrund eines Gewohnheitsrechts, so besteht kein Anspruch auf Notwegerente (OLG Schleswig-Holstein MDR 2007, 457
).
Voraussetzung für ein Notwegerecht i. S. des § 917 Abs. 1 BGB
wäre, dass dem Grundstück die zur ordnungsgemäßen Benutzung notwendige Verbindung mit einem öffentlichen Weg fehlt, sodass der Eigentümer deshalb von dem Eigentümer eines Nachbargrundstücks verlangt hat und verlangen kann, bis zur Behebung des Mangels die Nutzung seines Grundstücks zur Herstellung der erforderlichen Verbindung zu dulden.
So liegt der Fall auf Grund Ihrer Angaben hier.
Weder das Notwegrecht als solches noch eine Abrede über seinen Inhalt noch dessen gerichtliche Feststellung können im Grundbuch eingetragen werden. Eine Absicherung auch für den Rechtsnachfolger kann nur durch Eintragung einer Grunddienstbarkeit gesichert werden, was der Zustimmung des Eigentümers des Nachbargrundstücks bedarf.
Soweit jedoch ein gewohnheitsrechtlich verfestigtes Überwegungsrecht auf den heute noch vorhandenen Fahrweg in seinem gegenwärtigen Bestand besteht, scheidet deswegen dann zwangsläufig eine Wegenotlage i.S. des § 917 I BGB
aus.
Sie können sich somit entweder auf ein gewohnheitsrechtlich gefestigtes Überwegungsrecht berufen, oder aber auf ein Notwegerecht nach § 917 Abs. BGB
. Beide Arten der Überwegung schlißen sich aus.
Für den Notweg i. S. des § 917 Abs. 1 BGB
wäre eine angemessene Notwegrecnte zu zahlen, deren Höhe sich nach der Benachteiligung für das Verbindungsgrundstück richtet.
Mangels Nachteil kann auch eine Notwegrente entfallen.
Eine Angabe eines konkreten Betrages lässt sich an dieser Stelle nicht machen.
Für die Höhe der Notwegrente ist der Nachteil, den der duldungspflichtige Nachbar durch den Notweg erleidet, maßgebend und nicht der Nutzen, den der Eigentümer des begünstigten Grundstücks vom Notweg hat. Die Notwegrente soll den entstehenden Nutzungsverlust ausgleichen; sie hat keinen Schadensersatzcharakter.
Stichtag für die Wertermittlung ist der Tag an dem die Duldungspflicht entsteht, nicht der Zeitpunkt der tatsächlichen Inanspruchnahme.
Vereinbart werden kann zwischen den beteiligten Eigentümern sowohl die Höhe der Notwegrente (§§ 917 Abs. 2 S. 2
, 914 Abs. 2 BGB
) einschl. einer Wertsicherung und eine von §§ 917 Abs. 2 S. 2
, 913 Abs. 2 BGB
abweichende Regelung der Entrichtung der Rente als auch die Eintragung einer gerichtlich festgestellten Rentenhöhe im Grundbuch.
Ich hoffe ich konnte Ihnen mit meinen Ausführungen behilflich sein.
Mit freundlichen Grüßen
Marco Liebmann
Rechtsanwalt
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