Sehr geehrter Fragesteller,
Ihre Anfrage möchte ich Ihnen auf Grundlage der angegebenen Informationen verbindlich wie folgt beantworten:
Die Familienkasse geht entsprechend der für sie geltenden Dienstanweisungen vor. Einschlägig ist die Ziff. A 2.2.2 der DA-KG (https://www.bzst.de/SharedDocs/Downloads/DE/FamKreform/DA-KG.pdf?__blob=publicationFile&v=9).
Dort heißt es:
Zitat:Unabhängig davon, dass
die Bescheinigung über die unbeschränkte Steuerpflicht regelmäßig für das gesamte Kalenderjahr
ausgestellt wird, besteht der Anspruch auf Kindergeld nach § 62 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Buchst. b EStG nur
für die Monate, in denen der Steuerpflichtige inländische Einkünfte i. S. d. § 49 EStG erzielt (BFH vom
24.10.2012, V R 43/11, BStBl II 2013 S. 491). 9Dabei ist unabhängig von der Art der Erwerbstätigkeit
auf die Ausübung dieser Tätigkeit abzustellen, nicht aber auf den Zeitpunkt des Zuflusses oder die
Gewinnermittlungsart (vgl. BFH vom 14.03.2018, III R 5/17, BStBl II S. 482). 10Hat die Familienkasse
nach Würdigung aller Umstände des Einzelfalles Zweifel an der unbeschränkten
Einkommensteuerpflicht nach § 1 Abs. 3 EStG (insb. den erklärten inländischen Einkünften), kann sie
diese, ggf. im Rahmen der behördenübergreifenden Zusammenarbeit, in eigener Zuständigkeit prüfen.
Es wird also an den Aufenthalt in Deutschland angeknüpft. Zur Begründung wird auf eine Entscheidung des Bundesfinanzhofes vom 14.3.2018 verwiesen. Das steht dort tatsächlich für den Fall eines polnischen Handwerkers der gewerbliche Einkünfte in Deutschland hatte.
Der Bundesfinanzhof hat in dem Urteil aber ausdrücklich offen gelassen, ob das auch für andere Einkunftsarten gilt. Wenn Sie als Arbeitnehmerin bei deutschen Unternehmen in Deutschland beschäftigt sind, haben sie Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit. Für diese Einkunftsart ist aber noch nicht von Gerichten entschieden, ob an den Zufluss oder an den Aufenthalt angeknüpft wird. Insoweit ist die Darstellung in der Dienstanweisung falsch.
Tatsächlich gibt es auch gute Gründe in Ihrem Fall den Anspruch am Zufluss fest zu machen. Sie haben jeden Monat vermutlich Gehaltszahlungen aus Deutschland, die dort vollständig versteuert werden. Auch wenn Sie in Italien online oder remote arbeiten, wird die Leistung im Ergebnis in Deutschland erbracht. Dort ist die Leistung ja auch geschuldet. Gerade vor dem Hintergrund der Covid-Pandemie war so eine Arbeitserbringung auch erwünscht und entspricht der modernen Arbeitswelt.
Die Familienkasse handelt also entsprechend ihrer Vorgaben. Diese Vorgabe ist aber mehr als angreifbar.
Für das weitere Vorgehen, sollten Sie es ein letztes mal versuchen die Familienkasse zu überzeugen mit folgenden Argumenten: 1. BFH hat bislang nicht entschieden, dass es bei Einkünften aus nichtselbständiger Erwerbstätigkeit auf den Aufenthalt in Deutschland ankäme. 2. Der Sachverhalt ist hier auch anders. Es wird durchgängig für jeden Monat in Deutschland Lohnsteuer abgeführt (Ist doch so?). In dem entschiedenen Fall gab es nicht in jedem Monat in Deutschland steuerpflichtige Einkünfte. 3. Anknüpfung an den Aufenthalt ist auch hier sachfremd, weil der Arbeitserfolg in Deutschland eintritt und dort im Zweifel die Leistung erbracht werden muss und deswegen dort auch versteuert wird. Ob Sie diese Leistung aus Deutschland oder Italien erbringen, ist für die Arbeit ohne Bedeutung. Das bringt die moderne Arbeitswelt so mit sich. Eine unterschiedliche Behandlung dürfte ein Verstoß gegen die europäische Grundfreiheit der Arbeitnehmerfreizügigkeit sein.
4. Für die Anwendung spricht auch, dass der Kinderfreibetrag für Ihre Tochter, der bei hohen Einkünften greift, anwendbar ist. Das ergibt sich aus § 32 Abs. 6 S. 4 EStG. Ihre Tochter ist wahrscheinlich deutsche Staatsangehörige und wäre damit in Deutschland unbeschränkt steuerpflichtig. Damit ist der Kinderfreibetrag ihr voll zu gewähren. Es wäre aber unsinnig, einen Kinderfreibetrag für ein ganzes Jahr zu gewähren, aber beim Kindergeld nicht so zu verfahren.
Sollte sich die Familienkasse dem nicht anschließen, müsste man auf einen entsprechenden Bescheid bestehen. gegen den könnte man dann vor dem Finanzgericht klagen. Ich glaube die Aussichten sind gut, aber das gesamte Verfahren könnte dauern.
Ich hoffe, Ihre Frage verständlich beantwortet zu haben und bedanke mich für das entgegengebrachte Vertrauen. Bei Unklarheiten können Sie die kostenlose Nachfragefunktion benutzen.
Mit freundlichen Grüßen